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Cynthia Silbersporn. Fred KellerЧитать онлайн книгу.

Cynthia Silbersporn - Fred Keller


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schleppte ihren stillgewordenen Gast hinters Haus und wickelte ihn in eine Folie.

      »Seltsam«, schoss es ihr durch den Kopf. »Wozu benutze ich Frischhaltefolie? Damit er nicht dreckig wird?«

      In einer Ecke thronte ein Komposthaufen, in dessen Nähe alles noch prächtiger gedieh, als im Rest des Gartens.

      Mit Hilfe eines Spatens hob Cynthia ein Grab aus, quetschte erst die Beine, dann den Rest des Verstorbenen hinein. Unbequem sah das Ganze wahrlich aus, aber egal, er merkte es ja nicht mehr.

      Mit kräftigen Hieben schippte sie die Grube zu, klopfte die Erde mit der flachen Seite der Schaufel fest, schmiss locker ein paar Ladungen Kompost darüber und betrachtete ihr Werk. Gehaltvolle Nahrung für den geliebten Garten.

      Nach getaner Arbeit köpfte sie einen Merlot, schenkte mit Schwung ein und setzte sich an den Tisch. Mit jedem Schluck Alkohol wurde sie verzweifelter.

      »Meine Güte, was habe ich nur getan?«, rief sie der Zimmerdecke entgegen.

      Sicher, sie las gern über Gifte, deren Wirkung und Herkunft. Dieses Wissen in die Tat umzusetzen, war ihr allerdings bisher nie in den Sinn gekommen. Mit dem schlechten Gewissen nahm auch das Gefühl des Beobachtetwerdens zu. Immer wieder sah sie nach hinten, glaubte, Blicke im Rücken zu spüren.

      Die kleine Fushigi kam heute nicht zum Einsatz. Dennoch war es ein grauenvoller Tag für Cynthia gewesen, nachdem ihr der Mord voll bewusst wurde.

      »Ja, Mord, nenn es ruhig beim Namen!«

      So etwas durfte sich auf gar keinen Fall wiederholen. Hoffentlich hatte niemand gesehen, wie der Mann ihr Haus betrat.

      Als sie aufstand, um die Tasse in die Spüle zu stellen, lag da ein Zettel, auf dem sieben Worte und ein Buchstabe standen: »Das war gar nicht nett, meine Liebe. P.«

      Cynthia schlug die Hand an die Stirn. Ihr Gefühl stimmte also. Es musste jemand hier gewesen sein.

      Niedergeschlagen wankte sie ins Wohnzimmer, um die Situation zu überdenken. Vielleicht konnte Marius Maca ihr einen Rat geben. Sofort tippte sie die Nummer ins Telefon. Beim zweiten Klingeln hob der Magier ab.

      »Bin ich froh, dich zu erreichen«, begann Cynthia ohne Umschweife. »Ich muss dir unbedingt erzählen, was heute passiert ist, aber vielleicht wird meine Leitung abgehört. Wir müssen uns sehen. Komm bitte sofort her. Ich trau mich kaum aus dem Haus.«

      »Das hört sich ja geheimnisvoll an. Wer soll dich denn überwachen? Soll ich Kuchen mitbringen?«

      »Nur für dich.«

      »Dann ist es wirklich ernst.«

      Wenige Augenblicke später klingelte Marius an Cynthias Tür. Völlig aufgelöst öffnete sie und fiel ihm in die Arme. Er erinnerte sie an den unvergesslichen Dirk Bach, der leider, wie so viele, zu früh gestorben war. Beide besaßen ein ansteckendes Lachen und herrlichen Humor. Marius allerdings hatte keine Glatze. Die langen, schwarzsilbermelierten Haare trug er heute zu einem Pferdeschwanz gebunden.

      »Na, na, wird schon wieder gut. Sag mir, was geschehen ist. Du tust, als ob jemand gestorben wäre.«

      »Ist ja auch«, schniefte sie.

      »Setz dich, ich mach uns Tee. Oh, du bist schon beim Rotwein, auch gut.« Der kleine Magier holte ein Glas aus dem Hängeschrank. »Wer ist tot?«, fragte er mit heiterer Stimme, vermutlich glaubte er an einen Scherz.

      »Keine Ahnung, wie er hieß.« Panisch erstattete Cynthia Bericht. Angefangen beim Kochen des neuen Elixiers, über den Besuch mit dem unglücklichen Ausgang, der fehlenden Buchseite, ihr Gefühl, beobachtet zu werden, bis hin zum Fund des Zettels neben der Spüle.

      Aber Marius ging nicht auf ihre Worte ein.

      »Ah, ja«, sagte er stattdessen, »da fällt mir ein, aus deinem Briefkasten ragte ein Umschlag. Ich hab ihn mit hereingebracht. Hier.«

      Mit zitternden Fingern nahm Cynthia das altrosafarbene Kuvert entgegen.

      »Ich kann da nicht reinsehen. Mach du auf«, bat sie und gab es ihm wieder zurück.

      Aufgeregt sah sie zu, wie Marius den oberen Rand des Umschlags aufriss und sich mit dem Daumen bis zur anderen Seite vorarbeitete. Er zog einen kleinen Briefbogen heraus, las ihn, runzelte die Stirn und lächelte schließlich.

      »Wieso grinst du so? Was steht drin?«, fragte Cynthia fast tonlos.

      »Nichts Schlimmes. Ich glaube, du hast wenig zu befürchten. Ernsthafte Erpresser arbeiten mit weißen Umschlägen oder ausgeschnittenen Wörtern aus der Zeitung. Der Text lautet: ›Mach das nie wieder. Ich beobachte dich. Werde mich bei dir melden, sobald ich Zeit habe.‹ Unterschrieben mit einem großen P in rosa Schrift, in Klammer: Eine Freundin.«

      Marius strahlte Cynthia an, dabei ließ er seinen langen geflochtenen Bart durch die Hand gleiten.

      »Gibt es einen vernünftigen Grund für deinen unpassenden Gesichtsausdruck? Ich finde das nämlich kein bisschen witzig«, schimpfte sie.

      »Ich schon. Spätestens in ein paar Wochen wirst du mir Recht geben. Hier kündigt sich eine Veränderung an, die dein künftiges Leben betrifft.«

      »P, wie auf dem Zettel«, überlegte Cynthia. »Sag mir, was du weißt. Ahnst du, wer P ist?«

      »Nein, ich ahne es nicht. Ich weiß es. Aber P würde mir nie verzeihen, wenn ich die Überraschung jetzt schon verraten würde. Eines kann ich dir versichern, P wird dir gefallen.«

      Das Ganze erschien Cynthia zwar mehr als rätselhaft, aber sie vertraute ihrem langjährigen Freund Marius Maca und ließ sich von ihm beruhigen. Abwarten und sehen, was kommt, hieß die Devise.

      Lautstark knurrte ihr Magen, das Frühstück war die letzte Mahlzeit gewesen. Sie schielte auf die Papiertüte, die Marius mitgebracht hatte.

      »Was ist da drin?«

      »Och, nur ein paar Leckereien, süße Stückchen, zwei oder drei Nussecken aus der Bäckerei, aber du wolltest ja keinen Kuchen. Bleib sitzen, ich kenn mich aus, weiß wo dein Geschirr steht.« Zielstrebig holte er das Benötigte und eine Kuchengabel.

      »Ich esse natürlich mit. Bring mir auch einen Teller und eine Gabel. Wenn ich mich auf eins im Leben verlassen kann, dann darauf, dass der Hunger immer wieder zurückkehrt.«

      »Genau das habe ich geahnt. Ist Schokosahne recht?«

      »Aber sicher.«

      Zwei Tortenstücke später hatte sich Cynthia zufrieden in ihrem Küchenstuhl zurückgelehnt.

      »Ich bin gespannt, wie das alles noch weitergehen wird.«

      »Ja, das kannst du auch. Neue Erfahrungen sind wohl die geeignetste Umschreibung. Es wird interessant, soviel verspreche ich dir.«

      In dieser Nacht fand Cynthia wenig Schlaf.

       Ein Energieblitz aus dem Handgelenk

      Als Cynthia Silbersporn am frühen Morgen zum Fenster hinausschaute, ahnte sie nichts Gutes für diesen Tag. Lieschen Müller kam angelaufen. Ihre langweilige Schwester wohnte mit dem noch langweiligeren Waldemar am Anfang der Straße, an deren Ende ihr eigenes Haus stand. Schon letzte Woche hatte die Jüngere angekündigt, wichtige Familienangelegenheiten besprechen zu wollen.

      Wer würde sich um den alten, gebrechlichen Erbonkel kümmern, der immer unselbstständiger wurde und ganz in der Nähe in seinem kleinen Häuschen wohnte?

      Lieschen vertrat die Meinung, Cynthia hätte mehr Zeit zur Verfügung. Denn diese besaß zwar auch ein Haus, aber keinen Mann, der versorgt werden wollte. Männer können ja so abhängig sein. Allerdings nur, weil die Herren zuerst von ihren Müttern und dann von den Ehefrauen in der Meinung bestätigt wurden, sie bekämen alles abgenommen. Das verlieh den Frauen Macht. Dem weiblichen Teil der Bevölkerung gefiel dieses Spiel solange, bis sie merkten, das eigene Leben bestand nur noch aus Haushalt


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