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Cynthia Silbersporn. Fred KellerЧитать онлайн книгу.

Cynthia Silbersporn - Fred Keller


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Waschküche betreten, oder nicht wussten, wo frische Handtücher aufbewahrt wurden und die gebrauchten hinkamen, in welchem Schrank Socken und Unterwäsche lagen, wo die Butter, der Kühlschrank oder die Küche überhaupt waren.

      Lieschens Vorschlag, Cynthia solle alle anfallenden Aufgaben bei Onkel Erwin übernehmen und später natürlich auch die Haushaltsauflösung arrangieren, stieß bei Cynthia auf kein Verständnis. Auch Lisas Vorschlag, das Erbe gerne zu teilen, stimmte sie nicht um, lebte sie doch als Single mit hochbetagter Katze ganz glücklich und zufrieden.

      Für den Vormittag hatte sie geplant, der alten Katzendame eine hübsche Portion Reiki angedeihen zu lassen. Diese machte ihrem Namen »Diva« alle Ehre. Um ihren Willen durchzusetzen, maunzte sie solange lautstark das Personal an, also Frauchen Cynthia, bis diese alles tat, um sie wieder auf Zimmerlautstärke zu dimmen.

      Als die Klingel unverändert mit Beethovens Fünfter Auskunft über die Ankunft ihrer Schwester gab, schaute Cynthia durch das Fenster neben der Tür.

      »Du liebe Göttin«, dachte sie entsetzt, »was sie nur wieder für einen Fummel trägt. Ein ganzes Haus, und anscheinend in keinem Raum ein Spiegel.«

      Angenehm waren Lisas Besuche nie, nur mit Forderungen verbunden. Schon als Kind ein Fremdkörper in der eigenen Familie, verkam sie mit diesem Bürohengst an der Seite zum Heimchen am Herd.

      Missmutig öffnete Cynthia die Tür.

      »Hallo, Schwesterherz, was kann ich gegen dich tun?«

      »Guten Tag, Cynthia, nett wie immer. Du hast dich kein bisschen verändert.«

      »Warum auch? Ich gefalle mir ganz gut.«

      »Willst du mich nicht hereinbitten?«

      Cynthia überlegte kurz, ob sie ehrlich oder höflich antworten sollte, und schob dann die Tür auf, um ihre Schwester durchzulassen.

      Lisa nahm unaufgefordert in der Küche Platz. Ohne langes Hin und Her kam sie gleich auf das Thema zu sprechen, das ihr am Herzen lag.

      »Es geht um Onkel Erwin. Du musst dich um ihn kümmern. Neulich fand ich sein Telefon im Kühlschrank. Nächsten Monat ist sein Achtzigster, und er wird immer seltsamer.«

      »Das ist wohl keine Altersfrage. Du gehst ja in der Rolle als Hausfrau total auf und kannst bestimmt auch zwei Häuser in Schuss halten. Es gibt Wichtigeres als Onkel Erwins Kühlschrankinhalt.«

      »Was denn, außer Hokuspokus, Magie und Reiki?«

      »Ein bisschen Magie schadet nie. An mir liegt’s nicht, dass dein Beamter die Fantasie, die du zweifelsohne mal hattest, abgewürgt hat. Nur noch Zahlen, Daten, Fakten und im Geiste schon die Hälfte von Erwins Kontostand zu deinem eigenen addiert. Heute hat drei Tage altes Weißbrot mehr Intelligenz als du.«

      »Du lässt mich also mit Onkel Erwins Betreuung allein?«

      »Was ist denn schon passiert? Sein Telefon lag im Kühlschrank! Und ...? Wenn er es braucht und dort findet, ist doch alles in bester Ordnung. Kein Grund, gleich die Vormundschaft an sich reißen zu wollen. Jeder muss das Recht haben, sein Leben so zu gestalten, wie er es möchte. Selber Denken macht Spaß, solltest du auch mal probieren.«

      Lisa sprang auf und verließ wutschnaubend das Haus.

      »Oh, oh, Cynthia. Jetzt hast du es wieder mal geschafft, deine empfindliche Schwester ist eingeschnappt«, schalt sie sich selbst, nachdem Lisa die Tür zugeworfen hatte.

      Cynthia sah ihr betrübt nach und ließ ein paar Hallo-wach-Gedanken in Lisas Kopf fahren, das konnte sie locker aus dem Handgelenk.

      Cynthia war seit jeher die Selbstständigere von beiden gewesen. Ein Meinungsaustausch bestand darin, dass Lisa mit eigener Ansicht kam und mit Cynthias Standpunkt ging. Als starke alleinlebende Frau lief alles wunderbar. Vielleicht, weil sie allein lebte. Kein Mann im Haus.

      Aber Lisa machte auf Cynthia den Eindruck, als ob sie ohne Waldemar auf der Strecke bleiben würde. Ständig am Jammern, wer sollte den Müll runterbringen, die schweren Aufgaben im Haushalt übernehmen und das Geld verdienen?

      Vielleicht war es an der Zeit, ihr mal gehörig den Kopf zu waschen und Selbstvertrauen zu vermitteln, sie sollte ihr Selbstbild überdenken. Als Vorbild nicht mehr Mutter Beimer aus der Lindenstraße haben, sondern Alice Schwarzer oder doch eher die graue Maus aus der Bibliothek. Die verdiente zumindest ihr eigenes Geld. Klein anfangen.

      Cynthia setzte sich an den Tisch, konzentrierte sich, fokussierte ihre Gedanken auf Lisa und konnte auch spüren, wie die mentale Arbeit bei ihrer Schwester Wirkung zeigte. Es war zwar unhöflich, sie meinte es jedoch nur gut und stöberte deshalb ein wenig in den Hirnwindungen Lisas.

      Gemeinsam würden die Schwestern Onkel Erwin Onkel Erwin sein lassen, gelegentlich bei ihm vorbeischauen und erreichbar sein, wenn er anrief.

      Cynthias Eingriff in den Verstand ihrer Schwester, so hoffte sie, würde einen wohl verklemmten Stein in Lisas Gehirn ins Rollen bringen. Oder eher der geschleuderte Energieblitz?

      Sie spürte, dass ihre Schwester jetzt auf dem richtigen Weg war. Lisa begann, selbst zu denken. Wann hatte sie wohl zuletzt an sich gedacht und nicht nur »was koche ich heute«?

      Plötzlich klingelte Cynthias Telefon, Lisa am anderen Ende:

      »Ich plane am Abend mit Waldemar einen Rundgang durchs Haus. Er wird ganz neue Räume kennenlernen. Weiß er überhaupt, wo die Waschküche ist und wie die Maschine und der Trockner funktionieren? Ach, noch was. Morgen möchte ich dich besuchen. Wir müssen etwas besprechen.«

      »Schon wieder? Ich habe den Eindruck, unsere Gespräche enden sehr schnell, weil du so sensibel bist. Meine Holzhammermethoden verkraftest du nur schwer.«

      »Gib mir noch eine Chance, ja?«

      »Gut«, lenkte Cynthia ein. »Jeder verdient eine zweite Chance, oder eine dritte oder vierte. Bis dann.«

      »Danke.« Beide legten auf.

      Cynthia hatte den Glauben an die Menschheit nie aufgegeben.

      Am nächsten Tag trippelte Lisa vor der Haustür nervös von einem Fuß auf den anderen, was Cynthia schadenfroh von drinnen beobachtete. Anscheinend war ihre Schwester aufgeregt. Hämisch wartete sie, bis die Klingel ertönte.

      Langsam öffnete Cynthia, die spitze Zunge ständig bereit vorzupreschen.

      »Was willst du? Hat Onkel Erwin das Besteck auf die falsche Seite gelegt?«

      Ups, was war passiert? Ihre Schwester sah aus wie immer, nur in Farbe, geschminkt, in blauer Jeans und gelbem T-Shirt. Cynthia konnte sich nicht erinnern, wann Lisa das letzte Mal etwas anderes als Schwarz und Grau getragen hatte.

      »Bevor du wieder deine Nettigkeiten loswirst, hör mir bitte zu. Hilf mir, so zu werden wie du. Ich meine es ernst, ich möchte von dir lernen, wie man selbstständig wird.«

      »Das wird schwer für dich. Ich habe fast fünfundvierzig Jahre dafür gebraucht. Aber wir können es versuchen. Erste und einzige Regel: Mach was du willst, solange es keinem anderen schadet.«

      »Das kann ich bestimmt.«

      »Sei dir da nicht so sicher. Es ist härter als du denkst.«

      »Ich bin bereit, von dir Ratschläge anzunehmen.«

      »Gut, auf dem Weg zu einer frei entfalteten Persönlichkeit musste ich viele Rückschläge durchstehen. Sehr oft bin ich damit angeeckt.«

      Lisa war entsetzt: »Iiiihhh, das möchte ich aber nicht. Alle sollen mich lieben.«

      »Dann vergiss deinen Plan. Nie, nie, nie wird dich die ganze Menschheit auch nur ansatzweise mögen.« Cynthia verschränkte die Arme. »Und das ist auch nicht ihre Aufgabe. Die Meinung anderer ist mir längst nicht mehr so wichtig wie früher.«

      »Aber«, plötzlich schluchzte Lisa laut, »ich gestehe dir meinen Neid, und das ist kein schönes Gefühl. Bring mir Stärke bei, mach mich zur Powerfrau.«

      »Ich


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