Weihnachtserzählungen - 308 Seiten. Charles DickensЧитать онлайн книгу.
Ihnen nicht mit Bestimmtheit sagen, meine Liebe, ob zu Hause
oder in den Kolonien, denn ich habe nie gehört, daß er von sich
selbst als Major sprach, sondern er nannte sich immer nur
einfach »Jemmy Jackman«. Einmal, kurze Zeit nachdem er
eingezogen war, hielt ich es für meine Pflicht, ihm mitzuteilen,
Miß Wozenham hätte das Gerücht ausgestreut, er wäre gar kein
Major, und ich nahm mir die Freiheit hinzuzufügen: »Was Sie
doch sind, Sir.«
Darauf meinte er:
»Madam, auf jeden Fall bin ich kein Minor, und jeder Tag hat
seine Plage.«
Auch kann man nicht leugnen, daß das die reine Wahrheit ist,
und dafür spricht auch seine soldatische Gewohnheit, daß ihm
seine Stiefel, bloß vom Schmutz gesäubert, jeden Morgen auf
einer sauberen Platte ins Zimmer gebracht werden müssen,
worauf er sie stets nach dem Frühstück mit einem kleinen
Schwamm und einer Untertasse, leise vor sich hin pfeifend, selbst
wichst. Das macht er so geschickt, daß er sich niemals die
Wäsche dabei beschmutzt, die mit peinlicher Sorgfalt im Stande
gehalten ist, obwohl sie mehr durch ihre gute Beschaffenheit als
durch ihre Menge hervorsticht; und ebensowenig den
Schnurrbart, der, wie ich fest überzeugt 38
Schnurrbart, der, wie ich fest überzeugt 38
bin, zur selben Zeit besorgt wird und der denselben
tiefschwarzen Glanz aufweist wie seine Stiefel, während sein
Haupthaar schön weiß ist.
Der Major wohnte schon seit etwa drei Jahren bei mir, als eines
Morgens, früh im Februar, kurz vor Beginn der
Parlamentssitzung (und Sie können sich denken, daß um diese
Zeit eine Masse Betrüger umherlaufen, bereit, alles einzustecken,
dessen sie habhaft werden können) ein Gentleman und eine
Dame vom Lande vorsprachen, um sich das zweite Stockwerk
anzusehen. Ich erinnere mich noch ganz gut, daß ich am Fenster
saß und sie und den schweren Hagel draußen beobachtete, wie
sie sich nach Vermietungszetteln umsahen. Das Gesicht des
Gentleman wollte mir nicht recht gefallen, obwohl er gut aussah,
aber die Dame war eine sehr hübsche junge Frau und so zart,
daß das Wetter viel zu rauh für sie zu sein schien, obwohl sie
bloß von dem Adelphi Hotel kam, das bei weniger schlechtem
Wetter nicht viel mehr als eine Viertelmeile zu Fuß entfernt war.
Nun hatte es sich gerade so gefügt, meine Liebe, daß ich genötigt
war, auf das zweite Stockwerk fünf Schilling wöchentlich
aufzuschlagen. Denn ich hatte einen Verlust gehabt, weil jemand
im Abendanzug, als ginge er zu einem Dinner, davongelaufen
war, und das ist ein sehr hinterlistiges Verfahren und hatte mich
reichlich mißtrauisch gemacht, da ich es mit dem Parlament in
Verbindung brachte. Als deshalb der Gentleman drei Monate
fest und mit Vorauszahlung vorschlug und sich außerdem das
fest und mit Vorauszahlung vorschlug und sich außerdem das
Recht vorbehielt, nach Ablauf dieser Zeit auf weitere sechs
Monate zu denselben Bedingungen zu verlängern, da sagte ich,
mir käme es so vor, als habe ich mich bereits einem anderen
Mieter gegenüber verpflichtet; ich wüßte es aber nicht bestimmt
und wollte deshalb einmal nach unten gehen und nachsehen; sie
möchten so lange bitte Platz nehmen. Sie nahmen Platz, und ich
ging nach unten vor die Tür des Majors, den ich bereits
angefangen hatte um Rat zu fragen, da ich das sehr nützlich fand.
Ich erkannte an seinem leisen Pfeifen, daß er dabei war, seine
Stiefel zu wichsen, wobei er in der Regel nicht gestört werden
wollte; jedoch rief er freundlich: »Wenn Sie es sind, Madam,
dann treten Sie ein«, und ich trat ein und erzählte ihm die Sache.
»Nun, Madam«, sagte der Major, sich die Nase reibend – ich
fürchtete im Augenblick, er täte es mit dem schwarzen
Schwamm, aber es war bloß sein Handgelenk, da er mit seinen
Fingern immer geschickt und sauber war – »nun, Madam, ich
vermute, daß Sie das Geld ganz gern annehmen würden?«
Ich scheute mich, gar zu rasch »ja« zu sagen, denn die Wangen
des Majors hatten sich ein wenig tiefer gefärbt und es lag eine
Unregelmäßigkeit, auf die ich nicht weiter eingehen will, in bezug
auf einen Teil vor, den ich nicht nennen will.
»Ich bin der Ansicht, Madam«, sagte der Major, »daß, wenn
Geld für Sie da ist –
wenn es für Sie da ist, Mrs. Lirriper –, Sie es annehmen sollten.
wenn es für Sie da ist, Mrs. Lirriper –, Sie es annehmen sollten.
Was spricht in dem Falle im zweiten Stockwerk dagegen?«
»Ich kann wirklich nicht sagen, daß etwas dagegen spricht, Sir;
doch dachte ich, ich wollte mich erst mit Ihnen beraten.«
»Sie sagten, glaube ich, ein jungverheiratetes Paar, Madam?«
fragte der Major.
Ich antwortete:
»Ja-a, anscheinend. Die junge Dame bemerkte mir gegenüber
jedenfalls beiläufig, sie wäre erst seit ein paar Monaten
verheiratet.«
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Der Major rieb sich wiederum die Nase und rührte die Wichse in
der kleinen Untertasse mit seinem Stückchen Schwamm um und
um, während er auf seine Art leise pfiff. Das dauerte einige
Augenblicke, dann sagte er:
»Es wäre eine günstige Vermietung, Madam?«
»O ja, eine recht günstige Vermietung, Sir.«
»Angenommen, sie verlängern für die übrigen sechs Monate.
Würde es Ihnen sehr viel Schererei machen, Madam, wenn –
wenn das Schlimmste sich ereignen sollte?«
wenn das Schlimmste sich ereignen sollte?«
fragte er.
»Nun, ich weiß nicht recht«, sagte ich zu dem Major. »Es kommt
darauf an.
Würden Sie zum Beispiel etwas dagegen einzuwenden haben,
Sir?«
»Ich?« fragte der Major. »Etwas dagegen einwenden? Jemmy
Jackman? Mrs.
Lirriper, nehmen Sie