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Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriss dargestellt. Rudolf SteinerЧитать онлайн книгу.

Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriss dargestellt - Rudolf Steiner


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sich ungezählte Gedanken als wahr in meiner Seele ankündigen, ich gebe mich dem hin als Grundstein zu einer Weltanschauung, dessen Eigenschaften ich erst bestimmen muss.

      Spinoza findet, dass ausgegangen nur werden kann von dem, das zu seinem Sein keines andern bedarf.

      Diesem Sein gibt er den Namen Substanz. Und er findet, dass es nur eine solche Substanz geben könne, und dass diese Gott sei. Wenn man sich die Art ansieht, wie Spinoza zu diesem Anfang seines Philosophierens kommt, so findet man seinen Weg dem der Mathematik nachgebildet. Wie der Mathematiker von allgemeinen Wahrheiten ausgeht, die das menschliche Ich sich freischaffend bildet, so verlangt Spinoza, dass die Weltanschauung von solchen frei geschaffenen Vorstellungen ausgehe. Die eine Substanz ist so, wie das Ich sie denken muss. So gedacht, duldet sie nichts, was, außer ihr vorhanden, ihr gleich wäre. Denn dann wäre sie nicht alles; sie hätte zu ihrem Dasein etwas anderes nötig. Alles andere ist also nur an der Substanz, als eines ihrer Attribute, wie Spinoza sagt. Zwei solcher Attribute sind dem Menschen erkennbar. Das eine erblickt er, wenn er die Außenwelt überschaut; das andere, wenn er sich nach innen wendet. Das erste ist die Ausdehnung, das zweite das Denken. Der Mensch trägt in seinem Wesen die beiden Attribute; in seiner Leiblichkeit die Ausdehnung, in seiner Seele das Denken.

      Aber er ist mit beiden ein Wesen in der einen Substanz. Wenn er denkt, denkt die göttliche Substanz, wenn er handelt, handelt die göttliche Substanz. Spinoza erwirbt für das menschliche Ich das Dasein, indem er dieses Ich in der allgemeinen, alles umfassenden göttlichen Substanz verankert. Von unbedingter Freiheit des Menschen kann da nicht die Rede sein. Denn der Mensch ist so wenig selbst dasjenige, das aus sich handelt und denkt, wie es der Stein ist, der sich bewegt; es ist in allem die eine Substanz. Von bedingter Freiheit nur kann beim Menschen dann gesprochen werden, wenn er sich nicht für ein selbständiges Einzelwesen hält, sondern wenn er sich eins weiß mit der einen Substanz. Spinozas Weltanschauung führt in ihrer konsequenten Ausbildung in einer Persönlichkeit bei dieser zu dem Bewusstsein: Ich denke über mich im rechten Sinne, wenn ich mich nicht weiter berücksichtige, sondern in meinem Erleben mich eins weiß mit dem göttlichen All. Dieses Bewusstsein gießt dann, im Sinne Spinozas, über die ganze menschliche Persönlichkeit den Trieb zum Rechten, das ist gotterfülltes Handeln. Dieses ergibt sich wie selbstverständlich für denjenigen, in dem die rechte Weltanschauung volle Wahrheit ist. Daher nennt Spinoza die Schrift, in der er seine Weltanschauung darstellt, Ethik. Ihm ist Ethik, das ist sittliches Verhalten, im höchsten Sinne Ergebnis des wahren Wissens von dem Wohnen des Menschen in der einen Substanz. Man möchte sagen, das Privatleben Spinozas, des Mannes, der erst von Fanatikern verfolgt wurde, dann nach freiwilliger Hinweggabe seines Vermögens in Ärmlichkeit als Handwerker sich seinen Lebensunterhalt suchte, war in seltenster Art der äußere Ausdruck seiner Philosophenseele, die ihr Ich im göttlichen All wusste, und alles seelische Erleben, ja alles Erleben überhaupt von diesem Bewusstsein durchleuchtet empfand.

      Spinoza baut ein Weltanschauungsbild aus Gedanken auf. Diese Gedanken müssen so sein, dass sie aus dem Selbstbewusstsein heraus ihre Berechtigung zum Aufbau des Bildes haben. Daher muss ihre Gewissheit stammen. Was das Selbstbewusstsein so denken darf, wie es die sich selbst tragenden mathematischen Ideen denkt, das kann ein Weltbild gestalten, das Ausdruck ist dessen, was in Wahrheit hinter den Welterscheinungen vorhanden ist.

      In einem ganz anderen Sinne als Spinoza sucht Gottfried Wilhelm v. Leibniz (1646-1716) die Rechtfertigung des Ich-Bewusstseins im Dasein der Welt. Sein Ausgangspunkt gleicht dem des Giordano Bruno, insofern er die Seele oder das »Ich« als Monade denkt. Leibniz findet in der Seele das Selbstbewusstsein, das ist das Wissen der Seele von sich selbst, also die Offenbarung des Ich. Es kann nichts anderes in der Seele sein, was denkt und empfindet, als nur sie selbst. Denn wie sollte die Seele von sich wissen, wenn das Wissende ein anderes wäre? Aber sie kann auch nur ein einfaches Wesen sein, nicht ein zusammengesetztes. Denn Teile in ihr könnten und müssten voneinander wissen; die Seele weiß aber nur als die eine von sich als der einen. So ist die Seele ein einfaches, in sich geschlossenes, sich vorstellendes Wesen, eine Monade. In diese Monade kann nun aber nichts hineinkommen, was außer ihr ist. Denn in ihr kann nichts anderes als nur sie selbst tätig sein. All ihr Erleben, ihr Vorstellen, Empfinden finden usw. ist das Ergebnis ihrer eigenen Tätigkeit. Eine andere Tätigkeit in ihr könnte sie nur durch ihre Abwehr gegen diese Tätigkeit wahrnehmen, das heißt, sie würde doch nur sich selbst in ihrer Abwehr wahrnehmen. Nichts Äußeres also kann in diese Monade kommen. Leibniz drückt das so aus, dass er sagt: die Monade habe keine Fenster. Alle wirklichen Wesen sind in Leibniz‹ Sinne Monaden. Und es gibt in Wahrheit nichts als Monaden. Nur haben diese verschiedenen Monaden verschieden intensives Innenleben. Es gibt Monaden mit ganz dumpfem Innenleben, die wie schlafend sind, solche, die wie träumend sind, dann die wachen Menschenmonaden bis hinauf zu dem höchst gesteigerten Innenleben der göttlichen Urmonade. Wenn der Mensch in seiner Sinnesanschauung nicht Monaden sieht, so kommt dies daher, dass die Monaden von dem Menschen so überschaut werden, wie etwa der Nebel, der nicht ein Nebel ist, sondern ein Mückenschwarm. Was die Sinne des Menschen sehen, ist wie ein Nebelbild, das durch die beieinander seienden Monaden gebildet wird.

      So ist für Leibniz die Welt in Wahrheit eine Summe von Monaden, die gar nicht aufeinander wirken, sondern unabhängig voneinander lebende selbstbewusste Wesen Iche sind. Wenn die einzelne Monade in ihrem Innenleben doch ein Abbild des allgemeinen Weltlebens hat, so rührt dies nicht davon her, dass die einzelnen Monaden aufeinander wirken, sondern davon, dass im gegebenen Falle die eine Monade das innerlich für sich erlebt, was auch eine andere Monade unabhängig von ihr erlebt. Die Innenleben der Monaden stimmen zusammen, wie Uhren dieselben Stunden zeigen, trotzdem sie nicht aufeinander wirken. Wie die Uhren zusammenstimmen, weil sie anfänglich aufeinander gestimmt sind, so sind die Monaden durch die von der göttlichen Urmonade ausgehende prästabilierte Harmonie aufeinander gestimmt.

      Dies ist das Weltbild, zu dem Leibniz getrieben wird, weil er es so gestalten muss, dass sich in diesem Bilde das selbstbewusste Seelenleben, das Ich, als eine Wirklichkeit behaupten kann. Es ist ein Weltbild, das völlig aus dem »Ich« selbst heraus gestaltet ist. Ja, dies kann, nach Leibniz‹ Ansicht, auch gar nicht anders sein. In Leibniz führt das Weltanschauungsstreben zu einem Punkte, wo es, um die Wahrheit zu finden, nichts von dem als Wahrheit hinnimmt, was sich in der Außenwelt offenbart.

      Im Sinne des Leibniz ist das Sinnenleben des Menschen so bewirkt, dass die Seelenmonade in Verbindung mit anderen Monaden tritt, welche ein dumpferes, träumendes, schlafendes Selbstbewusstsein haben. Eine Summe solcher Monaden ist der Leib; mit ihm ist verbunden die eine wachende Seelenmonade. Im Tode trennt sich diese Zentralmonade von den anderen und führt für sich das Dasein weiter.

      Ist Leibniz‹ Weltbild ein solches, das ganz aus der inneren Energie der selbstbewussten Seele herausgebildet ist, so ist das seines Zeitgenossen John Locke (1632-1704) völlig auf der Empfindung auferbaut, dass ein derartiges Herausarbeiten aus der Seele nicht sein dürfe. Locke anerkennt nur als berechtigte Glieder einer Weltanschauung, was beobachtet (erfahren) werden kann, und was auf Grundlage der Beobachtung über das Beobachtete gedacht werden kann. Ihm ist die Seele nicht ein Wesen, das aus sich heraus wirkliche Erlebnisse entwickelt, sondern eine unbeschriebene Tafel, auf welche die Außenwelt ihre Einzeichnungen macht. So ist für Locke das menschliche Selbstbewusstsein ein Ergebnis des Erlebens, nicht ein Ich der Ursprung dieses Erlebens. Wenn ein Ding der Außenwelt auf den Menschen einen Eindruck macht, so ist darüber das Folgende zu sagen: An dem Dinge sind in Wahrheit nur Ausdehnung, Figur, Bewegung; durch die Berührung mit den Sinnen entstehen Töne, Farben, Gerüche, Wärme und so weiter. Was so an den Sinnen entsteht, ist nur so lange da, als die Sinne sich mit den Dingen berühren. Außer der Wahrnehmung sind nur verschieden geformte und in verschiedenen Bewegungszuständen befindliche Substanzen vorhanden. Locke fühlt sich gezwungen, anzunehmen, dass außer Gestalt und Bewegung dasjenige, was die Sinne wahrnehmen, nichts mit den Dingen selbst zu tun habe. Er macht damit den Anfang mit einer Weltanschauungsströmung, welche die Eindrücke der Außenwelt, die der Mensch erkennend erlebt, nicht als der Welt an sich angehörig betrachten will.

      Ein merkwürdiges Schauspiel stellt sich mit Locke vor die betrachtende Seele hin. Der Mensch soll nur erkennen können dadurch, dass er wahrnimmt und über das Wahrgenommene denkt; aber, was er wahrnimmt, hat mit den eigenen Eigenschaften der Welt nur zum geringsten Teile etwas zu tun. Leibniz weicht zurück vor dem, was die Welt offenbart,


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