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Der Gärtner war der Mörder. Wolfgang SchneiderЧитать онлайн книгу.

Der Gärtner war der Mörder - Wolfgang Schneider


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Das war der erste brauchbare Hinweis in seinem neuen Fall. Er deutete auf die Tote.

      „Können Sie irgendwas zu den Verletzungen sagen, die nicht von den Fischen stammen?“ Mommsen schaltete das Diktiergerät wieder ein, dann machte er sich am Brustkorb der Leiche zu schaffen. Eine Weile betastet er die Haut, dann nahm er eines der silbern glänzenden Instrumente zur Hand, die auf dem verschiebbaren Tablett am Ende des Obduktionstisches lagen und begann, damit einen ca. zwei Zentimeter langen Riss in der verfärbten Haut zu untersuchen. Dann legte er das Instrument zurück und fuhr fort, zu diktieren:

      „Mehrere transfaziale Inzisionen, anterior im Brustbereich und an den Oberarmen, Länge im Zentimeterbereich, geringe Ausfransung. Beginnender Wundverschluss deutet auf prämortale Applikation hin.“ Sedlmeyers Neugier gewann endgültig die Oberhand über sein mulmiges Gefühl und er setzte an zu fragen:

      „Was...“ Mommsen hob die Hand und brachte ihn zum Schweigen. Dann nahm er eine Pinzette zur Hand und holte damit ein winziges Stückchen aus dem Einschnitt, den er gerade untersucht hatte, legte es in eine ovale Metallschale und schaltete sein Diktiergerät aus. Sedlmeyer sah ihn verblüfft an. Mommsen nahm seine Brille ab und begann zu erklären:

      „Diese Verletzungen sind definitiv menschlichen Ursprungs. Sie müssen von einem sehr scharfen Gegenstand verursacht worden sein, wahrscheinlich von einem Skalpell. Und sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit prämortal.“ Sedlmeyer war elektrisiert. Der zweite brauchbare Hinweis. Sosehr er Mommsen auch manchmal an die Wand klatschen konnte, der Mann war gut.

      „Was ist das, was Sie da eben rausgeholt haben?“ fragte Jutta.

      „Ein noch unbestimmter Fremdkörper. Der Laborbericht wird Ihnen Aufschluss über die Beschaffenheit geben.“

      „Kann das Ding zufällig in die Wunde gelangt sein? Also, ich meine, als die Leiche bereits im Wasser lag?“ wollte Sedlmeyer wissen.

      „Kaum. Der Fremdkörper befand sich subfaszial in den oberen Fettgewebeschichten. Ein zufälliges Eindringen von außen ist sehr unwahrscheinlich. Es ist im Gegenteil anzunehmen, dass er manuell dort hin verbracht wurde.“ Jutta schickte ihm einen kecken Augenaufschlag und fragte:

      „Prämortal?“ Sedlmeyer's sah sie mit offenem Mund an. Sein Gesichtsausdruck entspannte sich und ließ die Andeutung eines Lächelns erkennen. Diesen Fachausdruck für 'vor dem Tod' hatten sie nun schon zum dritten Mal in den letzten paar Minuten gehört und er war amüsiert darüber, wie Jutta sich erdreistete, Mommsen mit seiner eigenen Terminologie zu Leibe zu rücken. Der setzte seine Brille wieder auf, verzog keine Miene und antwortete:

      „Das ist schwer zu sagen. Dazu müssen wir den Laborbericht abwarten. Wir werden einen histologischen Befund des fraglichen Wundgewebes anfertigen und eine mikroskopische Analyse des Fremdkörpers. Damit lässt sich dann mit etwas Glück Ihre Frage beantworten.“ Sedlmeyer beugte sich über die kleine Metallschale, in welcher der besagte Fremdkörper lag. Er konnte beim besten Willen nicht erkennen, was das Ding sein sollte. Es war oval, etwa zwei Millimeter lang und von schwarzbrauner Farbe. Mommsen hatte derweil sein Diktiergerät wieder eingeschaltet und ging um den Tisch herum, um den Rest der Leiche in Augenschein zu nehmen. Er nahm ein kleines Tuch vom Tablett und bespritzte es mit einer scharf riechenden Flüssigkeit aus einer Plastikflasche, dann fing er an, eine Stelle an der Hüfte damit zu reinigen. Er beugte sich ganz nahe zu der besagten Stelle, sah sie sich genau an und betastete das umliegende Gewebe. Dann diktierte er:

      „Mögliche Anzeichen einer exogenen Dermatitis, caudal, betreffend die unteren Extremitäten und Teile des Abdomens.“ Er betastete noch eine Weile verschiedene Hautbereiche, dann richtete er sich auf, stoppte er sein Diktiergerät und winkte Sedlmeyer herbei.

      „Sehen Sie das?“ fragte er und deutete auf die Stelle, die er soeben gereinigt hatte. Sedlmeyer schaute genau hin. Er konnte in all der Verwüstung überhaupt nichts erkennen, was ihm bemerkenswert erschienen wäre.

      „Ähh, also um ehrlich zu sein... nicht so wirklich“ antwortete er. Der Pathologe verschränkte die Arme und sah ihn an.

      „Das Aderngeflecht, welches, wie bei Wasserleichen üblich, deutlich durch die Oberhaut scheint, ist abwärts des Bauchnabels weniger scharf umrissen und nicht so kontrastreich wie am Oberkörper. Das deutet darauf hin, dass es dort eine spezifische Abnormität im Hautbild gegeben hat. Ich vermute eine entzündliche Veränderung der Epidermis, da die hämatologischen Fäulnisprozesse in den entzündeten Hautschichten die farbliche Abgrenzung zu den unterliegenden Gefäßen erschweren würden.“ Sedlmeyer schaute verwirrt.

      „Äh, könnten Sie das nochmal...“

      „Sie hatte mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Haut-Entzündung, oder irgend ein Ekzem, das, so wie es aussieht, beim Unterbauch beginnt und sich bis zu den Füßen erstreckt.“ Sedlmeyer war perplex. Er sah Jutta an, der es ähnlich zu gehen schien. Dann fragte er Mommsen:

      „Haben Sie irgend eine Idee, was das verursacht haben könnte? Bzw. ist das für uns relevant? Könnte es vielleicht viel älter sein, als drei, vier Wochen?“ Mommsen nahm seine Brille ab und grübelte einen Moment.

      „Das ist durchaus möglich. Wir werden, wie schon gesagt, genauere Untersuchungen im Labor machen, aber den Entstehungszeitpunkt der Entzündung – falls es denn eine ist – werden wir wahrscheinlich nicht präzise bestimmen können.“ Sedlmeyer knetete mit seiner rechten Hand seine Linke. Er fühlte deutlich, dass er langsam aber sicher hier raus musste. Dann wandte er sich wieder Mommsen zu und fragte:

      „Ich weiß, das werden Sie jetzt nicht hören wollen, aber haben Sie eine ungefähre Abschätzung, was den Todeszeitpunkt anbelangt? Nur eine ganz grobe?“ Diese Frage, gleich zu Anfang einer Obduktion gestellt, war seiner Erfahrung nach bei Gerichtsmedizinern in der Tat eine sehr unbeliebte. Was auch verständlich war: die wollten ihre Arbeit machen, gründlich und in Ruhe und konnten dabei keine nervenden Kriminalbeamten gebrauchen, die einfach nicht begreifen wollten, dass für eine exakte Auskunft zahlreiche Untersuchungen vonnöten waren, die nicht in fünf Minuten zu machen waren. Doch Mommsen wirkte nicht besonders verärgert.

      „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Ich muss für eine möglichst präzise Auskunft die Liegezeit im Wasser ermitteln, dann werde ich die exakten Wassertemperaturen der Isar in den letzten Wochen benötigen, die müssen beim Wasserwirtschaftsamt angefragt werden. Zudem müssen die inneren Organe und das Gehirn entnommen und ihr autolytischer Zustand bestimmt werden...“ Sedlmeyer bekam bei dieser Vorstellung ein äußerst flaues Gefühl im Magen und er unterbrach:

      „Äh, ja, selbstverständlich. Nur eine ganz ganz grobe Schätzung vielleicht?“ Mommsen überlegte kurz, dann sagte er:

      „Basierend auf meinen Erfahrungswerten würde ich schätzen, irgendwas zwischen zwei und vier Wochen.“ Das war der nächste brauchbare Hinweis und Mommsens Erfahrung ließ versprechen, dass die Schätzung ziemlich gut sein würde. Sedlmeyer warf einen kurzen Blick zu Jutta, die nicht glücklich aussah. Dann sagte er:

      „Herr Mommsen, bevor wir Sie jetzt gleich in Ruhe Ihre Arbeit machen lassen – was ist Ihr spontaner erster Eindruck?“ Das schien dem Pathologen dann doch auf die Nerven zu gehen und er antwortete kurz angebunden:

      „Ich kann dazu im Moment nichts sagen. Ich werde Sie per mail informieren, wenn ich mehr weiß, auch was den Todeszeitpunkt anbelangt. Sie bekommen meinen Bericht, sobald er fertig ist.“ Darauf wäre Sedlmeyer auch von selbst gekommen. Bevor er Mommsen die Hand zum Abschied hin streckte sagte er:

      „Selbstverständlich. Vielen Dank für ihre Hilfe, Herr Mommsen. Wir werden uns in den nächsten Tagen bei ihnen melden.“ Der hob nur seine Latex-behandschuhten Hände zum Gruß und sagte:

      „Ja ja. Sie finden ja selbst hinaus nehme ich an.“

      Draußen angekommen, standen sie noch eine Weile beim Wagen, Sedlmeyer den Schlüssel schon in der Hand und bereit zum Aufsperren, und besprachen, was sie eben gehört hatten.

      „Was hältst du davon?“ fragte er. Jutta antwortete in gereiztem Ton:

      „Na was schon. Sieht ganz nach Schema F aus. Junges


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