Till Eulenspiegel. Hermann BoteЧитать онлайн книгу.
Wie ein Stiefelmacher Eulenspiegels Stiefel spickte
Wie Eulenspiegel eine Frau alle ihre Töpfe entzweischlagen ließ
Wie sich Eulenspiegel bei einem Barbier verdingte
Wie Eulenspiegel einem Bauern die Suppe begoß
Wie Eulenspiegel ein Weißmus allein ausaß
Wie Eulenspiegel den Gestank durch die Wand blies
Wie Eulenspiegel einen Wirt erschreckte mit einem toten Wolf
Wie Eulenspiegel dem Wirt auf den Tisch schiß
Wie Eulenspiegel den Wirt mit dem Klange des Geldes bezahlte
Wie Eulenspiegel von Rostock schied
Wie Eulenspiegel einen Hund schund
Wie Eulenspiegel derselben Wirtin einredete, Eulenspiegel liege auf dem
Rad
Wie Eulenspiegel eine Wirtin in die heiße Asche setzte
Wie Eulenspiegel einer Wirtin in das Bett schiß
Wie ein Holländer aus einer Schüssel einen gebratenen Apfel aß
Wie Eulenspiegel von einer Frau zu Gast geladen wurde
Wie Eulenspiegel 12 Blinden 12 Gulden gab
Wie Eulenspiegel für die Blinden einen Bürgen stellte
Wie Eulenspiegel an einem Tage alle Kranken ohne Arznei gesund machte
Wie Eulenspiegel die Mönche in der Messe zählte
Wie Eulenspiegel in Mölln krank wurde
Wie Eulenspiegel seine Sünden bereuen sollte
Wie Eulenspiegel sein Testament machte
Wie Eulenspiegel sein Gut in drei Teilen vergab
Wie Eulenspiegel starb
Wie Eulenspiegel von Beginen begraben wurde
Kapitel 1
Die 1. Historie sagt, wie Till Eulenspiegel geboren, dreimal an einem Tage getauft wurde und
wer seine Taufpaten waren.
Bei dem Wald, Elm genannt, im Dorf Kneitlingen im Sachsenland, wurde Eulenspiegel
geboren. Sein Vater hieß Claus Eulenspiegel, seine Mutter Ann Wibcken. Als sie des Kindes
genas, schickten sie es in das Dorf Ampleben zur Taufe und ließen es nennen Till
Eulenspiegel. Till von Uetzen, der Burgherr von Ampleben, war sein Taufpate. Ampleben ist
das Schloß, das die Magdeburger vor etwa 50 Jahren mit Hilfe anderer Städte als ein böses
Raubschloß zerstörten. Die Kirche und das Dorf dabei ist nunmehr im Besitze des würdigen
Abtes von Sankt Ägidien, Arnolf Pfaffenmeier.
Als nun Eulenspiegel getauft war und sie das Kind wieder nach Kneidingen tragen wollten, da
wollte die Taufpatin, die das Kind trug, eilig über einen Steg gehen, der zwischen Kneidingen
und Ampleben über einen Bach führt. Und sie hatten nach der Kindtaufe zu viel Bier
getrunken (denn dort herrscht die Gewohnheit, daß man die Kinder nach der Taufe in das
Bierhaus trägt, sie vertrinkt und fröhlich ist; das mag dann der Vater des Kindes bezahlen).
Also fiel die Patin des Kindes von dem Steg in die Lache und besudelte sich und das Kind so
jämmerlich, daß das Kind fast erstickt wäre. Da halfen die anderen Frauen der Badmuhme mit
dem Kind wieder heraus, gingen heim in ihr Dorf, wuschen das Kind in einem Kessel und
machten es wieder sauber und schön.
So wurde Eulenspiegel an einem Tage dreimal getauft: einmal in der Taufe, einmal in der
schmutzigen Lache und einmal im Kessel mit warmem Wasser.
Die 2. Historie sagt, wie alle Bauern und Bäuerinnen über den jungen Eulenspiegel klagten
und sprachen, er sei ein Nichtsnutz und Schalk; und wie er auf einem Pferd hinter seinem
Vater ritt und stillschweigend die Leute hinten in seinen Arsch sehen ließ.
Als nun Eulenspiegel so alt war, daß er stehen und gehen konnte, da spielte er viel mit den
jungen Kindern. Denn er war munteren Sinnes. Wie ein Affe tummelte er sich auf den Kissen
und im Gras so lange, bis er drei Jahre alt war. Dann befleißigte er sich aller Art Schalkheit so
sehr, daß sich alle Nachbarn miteinander beim Vater beklagten, sein Sohn Till sei ein Schalk.
Da nahm der Vater sich den Sohn vor und sprach zu ihm: »Wie geht das doch immr zu, daß
alle unsere Nachbarn sagen, du seist ein Schalk?« Eulenspiegel sagte: »Lieber Vater, ich tue
doch niemandem etwas, das will ich dir eindeutig beweisen. Geh hin, setz dich auf dein
eigenes Pferd, und ich will mich hinter dich setzen und stillschweigend mit dir durch die
Gassen reiten. Dennoch werden sie über mich lügen und sagen, was sie wollen. Gib darauf
acht!« Das tat der Vater und nahm ihn hinter sich aufs Pferd. Da hob sich Eulenspiegel hinten
auf mit seinem Loch, ließ die Leute in den Arsch sehen und setzte sich dann wieder. Die
Nachbarn und Nachbarinnen zeigten auf ihn und sprachen: »Schäme dich! Wahrlich, ein
Schalk ist das!« Da sagte Eulenspiegel: »Hör, Vater, du siehest wohl, daß ich stillschweige
und niemandem etwas tue. Dennoch sagen die Leute, ich sei ein Schalk.«
Nun tat der Vater dies: er setzte Eulenspiegel, seinen lieben Sohn, vor sich auf das Pferd.
Eulenspiegel saß ganz still, aber er sperrte das Maul auf, grinste die Bauern an und streckte
ihnen die Zunge heraus. Die Leute liefen hinzu und sprachen: »Seht an, welch ein junger
Schalk ist das!« Da sagte der Vater: »Du bist freilich in einer unglückseligen Stunde geboren.
Du sitzest still und schweigst und tust niemandem etwas, und doch sagen die Leute, du seist
ein Schalk.«
Die 3. Historie sagt, wie Claus Eulenspiegel von Kneitlingen hinweg zog an den Fluß Saale,
woher Tills Mutter gebürtig war, dort starb, und wie sein Sohn auf dem Seil gehen lernte.
Danach zog sein Vater mit ihm und seiner Familie von dannen in das magdeburgische Land an
den Fluß Saale. Von dorther stammte Eulenspiegels Mutter. Und bald darauf starb der alte
Claus Eulenspiegel. Die Mutter blieb bei dem Sohn in ihrem Dorf, und sie verzehrten, was sie
hatten. So wurde die Mutter arm. Eulenspiegel wollte kein Handwerk lernen und war doch
schon etwa 16 Jahre alt. Aber er tummelte sich und lernte mancherlei Gauklerei.
Eulenspiegels Mutter wohnte in einem Haus, dessen Hof an die Saale ging. Und Eulenspiegel
begann, auf dem Seile zu gehen. Das trieb er zuerst auf dem Dachboden des Hauses, weil er es
vor der Mutter nicht tun wollte. Denn sie konnte seine Torheit nicht leiden, daß er sich so auf