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Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.

Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein


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wer doch einen Mauerbrecher

       hätte! Das starke wilde Schwein könnte vielleicht

       hier eher etwas ausrichten, als ich. Und siehe, gleich

       kam das wilde Schwein daher gerannt und stieß heftig

       an die Mauer und wühlte mit seinen Hauern einen

       Stein los, und wie erst einer los war, so wühlte es

       immer mehr und immer mehr Steine aus der Mauer,

       bis ein großes tiefes Loch gewühlt war, durch das

       man in die Kirche einsteigen konnte. Da stieg nun der

       Jüngling hinein, und sah den Vogel darin herumfliegen,

       vermochte aber nicht ihn zu ergreifen. Da sprach

       er: »Wenn jetzt der Vogel Greif da wäre, der würde

       dich schon greifen, dafür ist er ja der Vogel Greif!«

       Und gleich war der Greif da und gleich griff er den

       Vogel, in dem des alten Mannes Herz war, und der

       junge Gesell verwahrte selbigen Vogel sehr gut, der

       Vogel Greif aber flog davon.

       Nun eilte der Jüngling so sehr er konnte zur jungen

       Braut, kam noch vor Abends an und erzählte ihr alles,

       und sie gab ihm wieder zu essen und zu trinken und

       hieß ihn unter die Bettstelle kriechen mitsamt seinem

       Vogel, damit ihn der Alte nicht sähe. Dies tat er alsbald,

       nachdem er gegessen und getrunken hatte; der

       Alte kam nach Hause und klagte, daß er sich krank

       fühle, daß es nicht mehr mit ihm fortwolle – das

       mache, weil sein Herzvogel gefangen war. Das hörte

       der Bräutigam unter dem Bette und dachte, der Alte

       hat dir zwar nichts Böses getan, aber er hat deine

       Brüder und ihre Bräute verzaubert, und deine Braut

       hat er für sich behalten, das ist des Bösen nicht zu

       wenig, und da kneipte er den Vogel, und da wimmerte

       der Alte: »Ach, es kneipt mich! Ach, der Tod kneipt

       mich, Kind – ich sterbe!« Und fiel vom Stuhl und war

       ohnmächtig, und ehe sich's der Jüngling versah, hatte

       er den Vogel totgekneipt, und da war es aus mit dem

       Alten. Nun kroch er hervor, und die Braut nahm den

       weißen Stab, wie ihr der Alte gelehrt hatte, und

       schlug damit an die zwölf grauen Steine, siehe, da

       wurden sie wieder die sechs Brüder und die sechs

       Schwestern, das war eine Freude und ein Umarmen

       und Herzen und Küssen, und der alte Mann war tot

       und blieb tot, konnt ihn keine Meisterwurz wieder lebendig

       machen, wenn sie ihn auch hätten wieder lebendig

       haben wollen. Da zogen sie alle miteinander

       fort, und hielten Hochzeit miteinander und lebten gut

       und glücklich miteinander lange Jahre.

       Der Richter und der Teufel

       In einer Stadt saß ein Mann, der hatte alle Kisten voll

       Geld und Gut, er selbst aber war voll aller Laster, so

       schlimm war er, daß es die Leute schier Wunders

       dünkte, daß ihn die Erde nicht verschlang. Dieser

       Mann war noch dazu ein Richter, das heißt, ein Richter,

       der aller Ungerechtigkeit voll war. An einem

       Markttage ritt er des Morgens aus, seinen schönen

       Weingarten zu sehen, da trat der Teufel auf dem

       Heimweg ihn an, in reichen Kleidern und wie ein gar

       vornehmer Herr gestaltet. Da der Richter nicht wußte,

       wer dieser Fremdling war, und solches doch gern wissen

       mochte, so fragte er ihn nicht eben höflich, wer

       und von wannen er sei? Der Teufel antwortete: »Euch

       ist besser, wenn Ihr's nicht wisset, wer und woher ich

       bin!« – »Hoho!« fuhr der Richter heraus, »seid wer

       Ihr wollt, so muß ich's wissen, oder Ihr seid verloren,

       denn ich bin der Mann, der hier Gewalt hat, und wenn

       ich Euch dies und das zu Leide tue, so ist niemand,

       der es mir wehren wird und kann. Ich nehm Euch Leib

       und Gut, wenn Ihr mir nicht auf meine Frage Bescheid

       gebt!« – »Steht es so schlimm«, antwortete der

       Arge, »so muß ich Euch wohl meinen Namen und

       mein Gekommen offenbaren; ich bin der Teufel.«

       »Hm!« brummte der Richter, »und was ist hier dei-

       nes Gewerbes, das will ich auch wissen?« – »Schau,

       Herr Richter«, antwortete der Böse, »mir ist Macht

       gegeben, heute in diese Stadt zu gehen, und das zu

       nehmen, was mir in vollem Ernst gegeben wird.«

       »Wohlan!« versetzte der Richter, »tue also, aber

       laß mich dessen Zeuge sein, daß ich sehe, was man

       dir geben wird!«

       »Fordre das nicht, dabei zu sein, wenn ich nehme,

       was mir beschieden wird«, widerriet der Teufel dem

       Richter; dieser aber hub an, den Fürsten der Hölle mit

       mächtigen Bannworten zu beschwören, und sprach:

       »Ich gebiete und befehle dir bei Gott und allen Gottes

       Geboten, bei Gottes Gewalt und Gottes Zorn, und bei

       allem, was dich und deine Genossen bindet, und bei

       dem ewigen Gerichte Gottes, daß du vor meinem Angesicht,

       und anders nicht, nehmest was man dir ernstlich

       geben wird.«

       Der Teufel erschrak, daß er zitterte bei diesen

       fürchterlichen Worten, und machte ein ganz verdrießlich

       Gesicht, sprach auch: »Ei so wollte ich, daß ich

       das Leben nicht hätte! Du bindest mich mit einem so

       starken Band, daß ich kaum jemals in größerer Klemme

       war. Ich gebe dir aber mein Wort als Fürst der

       Hölle, das ich als solcher niemals breche, daß es dir

       nicht zum Frommen dient, wenn du auf deinen Sinn

       bestehst. Stehe ab davon!«

       »Nein, ich stehe nicht ab davon!« rief der Richter.

       »Was mir auch darum geschehe, das muß ich über

       mich ergehen lassen; ich will jenes nun einmal sehen!

       Und sollt es mir an das Leben gehn!«

       Nun gingen beide, der Richter und der Teufel miteinander

       auf den Markt, wo gerade Markttag war,

       daher viel Volks versammelt, und überall bot man

       dem Richter und seinem Begleiter, von dem niemand

       wußte, wer er sei, volle Becher und hieß sie Bescheid

      


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