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Von Bagdad nach Stambul. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Von Bagdad nach Stambul - Karl May


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Lederfutterale, parallel mit einander, und endlich zwei Gegenstände, über welche sich ein Anderer sicher im Unklaren geblieben wäre, die ich als Scharfsinnigster der Scharfsinnigen in Folge ihrer Umrisse sofort als die Stiefel erkannte, welche der Koloß von Rhodus einmal getragen haben muß.

      Sobald diese Stiefel die Thür passirt hatten, richtete sich das Wesen vor mir empor, und nun hatte auch der Hund Platz genug, sich in ganzer Figur zu zeigen. Auch bei ihm sah man nur einen jedem Gleichniß spottenden Haarfilz, eine schwarze Nase und zwei Augen, und beide Creaturen schienen sich mehr vor mir zu fürchten, als ich mich vor ihnen.

      »Wer bist Du?« frug ich jetzt im barschesten Tone.

      »Allo!« brummte es, aber es waren doch menschliche Laute.

      »Was bist Du?«

      »Kümürdar.«

      Ah, das war also die einfache Erklärung der schwarzen Nase und der ditto Hände; aber diese Nägel brauchte er sich doch nicht wachsen zu lassen. Ich merkte, daß ihm meine Barschheit imponirte. Er war ganz zusammengeknickt, und auch sein Hund zog den Schwanz ein.

      »Gibt es hier noch Leute?« erkundigte ich mich weiter.

      »Nein.«

      »Wie lange muß man gehen, um zu Menschen zu kommen?«

      »Mehr als einen Tag.«

      »Für wen brennst Du die Kohlen?«

      »Für den Herrn, der Eisen macht.«

      »Wo wohnt er?«

      »In Banna.«

      »Du bist ein Kurde?«

      »Ja.«

      »Bist Du ein Dschiaf?«

      »Nein.«

      »Ein Bebbeh?«

      »Nein.«

      Aber bei diesem Worte spuckte er mit einem sehr feindseligen Räuspern aus. Diese ästhetische Anstrengung erregte, wie ich leider gestehen muß, unter den gegenwärtigen Umständen meine innerste Sympathie.

      »Zu welchem Stamme gehörst Du denn?«

      »Ich bin ein Bannah.«

      »Blick einmal da hinüber, Allo! Siehst Du die vier Reiter?«

      Er kratzte sich die langen Haarzotteln aus dem Gesicht, um seinen Augen einen größeren Spielraum zu geben, und richtete den Blick nach der von mir angedeuteten Richtung. Trotz des Kohlenüberzuges, hinter dem sich seine eigentliche kurdische Oberhaut verbarg, sah ich doch, daß ein tiefer Schreck über seine Physiognomie zuckte.

      »Sind es Kurden?« frug er besorgt.

      Ah, jetzt hatte ich ihn doch so weit, daß er freiwillig redete. Als ich seine Frage verneinte, fuhr er fort: »Was sind sie denn?«

      »Wir sind drei Araber und zwei Christen.«

      Er blickte mich groß an.

      »Christen! Was ist das?«

      »Das werde ich Dir später erklären, denn wir werden diese Nacht bei Dir bleiben.«

      Jetzt erschrak er noch viel mehr als vorher.

      »Herr, thut dies nicht!«

      »Warum nicht?«

      »Es wohnen böse Geister im Gebirge!«

      »Das ist uns lieb, denn wir wollen gerne einmal Geister sehen.«

      »Es regnet auch zuweilen!«

      »Das Wasser wird Dir gar nichts schaden.«

      »Dabei donnert es manchmal!«

      »Das gehört dazu.«

      »Es sind Bären hier.«

      »Wir essen gerne den Schinken derselben.«

      »Es kommen oft Räuber in die Berge!«

      »Die schießen wir todt.«

      Endlich, als er bemerkte, daß keine Ausrede verfing, kam er mit der Wahrheit zum Vorschein; er sagte in bittendem Tone:

      »Herr, ich fürchte mich vor Euch!«

      »Das hast Du nicht nöthig. Wir sind keine Räuber und keine Mörder. Wir wollen hier an Deinem Hause schlafen und werden morgen weiter ziehen. Dafür, daß Du es erlaubst, sollst Du einen silbernen Piaster erhalten.«

      »Einen silbernen? Einen ganzen?« frug er erstaunt.

      »Ja, oder auch zwei, wenn Du freundlich bist.«

      »Herr, ich bin sehr freundlich!«

      Bei dieser Versicherung lachte Alles an dem Kerl: die Augen, der Mund, den ich erst jetzt bemerkte, die Nase und die Hände, welche ganz vergnügt zusammenklappten. Es war wirklich außerordentlich, was dieser edle Bannahkurde für einen Bartwuchs besaß. Ich hatte so Etwas fast noch gar nicht gesehen. Er hätte getrost mit der Pastrana reisen können. Seine Freude schien auch seinen Hund anzustecken, denn dieser zog den Schwanz behutsam hervor und versuchte ein verschämtes Wedeln, wobei er mit der Pfote spielend nach meinem Dojan langte, der ihn aber so wenig zu bemerken schien, wie der Großmogul einen Kaminkehrerjungen.

      »Bist Du in den Bergen gut bekannt?« setzte ich meine Erkundigung fort.

      »Ja, überall!«

      »Kennst Du den Berozieh-Fluß?«

      »Ja, er ist die Grenze.«

      »Wie weit läufst Du bis zu ihm?«

      »Einen halben Tag.«

      »Kennst Du Banna?«

      »Ich bin des Jahres zweimal dort.«

      Er kannte auch Amehdabad und Bayendereh.

      »Aber wo Bistan liegt, das weißt Du nicht?« hob ich wieder an.

      »Ich weiß es sehr genau, denn mein Bruder ist dort.«

      »Mußt Du alle Tage arbeiten?«

      »Ich arbeite, wie es mir gefällt!« antwortete er stolz.

      »So kannst Du nach Belieben von hier weg?«

      »Herr, ich weiß nicht, warum Du so fragst!«

      Dieser Pfahlbautenmann war vorsichtig; das gefiel mir von ihm.

      »Ich will Dir sagen, warum ich frage,« antwortete ich ihm. »Wir sind hier fremd und kennen die Wege durch die Berge nicht; darum brauchen wir einen ehrlichen Mann, der uns führt. Wir geben ihm dafür alle Tage zwei Piaster.«

      »O Herr, ist dies wahr? Ich bekomme alle Jahre zehn Piaster und Mehl und Salz. Soll ich Euch führen?«

      »Wir wollen Dich heut erst kennen lernen. Wenn wir mit Dir zufrieden sind, so wirst Du Dir mehr Geld verdienen, als Du sonst in einem Jahre hast.«

      »Rufe diese Männer herbei! Ich will ihnen Mehl geben und Salz und einen Topf zum Backen; auch Wild habe ich, so viel Ihr wollt, und Gras sollen Eure Pferde haben, so viel sie fressen können. Da oben ist eine Quelle, und Euer Lager werde ich so weich machen, wie den Diwan einer Sultana Valide!«

      Dieser brave Allo war auf einmal ganz und gar umgewandelt – ›und das hat mit seinem Klingen nur der Piaster gethan!‹

      Ich winkte die Gefährten herbei, welche durch unsere lange Unterredung hart auf die Probe gestellt worden waren. Sie beeilten sich darum und waren über den Anblick des Köhlers nicht weniger erstaunt, als ich vorher. Besonders der Engländer schien vor Verwunderung sprachlos; doch auch der Bannah bewunderte die Nase Master Lindsay's mit einer Miene, welche an Wahrheit des Ausdruckes nichts zu wünschen übrig ließ. Endlich kam dem Englishman die Sprache wieder:

      »Pfui Teufel!« rief er. »Wer ist das? Ein Gorilla?«

      »Nein, sondern ein Kurde vom Stamme der Bannah.«

      »O weh! Wasch


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