Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.
Zimmern, und schön gekleideter Dienerschaft
stand dafür da, und der Bär war ein schöner
junger Mann geworden, war der Fürst des herrlichen
Schlosses, der nun sein liebes Bräutchen an das Herz
drückte, und ihr tausendmal dankte, daß sie ihn und
seine Diener, das Getier, so liebreich aus seiner Verzauberung
erlöset.
Die nun so hohe, reiche Fürstin trug aber noch
immer ihren schönen Nußzweig am Busen, der die Eigenschaft
hatte, nie zu verwelken, und trug ihn jetzt
nur noch so um so lieber, da er der Schlüssel ihres
holden Glückes geworden. Bald wurden ihre Eltern
und ihre Geschwister von diesem freundlichen Geschick
benachrichtigt, und wurden für immer, zu
einem herrlichen Wohlleben, von dem Bärenfürsten
auf das Schloß genommen.
Der Mann ohne Herz
Es sind einmal sieben Brüder gewesen, waren arme
Waisen, hatten keine Schwester, mußten alles im
Hause selbst tun, das gefiel ihnen nicht, wurden Rates
untereinander, sie wollten heiraten. Nun gab es aber
da, wo sie wohnten keine Bräute für sie, da sagten die
älteren, sie wollten in die Fremde ziehen, sich Bräute
suchen und ihr Jüngster sollte das Haus hüten, und
dem wollten sie eine recht schöne Braut mitbringen.
Das war der Jüngste gar wohl zufrieden und die sechse
machten sich fröhlich und wohlgemut auf den Weg.
Unterwegs kamen sie an ein kleines Häuschen, das
stand ganz einsam in einem Walde, und vor dem
Häuschen stand ein alter alter Mann, der rief die Brüder
an und fragte: »Heda! Ihr jungen Gieke in die
Welt! Wohin denn so lustig und so geschwind?« –
»Ei, wir wollen uns jeder eine hübsche Braut holen,
und unsern jüngsten Bruder daheim auch eine!« antworteten
die Brüder.
»O liebe Jungen!« sprach da der Alte: »ich lebe
hier so mutterseelensternallein, bringt mir doch auch
eine Braut mit, aber eine junge hübsche muß es sein!«
Die Brüder gingen von dannen und dachten: Hm,
was will so ein alter eisgrauer Hozelmann mit einer
jungen hübschen Braut anfangen? –
Da nun die Brüder in eine Stadt gekommen waren,
so fanden sie dort sieben Schwestern, so jung und so
hübsch als sie sie nur wünschen konnten, die nahmen
sie und die jüngste nahmen sie für ihren Bruder mit.
Der Weg führte sie wieder durch den Wald, und der
Alte stand wieder vor seinem Häuschen, als wartete er
auf sie, und sagte: »Ei ihr braven Jungen! Das lob
ich, daß ihr mir so eine junge hübsche Braut mitgebracht
habt!« – »Nein!« sagten die Brüder, »die ist
nicht für dich, die ist für unsern Bruder zu Hause, den
haben wir sie versprochen!« –
»So?« sagte der Alte: »versprochen? Ei daß dich!
ich will euch auch versprechen!« und nahm ein weißes
Stäbchen und murmelte ein paar Zauberworte,
und rührte die Brüder und die Bräute mit dem Stäbchen
an – bis auf die jüngste – da wurden sie alle in
graue Steine verwandelt. Die jüngste aber von den
Schwestern führte der Mann in das Haus, und das
mußte sie nun beschicken und in Ordnung halten, tat
das auch gern, aber sie hatte immer Angst, der Alte
könne bald sterben, und dann werde sie in dem einsamen
Häuschen im wilden öden Walde auch so mutterseelensternallein
sein, wie der Alte zuvor gewesen
war. Das sagte sie ihm und er antwortete: »Hab kein
Bangen, fürchte nicht und hoffe nicht, daß ich sterbe.
Sieh, ich habe kein Herz in der Brust! stürbe ich aber
dennoch, so findest du über der Türe mein weißes
Zauberstäbchen, und rührst damit an die grauen Steine,
so sind deine Schwestern und ihre Freier befreit
und du hast Gesellschaft genug.«
»Wo aber in aller Welt hast du denn dein Herz,
wenn du es nicht in der Brust hast?« fragte die junge
Braut. »Mußt du alles wissen?« fragte der Alte. »Nun
wenn du es denn wissen mußt, in der Bettdecke steckt
mein Herz.«
Da nähte und stickte die junge Braut, wenn der
Alte fort und seinen Geschäften nachging, in ihrer
Einsamkeit gar schöne Blumen auf seine Bettdecke,
damit sein Herz eine Freude haben sollte. Der Alte
aber lächelte darüber und sagte: »Du gutes Kind, es
war ja nur mein Scherz;mein Herz das steckt – das
steckt –« »Nun wo steckt es denn lieber Vater?« –
»Das steckt in der – Stubentür!« –
Da hat die junge Frau am andern Tage, als der Alte
fort war, die Stubentüre gar schön geschmückt mit
bunten Federn und frischen Blumen und hat Kränze
daran gehangen. Fragte der Alte, als er heimkam, was
das bedeuten solle? sagte sie: »Das tat ich, deinem
Herzen was zu Liebe zu tun.« Da lächelte wieder der
Alte, und sagte: »Gutes Kind, ganz wo anders, als in
der Stubentüre, ist mein Herz.« Da wurde die junge
Braut sehr betrübt, und sprach: »Ach Vater, so hast
du doch ein Herz, und kannst sterben und ich werde
dann so allein sein.« Da wiederholte der Alte alles,
was er ihr schon zweimal gesagt, und sie drang aufs
neue in ihn, ihr zu sagen, wo doch eigentlich sein
Herz sei? Da sprach der Alte: »Weit weit von hier
liegt in tiefer Einsamkeit eine große uralte Kirche, die
ist fest verwahrt mit eisernen Türen, um sie ist ein tiefer
Wallgraben gezogen, über den führt keine Brücke,
und in der Kirche da fliegt ein Vogel wohl ab und auf,
der ißt nicht und trinkt nicht und stirbt nicht, und niemand
vermag ihn zu fangen und so lange der Vogel
lebt, so lange lebe auch ich, denn in dem Vogel ist
mein Herz.«