Star Force - Rebellen des Mars. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.
gehen davon aus, daß er noch denken kann, Sir", mischte sich Larson ein.
"Um Ihre Meinung habe ich nicht gebeten, Sergeant Larson", erwiderte der Kommandant der ARMSTRONG eisig. Er wirkte angespannt. Die ganze Sache ging ihm ziemlich auf die Nerven.
Larson musterte seinen Vorgesetzten einige Augenblicke lang nachdenklich. Der Commander hatte dunkle Ringe unter den Augen.
Das ist der Unterschied zwischen uns beiden, überlegte Lieutenant Jeff Larson dann. Gonzalez fühlt sich genauso unwohl in seiner Haut wie ich - aber er würde das niemals zugeben, weil es einfach nicht zu seiner Vorstellung davon gehört, wie ein Commander zu sein hat.
"Eine Meldung des HQ", sagte jetzt Lieutenant Celine Durant und wandte dabei den Kopf. Sie trug ein Head-Set, dessen Bügel gleichzeitig verhinderte, daß ihre Haare in der Schwerelosigkeit buchstäblich zu Berge standen.
Gonzalez' Gesicht wirkte konzentriert. Ein Muskel zuckte unkontrolliert. Die Nasenflügel blähten sich leicht. Die Lippen bildeten einen dünnen Strich.
"Und?" fragte der Commander der ARMSTRONG
Celine Durant lächelte. "Im Orbit bleiben und auf Befehle warten."
"Na, so etwas habe ich gerne!"
"Tut mir leid, Sir, daß ich Ihnen keine besseren Nachrichten übermitteln kann..."
"Ist ja nicht Ihre Schuld, Lieutenant. Außerdem weiß man im Voraus nie, was sich am Ende als das ''Bessere' herausstellt."
"Sie sagen es..."
"Trotzdem, mir gefällt das nicht... Verdammt, warum kann sich da unten auf dem
blauen Planeten keiner zu einer eindeutigen Entscheidung durchringen?"
"Sie können ja mal nachfragen, Sir!" sagte Celine Pioncheval.
Eine Bemerkung, die locker dahergesagt klingen sollte, aber genau den gegenteiligen Eindruck vermittelte.
Auf Befehle warten, echote es in Larsons Hirn. Die Befehle, auf die sie warten sollten, konnten unter Umständen bedeuten, auf die eigenen Leute zu schießen... Jedenfalls galt das für den Fall, daß Darran und seine Leute nicht umgekommen oder gefangengenommen waren, sondern schlicht und ergreifend eine Meuterei angezettelt hatten. Dann gab es verschiedene Optionen. Entweder Darran und seine Leute vom Weltraum aus vernichten oder hinunter auf die Planetenoberfläche gehen, um den Job dort zu erledigen.
Verdammt, ich bin nicht zur Star Force gegangen, um mich für so etwas herzugeben! wurde Larson in diesem Augenblick bewusst. Aber jetzt war er hier, hunderttausende Kilometer von der Erde entfernt, an Bord eines Raumschiffs, das einen Auftrag hatte, von dem der Sergeant alles andere als überzeugt war. In der Klemme, dachte Larson. So nennt man das wohl.
*
Vor unendlich langer Zeit musste ein Gesteinsbrocken von gigantischen Ausmaßen auf den Mars eingeschlagen sein. Nur einer von Hunderttausenden solcher Brocken, die ohne Bahn durch den Weltraum irrten, willfährige Spielbälle der Gravitationskräfte größerer Körper. Von Planeten zum Beispiel. Aber dieser eine Brocken hatte eine Spur hinterlassen, die bis heute sichtbar war. Den Lowell-Krater. Es gab auch Krater vulkanischen Ursprungs auf dem Mars, wie etwa den Olympus Mons. Aber dieser Krater war durch einen gewaltigen Einschlag entstanden. Der Mars war übersäet davon.
Vielleicht, so überlegte John Darran, während er auf die Bilder blickte, die der Bildschirm vor ihm zeigte, vielleicht war dieser Krater in der Frühzeit des Mars sogar mit Wasser gefüllt gewesen. Ein Binnenmeer, so wie es nach geologischen Erkenntnissen mehrere geben hatte. Möglicherweise sogar einen Ozean. Aber das war drei Milliarden Jahre her. Eine unvorstellbar lange Zeit.
Damals mochte der Mars vielleicht sogar primitive Formen von Leben getragen haben.
Fossile Überreste im Gestein sprachen dafür. Aber um höherentwickelte Lebensformen zu entwickeln waren die Bedingungen auf dem roten Planeten nicht lange genug günstig gewesen. Er hatte den Großteil seiner Atmosphäre in den Weltraum verloren, die Temperatur war gefallen und die Meere gefroren. Selbst wenn die Temperatur jetzt wieder angestiegen wäre, wäre der Atmosphärendruck einfach zu gering gewesen, um flüssiges Wasser zu halten.
Vielleicht kommen jetzt ja wieder bessere Zeiten für den Mars, dachte Darran. Mit Hilfe der Technologie der Fremden, die die von Robotern bemannten Schiffe gebaut hatten. Warum nicht? dachte Darran. Raumhäfen, regelrechte Städte auf dem Mars. Vor seinem inneren Auge konnte er sie schon vor sich sehen. Durch die Roboter-Technologie war das alles keine reine Utopie mehr. Es war in den Bereich des Möglichen gerückt. Was war dagegen doch ein so armseligesGebilde wie die Station Gamma, die die Menschheit im Lowell-Krater bislang unterhalten hatte... Nein, das war kein Vergleich.
Die Technologie der Fremden lässt sich für verschiedene Zwecke einsetzen, ging es ihm durch den Kopf. Aber die Zwecke die sein eigenes Land, die Westunion, damit vermutlich im Sinn hatte, entsprachen nicht dem, was John Darran sich vorstellte. Eine Chance für die Menschheit, dachte er. Viel zu schade, um sie kleinkarierten Machtspielen auf der Erde zu opfern. Und genau das wird passieren. Jeder, der auch nur einen Funken Verstand hat, kann das deutlich erkennen...
'Die Staaten, sie sind kalte Ungeheuer', erinnerte sich Darran an ein Zitat des Philosophen Friedrich Nietzsche. Das galt auch für jenen Staat, in dessen Diensten Darran offiziell immer noch stand.
Innerlich aber hatte er den Dienst in dem Moment quittiert, in dem ihm die Konsequenzen klargeworden waren.
Nach vorne blicken, John! Das Schwierigste steht dir noch bevor. Und du weißt es nur zu gut...
Die EXPLORER II senkte sich langsam auf die Marsoberfläche. Rötlicher Staub wirbelte auf. Er würde eine ganze Weile in der Atmosphäre bleiben, sich erst mit gewisser Verzögerung wieder auf den Boden senken. Eine Folge von niedriger Gravitation und geringem Atmosphärendruck.
Die Landung selbst war sehr sanft und ein äußerer Betrachter hätte kaum glauben können, daß der Pilot gerade erst den zweiten Flug mit dem ehemaligen Beiboot des havarierten und im Kampf stark beschädigten 200-m-Raumers der Fremden absolviert hatte.
Die Induktiv-Schulung, die John Darran und seine Männer über sich hatten ergehen lassen, machte es möglich, daß jeder von ihnen zumindest jetzt wenigstens über einen Teil des Wissens jener Wesen verfügten, die den von Robotern bemannten 200-m-Raumer geschickt hatten.
Darran hatte im Kommandosessel auf der Brücke der EXPLORER II platzgenommen. Er wirkte gelassen. Die innere Anspannung war ihm nicht anzusehen. Bald wird der Moment der Entscheidung kommen! überlegte er. Aber dieser Moment musste sorgfältig abgewartet werden. Ein einziger Fehler und die Leute werden dir nicht mehr folgen, John Darran!
Das Risiko war immens. Für die Menschheit, für sein Land, die Westunion und für ihn persönlich. Denn was er vorhatte lief letztlich auf Meuterei hinaus... Man konnte es drehen und wenden wie man wollte. Schon jetzt hatte er Vabanque gespielt, in dem er alle Anfragen der Star Force Kommandos einfach ignoriert hatte. Ein Ritt auf der Rasierklinge. Eine Mission, die nicht gelingen konnte, wenn er die Unterstützung seiner Leute verlor.
Dieser Punkt ist der wichtigste! wurde ihm klar.
Sein Blick war auf den Hauptschirm gerichtet, der die felsige Marslandschaft zeigte. Daneben waren Anzeigen über einen größeren Ausschnitt der Marsoberfläche zu sehen. In südwestlicher Richtung deutete sich einer der gefürchteten Stürme an, die durch die extrem dünne Marsatmosphäre tobten und dabei Unmengen von Sand bewegten. Von diesem war allerdings anzunehmen, daß er sich nur lokal auswirkte und vielleicht ein Gebiet von der doppelten Größe der Vereinigten Staaten buchstäblich durcheinanderwirbelte. Jedenfalls war der Bordrechner der EXPLORER II dieser Meinung. Und dessen Rechnerkapazitäten überstiegen alles, was es auf der Erde an Vergleichbarem gab. War also zu hoffen, daß seine Wettersimulationen etwas zuverlässiger waren als das, was die irdische Wettervorhersage so zu stande brachte.
Der Sturm wird kommen, dachte Darran. So sicher wie die Erde durch das Auftauchen der fremden Raumer in den Strudel von Ereignissen galaktischen Ausmaßes gerissen wurde. Die Menschheit befand sich