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Morgentod. Ole R. BörgdahlЧитать онлайн книгу.

Morgentod - Ole R. Börgdahl


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sehr viel angenehmer. Während ich auf den Toast wartete, legte ich das Gerät vor mich auf die Anrichte und blätterte durch die Nachrichten. Immer zuerst das Wetter. Im Winter war es mir eigentlich egal, solange es keinen Schnee gab. Im Sommer wollte ich schon wissen, was mich erwartete. Vor allem die Aussicht für die Ostsee in den nächsten Tagen interessierte mich, da es für heute Abend geplant war, dass ich zu meiner Familie stoßen würde. Ein verlängertes Wochenende. Eigentlich hätten die Kinder heute schon wieder zur Schule gehen müssen, doch wir konnten sie für den Donnerstag und Freitag noch entschuldigen. Ich weiß ohnehin nicht, warum die Schule nach den Ferien immer mitten in der Woche beginnen muss. Bei diesem Stichwort fiel mir ein weiteres Memo ein. Ich griff hinter mich, nahm mein Mobile von der Anrichte und betätigte die Aufnahme: Gustav anrufen! Er muss morgen vor 12:00 Uhr die Schulbücher für die Kinder abholen.

      Es gehörte mit zum Deal, dass wir die Kinder am Montag komplett ausgerüstet in die Schule schicken würden. Bei dieser Gelegenheit konnte Gustav die Gebühr für die Bücher auch gleich bei der Schule bezahlen, was er als guter Großvater jedes Jahr tat.

      Und nun zum Wetter! Der Drei-Tage-Trend sah ganz gut aus, nicht hervorragend aber ganz gut. Erst am Dienstag sollte eine stärkere Wolkenbildung über die Lübecker Bucht kommen, die am Mittwoch zu Gewittern führen konnte. Bis dahin waren wir längst wieder daheim. Ich sah mir auch noch die Aussichten für den heutigen Tag an. Hamburg: Höchstwerte siebenundzwanzig Grad Celsius, schwül, aber geringe Gewitterneigung. Ich ging zum Fenster. Wir hatten draußen so ein Metallthermometer. Wenn ich richtig sah, zeigte es erst sechzehn Grad Celsius an, keine Spitzenwerte, aber es war ja noch früh am Morgen. Der Röster meldete sich. Ich begann sofort mit der Verarbeitung des Toasts und bekam es so hin, wie ich es liebte. Ich machte es mir auf dem Küchenstuhl gemütlich, aß mein Toast und verschaffte mir über das Tablet einen weiteren Nachrichtenüberblick. Auf n-tv gab es immer eine gute Darstellung des aktuellen Medaillenspiegels. So früh war in London natürlich noch nichts los, aber ich kannte die olympischen Ergebnisse vom Vortag noch nicht in Gänze. Bei Carlos hatte ich den Beginn des Spiels der deutschen Hockey Herren gegen Südkorea noch mitbekommen. Tatsächlich war ein weiteres Tor gefallen, ein deutscher Sieg. Mir fiel ein, dass Eva früher auch Hockey gespielt hatte. Ich habe sie in unserer Anfangszeit in New York sogar zu Spielen begleitet. Ich glaube, sie war ganz gut. Die deutschen Hockey Herren waren gestern in jedem Fall gut, auch wenn das Ergebnis recht knapp war. Es war eines der Vorrundenspiele, also noch weit weg vom Turnierfinale. Dafür gab es gestern schon für den Deutschland-Achter Gold. Mehr Zeit widmete ich mich den deutschen Ergebnissen nicht, denn mein Herz schlägt eigentlich für eine andere Nation. Wir Amerikaner sind da sehr eigen und es ist wirklich nicht böse gemeint. Der Link über den Medaillenspiegel brachte mich zu den US-Erfolgen: zweimal Gold im Schwimmen. Nathan Adrian beim 100-m-Freistil und auch Gold für die 4x200-m-Freistilstaffel. Schwimmen sehe ich mir sogar im Fernsehen an, wenn es zeitlich passt. Radfahren finde ich dagegen eher langweilig. Dennoch zollte ich einer gewissen Kristin Armstrong Respekt, die im Straßen-Zeitfahren ebenfalls Gold für unsere Nation geholt hatte. Ganz spontan erinnerte ich mich daran, den Namen schon einmal gehört zu haben. Kristin Armstrong wurde wegen der Namensgleichheit oft mit der Frau von Lance Armstrong verwechselt. Schwimmen und Radfahren, dreimal Gold, ganz ordentlich für einen Tag.

      Bevor ich mich den leichteren Themen widmete, musste ich auch noch die Wirtschaftsnachrichten durchgehen. Es gab aber nichts Interessantes oder besser, ich hielt nichts für interessant. Der Euro sah mir nicht sehr gesund aus, mit seinem 1,22 US-Dollar-Kurs. Der DAX schloss am Vortag ebenfalls im Minus und lag bei 6.754 Punkten. Aktien, das ist auch so eine Sache, mit der ich mich nicht auskenne und von der ich eigentlich meine Finger lassen sollte. Gustav hat mich dann im letzten Jahr doch verführt. Ich habe einiges in DAX-Aktien angelegt. Es soll eine gute Mischung von allem sein. Gustav und ich haben deswegen fast jeden zweiten Tag ein kurzes Meeting. Wir setzen uns im Büro an meinen Computer. Ich führe die Maus, Gustav die Geschicke meines Vermögens. Er hat immer einen Zettel dabei und gibt mir exakte Anweisungen. Kaufen und verkaufen. Die eine Aktie losschlagen, in die andere investieren. Und dann schauen wir uns die Kurve an. Ich muss sagen, sie ging bislang immer nach oben, nicht besonders steil, aber nach oben. Selbst wenn der DAX etwas ins Minus geht, habe ich Plus gemacht. Am besten ist es natürlich, wenn auch der DAX steigt.

      Soweit zur Wirtschaft an diesem Morgen. Ich wechselte mit ein paar Klicks auf meinem Tablet von n-tv zur Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts. Was passierte in der Stadt. Oh! Welch eine Freude! Fragt sich nur für wen? Pamela Anderson beehrte Hamburg mit einem Besuch. Ich las mir den Artikel gar nicht erst durch, obwohl es nicht viel zu lesen gab. Das meiste waren Fotos. Ich stieß auf einen Bericht über die Hamburger Radwege, dem ich meine Aufmerksamkeit widmete. Die Sanierungspläne seien ins Stocken geraten. Kein Geld und wenig Engagement von den Behörden. Eva beschwerte sich immer über die schlechten Radwege in Osdorf. Sie fährt viel mit dem Fahrrad, sie und die Kinder. Ich habe schon lange nicht mehr auf einem Bicycle gesessen. Wie aufs Stichwort erklang dann auch aus dem Radio ein Song von Queen: Bicycle Race. Ich glaube nicht an Zufälle. Der Discjockey von NDR 2 musste den Bericht ganz bestimmt auch gelesen haben und hatte sich inspirieren lassen. Die Musik war gar nicht schlecht.

      Ich aß den Rest des Toasts im Stehen und begann dabei die Küche aufzuräumen. Ich schaffe gerne Ordnung, auch wenn ich es nicht muss. An diesem Morgen musste ich, denn am Abend würde keine Zeit mehr bleiben. Es waren nur wenige Handgriffe. Die Spülmaschine mit dem dreckigen Geschirr der ganzen Woche wollte ich abends anstellen. Ich ging noch schnell ins Wohnzimmer, arrangierte die Kissensammlung auf der Couch, legte die Fernbedienungen in eine ansprechende Reihenfolge, orgelpfeifengleich, der Länge nach. Eine kleine Marotte von mir. Ich sah die Magazine durch, fand noch die Fernsehzeitung der Vorwoche, nahm sie mit in den Wirtschaftsraum und schmiss sie dort in die Tonne. Ich vergesse immer zu trennen und was einmal drin ist, bleibt auch drin. Der Geruch verriet mir allerdings, dass ich die Mülltonne zumindest in die Garage stellen musste. Die Leerung war bei uns erst am Freitag dran, aber ich wollte nicht, dass das Ding tagelang an der Straße stand. Ich erledigte diesen Gang, fuhr auch gleich meinen Century aus der Garage, meinen Wolfsburger im Schafspelz, wie Eva ihn immer nannte. Der alte New-Beetle hatte mir von der Form her nie gefallen, aber sein Nachfolger war mehr Porsche als Käfer und ließ es an Sportlichkeit nicht fehlen, vorausgesetzt, man fuhr den 200-PS-Motor. Der schwarze Metallic Lack glänzte auch im Licht der ersten Sonnenstrahlen. Ich war gestern noch durch die Wäsche gefahren. Ich wollte stilvoll zu meiner Familie stoßen. Eva hatte unseren Van für die Fahrt nach Travemünde genommen. Am Sonntag würden die Jungs natürlich bei mir einsteigen, während Beth bei Eva im Van zurückfuhr.

      Ich kehrte ins Haus zurück. Es war noch Zeit für etwas Büroarbeit. Ich hatte gestern Abend die Entwürfe unserer neuen Website bekommen und wollte einen ersten Blick darauf werfen. Ich saß am Computer und hatte zunächst Probleme die Seiten aufzurufen. Sie waren natürlich noch nicht online gestellt und so musste ich mich erst aufwendig einloggen. Es schlug viermal fehl und ich wollte den Programmierer schon anrufen, als mir der Zugriff dann doch noch gelang. Es sah ganz anständig aus. Ich schrieb gleich ein Mail und notierte die Punkte, bei denen ich noch Änderungen wünschte. Ich wusste jetzt schon, dass es wieder Diskussionen geben würde. Der Typ, den wir mit der Website beauftragt hatten, meinte immer mehr Künstler zu sein, als Programmierer. Gustav und mir gefielen aber mehr die klaren Formen, ein strukturierter Aufbau, nicht zu viele Farben, um die Seriosität nicht zu verlieren. Es war zu erkennen, dass sich der Mann schon zurückgehalten hatte und es sah mittlerweile ja auch ganz gut aus. In der nächsten Woche konnten wir die alten Seiten abschalten und unseren Kunden den neuen Auftritt präsentieren. Ich versendete das Mail, sah noch kurz den Postkorb durch, fand aber nichts, was sofort zu erledigen war. Zwei Mails leitete ich aber dennoch an Gustav weiter. Ich beendete die Arbeit am Rechner, nachdem ich mir die Adressen für den heutigen Tag auf mein Smartphone geladen hatte. Akten brauchte ich mir nicht mitzunehmen, ich hatte wie immer alles auf meinem Mobile.

      Nachdem ich die Haustür verschlossen und den Alarm scharfgeschaltet hatte, sah ich auf die Uhr. Ich schaffte es immer fast exakt zur selben Zeit das Haus zu verlassen. Es war Viertel vor acht und die ersten Sonnenstrahlen ließen die Temperatur bereits ansteigen. Es konnte durchaus etwas aus den vorhergesagten siebenundzwanzig Grad werden. Ich stieg in meinen Century und fuhr von der Einfahrt auf die Straße. Normalerweise benutzte ich das Navi für meine Unternehmungen in Hamburg und Umgebung. Heute war


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