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Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.

Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen - Ludwig Bechstein


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in der Nacht, als der Schiffer

       im Arme seiner Liebsten ruhte, da hoben sich die sieben

       Meerminnen aus der See nahe dem Ufer an des

       Schiffers Palast und sangen ein entsetzlich Lied, und

       es rollte ein Wellenberg heran, der übersprang das

       Ufer und stieß ans Haus, da bebte das Haus in seinen

       Fugen; dem sprang ein zweiter nach, der brach die

       Türen ein und rauschte in die Flur, und ein dritter, der

       brach durch die untern Fenster, und ein vierter, der

       brach oben durch, und ein fünfter, der riß den Schiffer

       hinweg, und ein sechster, der fing den Schiffer auf

       und warf ihn im Zurückbranden in die wildwogende

       schaumspritzende See. Da empfingen die Meerminnen

       den Schiffer und führten ihn tief hinab zum Grunde.

       Dort muß er wohnen, von dort springt er mit den

       Wellen im Maimond herauf nach seinem zerstörten

       Hause und will sein Lieb retten, aber immer ziehen

       ihn die Meerminnen wieder zurück.

      Kapitel 8

      161. Der Friesen Bekehrung

       Nach Friesland kam der heilige Wolfram, der wurde

       des Volkes und Landes erster Apostel. Ein Traumgesicht

       hatte ihm offenbart, daß er das werden solle, und

       so kam er zum Hofe des Friesenherzogs, der hieß

       Radbot, und wie der Heilige kam, da sollte dem Götzen

       nach der heidnischen Landessitte eben wieder ein

       Opfer durch den Strang gebracht werden, ein durch

       das Los erwählter Knabe des Namens Occo. Da bat

       Wolfram für den Knaben und um dessen Leben im

       Namen seines Gottes und Heilandes bei Herzog Radbot,

       und Radbot sprach: Siehe, ob dein Christus ihn

       vom Tode erretten kann, dann soll er dein sein. – Wie

       nun der Knabe zum Strange geführt und aufgeknüpft

       ward, da betete Wolfram, und da riß der Strang, der

       Knabe fiel zur Erde und wandelte unversehrt, und

       Wolfram taufte ihn. Da erkannte Radbot die Macht

       des Heilandes und dachte, sich auch zum Christenglauben

       zu bekehren. Ehe Radbot aber dazu schritt,

       erschien ihm in der Nacht der Teufel in Engelsgestalt

       und in herrlichem Geschmuck und flüsterte ihm zu:

       Warum willst du abfallen von deines Landes Gott?

       Tust du das nicht, so wirst du künftig wohnen in

       einem goldnen Hause, das will ich dir zeigen morgen

       des Tages. Nun frage aber auch Wolfram, wo denn

       sein Himmel sei, den er dir verheißt. Er soll ihn dir

       auch zeigen, so er das vermag. –

       Das sagte Radbot andern Tages dem heiligen

       Wolfram an und verhieß, er wolle ein Christ werden,

       wenn der Friesen Gott ihm nicht das goldne Haus

       zeige, Wolfram aber sagte, und wenn dem Herzoge

       auch solches Haus gezeigt werde, so werde es ein

       Gaukelspiel des Satans sein. – Da wurde nun ein

       Friese erwählt für Radbot und ein Diakon für Wolfram,

       die gingen aus zusammen, das Haus zu finden,

       und alsbald gesellte sich ein Dritter zu ihnen als ein

       Wegweiser. Sie kamen unvermerkt auf einen herrlichen

       Weg, der war mit Marmor geplattet, und von

       fern leuchtete ihnen das goldene Haus entgegen, herrlich

       und voller Glast, und darin stand auch ein Thron

       von Elfenbein mit Edelsteinen geziert und mit Purpur

       ausgeschlagen. Und der Führer sprach zu dem Diakon

       und zu dem Friesen: Sehet, das ist Herzog Radbots

       ewiges Haus. – Und der Diakonus sprach: Ja, wenn

       Gott es gebaut hat, so wird es ewig stehen, und schlug

       ein Kreuz gegen das Haus: hui, da schwand es dahin,

       und war ein stinkender Kothaufen, und der Marbelweg

       war eine Sumpflache, und der Führer war der

       Teufel selber, der verschwand mit Gestank und Zorngebrüll.

       Schnell waren der Friese und der Diakon zum

       Hause gelangt, aber drei Tage lang mußten sie mühsam

       durch Binsen und Geröhrig schreiten, ehe sie die

       Stadt des Herzogs wieder erreichten. Der Friese sagte

       seine Botschaft an, und was er gesehen, und ließ sich

       taufen. Sein Name hieß Sugomar. Und Herzog Radbot,

       als er diese Mär vernommen, wollte sich auch

       taufen lassen, und da er in das große steinerne Taufbecken

       treten wollte und schon einen Fuß hineingestellt

       hatte, fragte er, wo die Schar seiner Vorfahren

       sich befinde, bei den Seligen im Himmel oder bei den

       Teufeln in der Hölle. – Darauf antwortete der Bischof:

       Wer nicht glaubet und getauft wird, der wird

       nicht selig. – Da zog Radbot den Fuß wieder aus dem

       Becken und sprach: Wo meine Voreltern sind, will

       ich auch sein, bei meiner Magschaft und Sippschaft;

       was soll ich allein im Paradiese bei den wenigen

       Christenleuten? – Und ließ sich nicht taufen. Aber am

       dritten Tage starb Herzog Radbot und fuhr hin zu seiner

       Sippschaft und Magschaft.

       Da der heilige Bonifazius zu den Friesen kam und

       sie auch bekehren wollte, ließ wohl ein Teil sich taufen,

       aber nachher erschlugen sie ihn samt seinen Gefährten

       Adolar und Theoban und fielen wieder in das

       Heidentum zurück.

       162. Wittekinds Taufe

       Kaiser Karl der Große war gar mildtätig gegen Arme

       und Gaben Heischende, absonderlich an den großen

       Festtagen, deshalb folgten ihm auch die Bettler in

       Scharen nach. Da geschah es in einer Karwoche, daß

       Wittekind, der Sachsen Heerführer, der zu Engern

       saß, den Kaiser zu versuchen dachte, legte Bettlergewande

       an, ging in Karls Lager, wollte auch der Franken

       Heimlichkeit erkunden und setzte sich unter die

       Schar der Bettler. Da nun der erste Ostertag angebrochen

       war, wurde die heilige Messe gelesen, und wie

       der Priester das Heiligtum emporhob, so erblickte

       Wittekind durch ein göttliches Wunder in der Monstranz

       ein Kind, so schön,


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