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Ein Mann will nach oben. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Ein Mann will nach oben - Ханс Фаллада


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als Junge hergelaufen und hatte gedankenlos mit den anderen den Vers gegrölt:

      Der lange Ludewig

      Find seine Bude nich!

      Linksrum! Rechtsrum!

      Marsch! Arsch!

      »Du bist ja so stille, mein Sohn Karl?« fragte der Rittmeister nach einer langen Weile.

      »Ja«, sagte der Junge leise. »Sie haben ganz recht. Wir haben so etwas auch bei uns, und ich habe sogar beim Verhöhnen mitgemacht!«

      »Deswegen brauchst du dich nicht zu schämen«, sagte der Rittmeister freundlich. »Es ist nun einmal eine komische Tatsache, daß wir Menschen erst daran denken, wie schlecht es einem gehen kann, wenn es uns selber schlecht geht.«

      »Aber Ihnen ist es doch bestimmt nicht schlecht gegangen!« sagte der Junge überzeugt und dachte an die dufterfüllte Küche, die schöne Dame mit den Pleureusen in dem strahlenden Esszimmer, dachte an den Gänsebraten und sah hinein in den rötlich strahlenden Kamin. »Und Sie wissen doch, wie schlecht es einem gehen kann!«

      »Meinst du?« fragte der Rittmeister nachdenklich. Und plötzlich lachend: »Sag doch, wie hat dir mein Schwager, der Herr Kalubrigkeit, gefallen?«

      »Ach, mit dem haben Sie doch gar nichts zu tun!«

      »Irrtum, mein Sohn! Mit dem baue ich nämlich zusammen die Häuser, wir sind Kompagnons. Er leistet die Arbeit, und ich verdiene Geld dabei.«

      »Ich mag nicht, daß Sie so reden«, sagte der Junge nach einer Weile. »Entweder ekelt Sie das alles an, dann sollten Sie es hinschmeißen und nicht davon reden, oder Sie tun's um des Geldes willen, dann – gehe ich lieber!« Er stand auf. Der Magen hatte das Knurren vergessen, er wußte auch nicht mehr, warum er hierhergegangen war, zu diesem Mann, der so vornehm durch die Nase säuselte.

      »Ach, wie einfach ist doch das Leben in deinen Jahren!« rief der Herr von Senden. »Immer entweder oder! Entweder wird den Trockenmietern geholfen, oder ich werde arbeitslos! Setze dich wieder. Übrigens ist deinen Trockenmietern geholfen.«

      »Ja?« fragte der Junge und setzte sich widerstrebend, aber hiervon wollte er doch noch hören.

      »Soweit es noch möglich war. Sie hat einen Blutsturz gehabt und ist im Krankenhaus. Und er ist irgendwo trocken und warm untergebracht. Siehst du, so was kann ich nun doch tun, wenn's mich auch anekelt, wie du sagst.«

      »Was ekelt Sie an? Das Tun?«

      »Alles!«

      »Was alles –?«

      »Das ganze Leben!«

      »Das ganze Leben?! Warum leben Sie dann noch?!« rief der Junge.

      »Vielleicht wegen so einer Unterhaltung wie jetzt. Glaubst du, ich war immer so? Ich war auch mal so wie du!«

      »Und warum sind Sie so geworden? Wie wird man so?«

      »Was willst du werden?«

      Der Junge schwankte einen Augenblick. Dann richtete er sich auf und sagte: »Ich will Berlin erobern!«

      »Dann«, sagte der Rittmeister und richtete sich auch auf, »dann bist du auf dem besten Wege, das zu werden, was ich geworden bin!«

      »Nie!« sagte der Junge. »Ich nie!«

      »Doch! Dann immer!« widersprach der Rittmeister.

      Der Junge rief: »Ich lasse mir keine Angst machen!

      Und der Herr von Senden: »Bin ich so, daß man Angst vor mir haben muß?«

      Und wieder Karl Siebrecht: »Nie werde ich so werden, wie Sie sind!«

      »Und wie bin ich, mein Sohn?«

      »Zynisch sind Sie! Angeekelt sind Sie! Sie zweifeln an allem und glauben an gar nichts! Sie lachen über alles, und am schlimmsten finde ich, daß Sie über sich selbst lachen!«

      »Einen Augenblick, mein Sohn Karl!« sagte der Rittmeister fast lebhaft, nahm die Füße in veilchenblauen Socken vom Kamingitter und hängte sie über die Seitenlehne des Sessels, so daß er dem Jungen das Gesicht nun voll zuwendete. »Eine Frage nur, Karl Siebrecht! Was wirst du tun, wenn du Berlin erobert hast –?«

      Der Junge schwieg verwirrt einen Augenblick, da sagte der Rittmeister schon: »Dann wirst du deiner Eroberung überdrüssig sein! Sie wird dich anekeln! Dann wirst du dasitzen, mit der Macht in Händen, mit dem Reichtum in Händen, und wirst dich fragen: wozu das alles? Was soll ich nun tun? Es ist todeslangweilig, alles. Ich war tausendmal glücklicher damals, als ich noch nichts war und hundert Hoffnungen hatte! Heute bin ich alles und habe nichts mehr zu erwarten.«

      »Ich ...« fing der Junge an.

      »Noch einen Augenblick, Karl Siebrecht! Noch eine Frage! Glaubst du an Gott?«

      »Ich ... ich weiß nicht ...«

      »Nun stelle ihn dir immer vor irgendwo da oben im All, seinen Sternen die Bahn zumessend und seiner Menschen Geschicke lenkend. Und seit Äonen von Jahren laufen die Sterne auf ihrer leuchtenden Spur, und seit Äonen von Jahren werden die Menschen geboren, hoffen und sterben, sie lieben und hassen, und sie sterben dann, sie führen blutige Kriege und bauen Kulturen auf, die wieder vergehen – glaubst du nicht, daß Gott längst weiß, daß gar nichts geschieht? Daß alles gleichgültig ist? Er muß das zynischste, das ungläubigste, das am meisten angeekelte Wesen im Weltall sein, dieser Gott! Und das unglücklichste!«

      »Warum sagen Sie mir das alles?!« rief der Junge wild und sprang von seinem Sessel auf. »Warum haben Sie mich zu sich bestellt?! Warum haben Sie dann den Trockenmietern geholfen? Bloß um mich zu verderben?! Wollen Sie mir meine Hoffnungen nehmen? Ich habe es auch in der Schule gelernt, daß alles eitel ist! Aber das ist was für die Alten, die satt sind! Ich bin jung und ich bin hungrig ...« Gerade als er dies in seiner Erregung und Empörung rief, fiel ihm die Gänsebraten essende Dame mit den Pleureusen ein, der Hunger überfiel ihn wie ein Wolf, und sein Magen kullerte ganz laut. Unwillkürlich aus all seiner Erregung heraus mußte der Junge hemmungslos lachen. Er konnte gar nicht wieder aufhören mit Lachen, mit seinem Lachen übertönte er sogar das gierige Kullern des Magens.

      Der Rittmeister mußte mitlachen. »Warum lachst du nur, Mensch?« rief er. »Sage mir doch, warum du so lachst, damit ich mitlachen kann!« Aber er lachte schon mit.

      Atemlos, immer wieder von krampfhaften Lachanfällen geschüttelt, erzählte ihm der Junge, daß er heute zum erstenmal kein warmes Mittagessen gehabt hatte und daß es hier in der Wohnung so schön nach Gänsebraten gerochen habe ... »Entenbraten«, verbesserte der Rittmeister. – Und daß, als er eben gerufen habe, er sei jung und hungrig, plötzlich die Vision des Entenbratens vor ihm aufgetaucht sei, daß sein Magen sofort sich gemeldet habe und daß er darüber habe lachen müssen, lachen ...

      »Siehst du, mein Sohn«, sagte der Rittmeister behaglich. »Ich habe doch den richtigen Riecher gehabt. Du bist weder Rebell noch kaltherziger Streber, denn diese beiden Gattungen haben nie Humor. Du aber hast welchen, und deswegen gefällst du mir. Also sage, was ich für dich tun kann.«

      »Warum wollen Sie denn etwas für mich tun?«

      »Wie vorsichtig!« rief der Rittmeister und goss sich wieder in seinen Sessel hinein. Der Junge empfand zum erstenmal wirkliche Sympathie für diesen Mann, weil er gar nicht daran dachte, ihm nun Entenbraten anzubieten. »Mißtrauisch wie ein junges Waldtier, das zum erstenmal ins Freie tritt und sogar der verlockenden Hafersaat mißtraut. Aber vielleicht hellt es meine Langeweile ein bißchen auf, wenn ich dir auf deinem Wege zur Eroberung Berlins vorwärts helfen kann.«

      »Ich bin nicht dazu da, um Ihre Langeweile zu vertreiben!« sagte der Junge störrisch.

      »Sehr richtig! Aber vielleicht kannst du deinen Weg machen, ohne dich viel um mich zu kümmern? Ich würde schon auf meine Kosten kommen. So ein Schwätzchen wie heute Abend alle Vierteljahre würde mir vollkommen genügen!«

      »Ich mag nicht mit Ihnen schwatzen! Ich mag Ihre Art zu schwatzen nicht!«


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