Weihnachtserzählungen - 308 Seiten. Charles DickensЧитать онлайн книгу.
Tag, einem Sonnabend, zogen sie ein. Der Major war so
freundlich, mit seiner hübschen runden Handschrift eine
schriftliche Vereinbarung aufzusetzen, deren Wendungen, meiner
Ansicht nach, ebenso juristisch wie militärisch klangen, und Mr.
Edson unterzeichnete sie am Montagmorgen. Am Dienstag
machte der Major Mr. Edson einen Besuch, und Mr. Edson
machte dem Major am Mittwoch seinen Gegenbesuch, und der
zweite und der erste Stock standen auf so freundschaftlichem
Fuße, wie man es nur wünschen konnte.
Die drei Monate, für die die neuen Mieter vorausbezahlt hatten,
waren vorüber, und wir waren ohne irgendwelche neue
Vereinbarungen über die Bezahlung in den Mai hineingekommen,
Vereinbarungen über die Bezahlung in den Mai hineingekommen,
meine Liebe, als Mr. Edson plötzlich genötigt war, eine
Geschäftsreise quer durch die Insel Man zu unternehmen. Das
kam für das hübsche kleine Weibchen gänzlich unerwartet, und
die Insel Man ist meiner Meinung nach auch kein Ort, mit dem
besonders viel los wäre, aber das mag nun Ansichtssache sein.
Das Ganze war so plötzlich gekommen, daß er schon am
nächsten Tag abreisen mußte, und die hübsche kleine Frau
weinte zum Herzzerbrechen, und ich weinte mit ihr, als ich sie in
dem scharfen Ostwind – der Frühling hatte sich in diesem Jahr
stark verzögert – auf dem kalten Straßenpflaster stehen sah, wie
sie noch einen letzten Abschied von ihm nahm. Der Wind
zerzauste ihr schönes blondes Haar, und ihre Arme waren um
seinen Nacken geschlungen, während er sagte:
»Nun, nun, nun. Jetzt laß mich, Peggy.«
Und jetzt sah man ganz deutlich, daß das, wogegen der Major
freundlicherweise nichts einzuwenden haben wollte, wenn es
einträte, wirklich eintreten würde, und ich mahnte sie daran, als
er fort war und ich sie mit meinem Arm beim Treppensteigen
stützte.
»Es wird bald jemand anders da sein, für den Sie sich schonen
müssen, mein hübsches Frauchen«, sagte ich, »und Sie müssen
stets daran denken.«
Als schon längst ein Brief von ihm hätte da sein sollen, wartete
sie immer noch vergebens, und was sie jeden Morgen
sie immer noch vergebens, und was sie jeden Morgen
durchmachte, wenn der Briefträger nichts für sie hatte, das flößte
am Ende sogar dem Briefträger selbst Mitleid ein, wie er sie so
an die Tür gerannt kommen sah; und doch können wir uns nicht
wundern, daß es die Gefühle abstumpft, die ganze Mühe und
nichts von dem Vergnügen mit den Briefen 40
anderer Leute zu haben, und dabei meistenteils im Schmutz und
Regen herumzulaufen und für eine Bezahlung, die mehr an Kleinals
an Großbritannien denken läßt. Endlich aber eines Morgens,
als sie sich zu schlecht fühlte, um die Treppe herabzulaufen, sagt
er zu mir mit einer freudigen Miene, die mich den Mann in seinem
Beamtenrock fast lieben ließ, obwohl er von Nässe triefte:
»Ich habe heute morgen von der ganzen Straße zuerst ihr Haus
drangenommen, Mrs. Lirriper, denn hier ist der Brief für Mrs.
Edson.«
Ich lief, so schnell mich meine Beine tragen wollten, mit dem
Brief in ihr Schlafzimmer hinauf, und als sie ihn sah, setzte sie sich
im Bett auf und küßte ihn.
Dann riß sie ihn rasch auf und las, und ich sah, wie ihr Gesicht
leichenblaß wurde und erstarrte.
»Er ist sehr kurz!« sagte sie, ihre großen Augen zu meinem
Gesicht erhebend. »Oh, Mrs. Lirriper, er ist sehr kurz!«
Ich sage darauf:
Ich sage darauf:
»Meine liebe Mrs. Edson, zweifellos hatte Ihr Gatte gerade keine
Zeit, mehr zu schreiben.«
»Zweifellos, zweifellos«, anwortet sie, schlägt beide Hände vors
Gesicht und dreht sich nach der Wand um.
Ich schloß sacht ihre Tür zu, kroch hinunter und pochte an die
Tür des Majors, und als er, der gerade dabei war, seine dünnen
Schinkenschnitte auf seinem eignen kleinen Bratrost zu rösten,
mein Gesicht sah, stand er von seinem Stuhl auf und ließ mich auf
das Sofa niedersitzen.
»Still!« sagte er. »Ich sehe, es ist etwas vorgefallen. Sprechen
Sie nicht – lassen Sie sich Zeit.«
Ich erwiderte darauf:
»Oh, Major, ich fürchte, oben wird eine Seele grausam gequält.«
»Ja, ja«, sagte er, »ich hatte angefangen, es zu befürchten –
lassen Sie sich Zeit.«
Und dann beginnt er im Widerspruch zu seinen Worten
fürchterlich zu toben und sagt:
»Ich werde es mir niemals verzeihen, Madam, daß ich, Jemmy
Jackman, die ganze Sache nicht gleich an jenem Morgen
Jackman, die ganze Sache nicht gleich an jenem Morgen
durchschaute – daß ich nicht mit meinem Stiefelschwämmchen in
der Hand hinaufging, es ihm in den Hals stopfte und ihn auf der
Stelle damit erstickte!«
Als wir uns einigermaßen gefaßt hatten, kamen der Major und
ich überein, daß alles, was wir im Augenblick tun konnten, darin
bestand, uns so zu stellen, als argwöhnten wir nichts, und dafür
zu sorgen, daß die arme junge Frau möglichst viel Ruhe hätte.
Was ich aber ohne den Major angefangen hätte, als es unter den
Leierkastenmännern bekannt wurde, daß wir Ruhe haben
wollten, das weiß ich wirklich nicht. Denn er führte einen
erbitterten Krieg mit ihnen, in dem Grade, daß ich, hätte ich es
nicht mit eigenen Augen gesehen, niemals hätte glauben können,
ein Gentleman könne derartig mit Schüreisen, Spazierstöcken,
Wasserkannen, Kohlen, Kartoffeln aus der Schüssel, ja sogar
mit dem Hut von seinem Kopf um sich werfen; und dabei tobte
er dermaßen in fremden Sprachen, daß sie mit dem Griff in der
Hand erstarrt stehenblieben.
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Sooft ich jetzt den Briefträger sich dem Haus nähern sah, geriet
ich in derartige Angst, daß es wie die Gewährung