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Blut und Scherben. Ole R. BörgdahlЧитать онлайн книгу.

Blut und Scherben - Ole R. Börgdahl


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meine wegen der fehlenden Finger. Es soll doch neuerdings Wölfe in der Gegend geben.«

      »Nein, keine Wolfsspuren«, antwortete Marek, »aber mir wurde gesagt, dass Wildschweine Allesfresser seien.«

      »Wurde der Arm des Toten denn von den Wildscheinen freigelegt?«, fragte Werner Tremmel.

      »Das ist zumindest anzunehmen. Der Tote war ursprünglich dreißig, höchstens vierzig Zentimeter tief vergraben. Der Boden war durch die starken Regenfälle der vergangenen Tage sehr weich. Dies zusammengenommen würde es erklären, dass die Wildscheine an den Körper herangekommen sind.«

      »Aber es kann nicht sein, dass das Opfer in eine Schlammgrube gefallen und darin ertrunken ist?« Werner Tremmel sah Dr. Pohlmann kurz an.

      »Das ist ausgeschlossen«, sagte Marek. »Wir haben die Erdstruktur der Grube untersucht. Innerhalb eines Bereiches von vierzig mal hundertsechzig Zentimetern war die Erde aufgelockert und dadurch auf Grund der Feuchtigkeit auch schlammiger als die unmittelbare Umgebung der Grube. Wir konnten zwar keine Grabespuren feststellen, wie sie von einem Spaten oder einer Hacke stammen, aber es ist anzunehmen, dass das Erdreich mit einem derartigen Werkzeug ausgehoben wurde.«

      »Ein Spaten?«

      »Oder eine Hacke, sicherlich nicht mit den bloßen Händen«, erklärte Marek. »Die Erde ist lehmhaltig.«

      Werner Tremmel nickte. »Gut, was haben Sie noch, was haben die Hundertschaften gefunden, die Sie durch die Gegend marschieren lassen haben?«

      »Es waren nur zwanzig Bereitschaftspolizisten«, entgegnete Marek. »Das Ergebnis war allerdings sehr mager. Wir haben nicht einmal Zigarettenkippen gefunden. Wir haben einen Radius von etwa fünfhundert Metern um die Leichenfundstelle abgesucht. Dann haben wir uns noch auf die Zuwege konzentriert, immer in der Annahme, dass das Opfer und ein möglicher Täter über die normalen Wege zum Leichenfundort gelangt sind. Aber auch hier haben wir nichts gefunden. Der Fußweg zum späteren Leichenfundort ist mit fünfhundertdreiundsechzig Metern ja relativ lang. Daher haben wir uns dann noch die Frage gestellt, wie schwierig es ist, einen Körper über diese Distanz zu tragen. Für eine Einzelperson sicherlich ein mühsames Unterfangen, man muss Pausen einlegen, den Körper des Toten ablegen. Hierbei könnten Spuren verursacht worden sein, nach denen wir gesucht haben, leider ohne Befund.«

      »Warum gehen Sie von einem Einzeltäter aus?«, fragte Werner Tremmel.

      »Ich habe nicht von einem Täter oder von Tätern gesprochen«, betonte Marek. »Es geht nur darum, die Hypothese zu stützen, falls der Mann nicht am Fundort getötet wurde.«

      »Die Hypothesen in diesem Fall überlassen Sie doch bitte den Mordermittlern.« Werner Tremmel zögerte. »Aber ich vergaß, Sie sind ja auch so ein abgebrochener ...« Er beendete den Satz nicht, blickte kurz zu Thomas, und schüttelte den Kopf.

      Marek überging den Seitenhieb. »Dann haben wir auch gleich aufgezeichnet, welche generellen Möglichkeiten bestehen, in die Nähe des Leichenfundortes zu gelangen. Es gibt einige befahrbare Forstwege und kleinere Straßen aus Richtung Potsdam oder aus Richtung Beelitz, die in das Waldgebiet führen. Soweit die bisherigen Erkenntnisse meines Teams zu dem vorliegenden Fall.« Marek sah Torsten Regener und Hans Schauer an, die beide nickten.

      »Danke.« Werner Tremmel überlegte, schien noch nach einer kritischen Frage zu suchen, die er Marek stellen konnte, aber ihm fiel nichts mehr ein. »Patrick?«

      Patrick Arnold schüttelte den Kopf.

      »Wie hat der Körper denn in der Grube gelegen?«, fragte Thomas.

      Werner Tremmel verzog sofort das Gesicht, wollte schon protestieren, aber Marek war schneller.

      »Stimmt, diesen Punkt hätte ich fast vergessen.« Marek blätterte zur nächsten Folie. »Hier haben wir eine kleine Skizze. Der Körper muss sich ursprünglich flach, auf dem Rücken liegend in der Grube befunden haben. Dann hat sich der Torso aber um gut dreißig Grad gedreht, so dass die rechte Seite, Rumpf und Arm höher lagen. Die Beine haben diese Drehbewegung allerdings nicht mitgemacht.«

      »Dreißig Grad? Wie kann das passieren?« fragte Werner Tremmel ungläubig.

      »Eine mögliche Erklärung ist die gut besuchte Suhle, die einen Seitendruck auf die Umgebung ausgeübt hat.« Marek deutete auf die Skizze. »Vielleicht wäre die Leiche früher oder später vollständig wieder ans Tageslicht gekommen.«

      »Merkwürdige Vorstellung.« Werner Tremmel sah kurz zu Thomas. »Und haben Sie noch etwas so Wichtiges vergessen?«

      Marek schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre vorläufig alles. Sie erhalten natürlich noch den schriftlichen Bericht.«

      »Darum will ich auch bitten. Aber am besten warten sie noch bis Roose einmal drüber geschaut hat.«

      Marek nickte und sparte es sich, das letzte Wort zu haben.

      Werner Tremmel sah in die Runde. Sein Blick blieb auf Dr. Pohlmann stehen. »So und jetzt dürfen Sie das Bild komplettieren, Herr Dr. Pohlmann. Nachdem der Erkennungsdienst ja nicht so viel zu bieten hatte, baue ich auf die Ergebnisse der Obduktion.«

      »Sehr gerne.«

      Dr. Pohlmann erhob sich, ging um den Tisch herum zum Overheadprojektor und suchte nach dem Einschalter. Thomas war ihm behilflich. Das Projektionslicht erhellte die Leinwand, nachdem das Beamerlicht erloschen war. Die Folie war nicht gleich scharf, Thomas drehte an der Stellschraube. Dr. Pohlmann räusperte sich. Bei der Folie handelte es sich offensichtlich um die erste Seite des Obduktionsberichtes. Die Schrift war aber so klein, dass kaum etwas zu erkennen war. Dr. Pohlmann räusperte sich erneut.

      »Ich möchte zunächst etwas über den Todeszeitpunkt sagen. Der Verwesungszustand des aufgefundenen Körpers macht es sehr schwer, den Todeszeitpunkt exakt einzugrenzen. Dennoch schätze ich unter Vorbehalt, dass die Leiche etwa zwölf Monate in der Erde gelegen hat. Vor zwei Jahren gehörte ich zu einer Gruppe von deutschen Gerichtsmedizinern, die in Knoxville eine Body Farm besuchen durften. Das dortige Freiluftforschungszentrum gehört zur University of Tennessee. Ich habe daher Kenntnisse der einzelnen Verwesungsstadien menschlicher Körper unter Berücksichtigung unterschiedlicher Witterungsverhältnisse. In den Tropen ergibt sich natürlich ein anderes Verwesungsprofil als in unseren Breiten. Ich habe hier ...«

      »Dr. Pohlmann, entschuldigen Sie«, unterbrach Werner Tremmel den Gerichtsmediziner. »Natürlich sind Ihre Referenzen zur Bestimmung des Todeszeitpunktes wichtige Details in diesem Fall und werden später sicherlich noch von Interesse sein. In dieser frühen Phase des Falles sollten wir uns aber nur die nackten Tatsachen ansehen. Sie sagen, Ken Börder ist vor etwa einem Jahr gestorben?« Werner Tremmel sah Patrick Arnold an.

      Dr. Pohlmann brauchte ein paar Sekunden, um den Faden wiederaufzunehmen, den Werner Tremmel durchtrennt hatte. »Maximal zwölf Monate ja, das ist meine persönliche Einschätzung. In meinem Gutachten habe ich den Todeszeitpunkt allerdings in einen Zeitraum zwischen sechs und zwölf Monaten festgelegt, was mir seriöser erschien. Ich schätze auch, dass das Opfer unmittelbar nach seinem Tod in der Erde vergraben wurde.«

      »Sechs bis zwölf Monate«, warf Werner Tremmel erneut ein. Er überlegte. »Vielleicht können wir Ihre Einschätzung bald präzisieren.« Er sah wieder zu Patrick Arnold.

      Dr. Pohlmann nickte. »Dann komme ich jetzt zu den entscheidenden Fakten. Die Todesursache ist eine Fraktur des Dens axis und ein Riss der Bänder des Dens axis, wobei es zu einer Durchtrennung der Medulla oblongata und des Rückenmarks kam. Oder anders ausgedrückt, Zerstörung der Nervenzentren für Atmung und den Blutkreislauf auf Grund eines fatalen Genickbruches. Am Kopf und Hals des Opfers konnte ich Hinweise auf einen kräftigen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand feststellen. Hierzu konnte ich die Ansätze eines Hämatoms nachweisen, das sich auf Grund des sofortigen Todes nicht vollständig ausgebildet hat.«

      »Genickbruch, Schlag mit einem stumpfen Gegenstand«, wiederholte Werner Tremmel. »Können Sie die mögliche Tatwaffe benennen?«

      »Ein schweres Kantholz oder eine Keule«, sagte Dr. Pohlmann sofort. »Genauer kann ich allerdings nicht benennen. Wenn


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