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Am Stillen Ozean. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Am Stillen Ozean - Karl May


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kolossalen, rundlichen Blöcken sehr auffallend zusammengesetzten Felsenwand krümmte sich die schmale Durchfahrt nach Norden hin, und bald darauf zeigte sich eine schmale Bucht mit sandigen Ufern, deren Hintergrund dicht mit Wald bewachsen war.

      Hier warteten am Strande bereits zwei Männer in englischen Matrosenkleidern, aber sie waren barfuß. Sie hatten bei der Annäherung des Bootes die Höhe verlassen und bezeichneten durch Winke den Ort, an welchem man landen sollte. Wie staunten die Insassen des Fahrzeuges, als sie von dem älteren der beiden Männer in deutscher Sprache angeredet wurden! Ein langer, blonder Bart gab ihm ein außerordentlich stattliches und ernstes Aussehen, und er empfing die Landenden nicht mit der Miene eines Notleidenden, sondern mit der eines Mannes, der von keinem Menschen etwas zu erbitten hat. Er war ein deutscher Landsmann aus Pillau, der schon seit dreißig Jahren als Seemann das Meer unter englischer Flagge gepflügt hatte. Dieser, wie man wohl sagen darf, weit verschlagene Mann, und sein Begleiter, welcher ein junger Norweger war, hatten zur Mannschaft des Walfängers »Williams« gehört, der vor zwei Jahren in dieser Bucht während eines fürchterlichen Orkanes von seinen Ankern gerissen worden und an den benachbarten Felswänden im Innern der Bai gescheitert war. Damals rettete sich die ganze Mannschaft an das Land, ward aber bald darauf von einem für das nämliche Haus fahrenden Walfänger an Bord genommen, wobei Wittrin und Petersen (so hießen die beiden) sich die Erlaubnis erwirkten, auf dem romantischen Eilande zu bleiben und bis zur Ankunft eines andern Schiffes eine gemütliche Robinsonade in das Werk zu setzen.

      Das ungefähr war der Inhalt des ersten sehr lebhaften Gespräches der Einsiedler mit den fremden Ankömmlingen, und die ersteren führten die letzteren nach ihrer Wohnung, um sie dort zu bewirten.

      Unter prachtvoll aufstrebenden Bäumen, deren Kronen einander erst in beträchtlicher Höhe berührten, während weiter unten der auffallende Mangel an größeren Aesten einen ziemlich freien Durchblick ermöglichte, so daß das Ganze einer riesigen, mit herrlichen Laubgewinden gezierten Säulenhalle glich, lag sehr anmutig das kleine aus den Trümmern des »Williams« gezimmerte Haus, vor welchem ein artig angelegter Ziehbrunnen, aus einer eingegrabenen Tonne bestehend, viel zu dem wohnlichen Aussehen der kleinen Ansiedelung beitrug.

      Die Schiffer hatten in menschenfreundlicher Absicht Lebensmittel herbeigebracht, um vermeintlich Notleidenden beizustehen, doch sie waren selbst in den Schoß des Ueberflusses geraten, und statt mit mittelmäßigem Schiffsproviant Hungrigen beizuspringen, wurden sie nun mit dem delikatesten Abendessen bewirtet. Von den mehr oder weniger zahmen Schweinen, welche die ländliche Scene belebten, ward von den freundlichen Wirten sogleich eines der fettesten geschossen; man lichtete den wohl versorgten Taubenschlag, und als Zuspeise gab es mehlige Kartoffeln, erfrischende Wassermelonen, welche der kleine Garten liefern mußte, Holundersuppe, frische Feigen und Maulbeeren, Pfannkuchen, Schildkröteneier und verschieden zubereitete Fische. Den Beschluß machte ein aromatischer Thee, welcher aus den Blättern des hier wild wachsenden Sassafras (Laurus Sassafras) bereitet worden war. Die beiden Einsiedler hatten sich sehr an ihn gewöhnt, und auch von den Gästen wurde er als ganz köstlich befunden.

      Die Sorgfalt der Gastgeber ging sogar so weit, daß sie, weil ihr Tischgerät nicht für alle ausreichte, schnell einige Löffel improvisierten; es waren dies Muschelhälften, welche man an Stielen von Fächerpalmen befestigte. So schön weiß ein Robinsonleben den Erfindungsgeist zu wecken. Auch die innere Einrichtung der Hütte machte einen wohlthuenden Eindruck und zeugte von dem Ordnungssinn und den nicht ganz ungünstigen Verhältnissen ihrer Bewohner. Das Hausgerät, welches hauptsächlich aus Schiffskisten und den beiden Hängematten bestand, nahm sich ganz artig aus; auch bemerkte man einige vom Schiffe gerettete Bücher, die namentlich in langen Winterabenden die Abgeschiedenheit versüßt hatten. Auch für die zur Abendlektüre so notwendige Beleuchtung war gesorgt, denn es fehlte nicht an Walrat, womit das verunglückte Schiff hauptsächlich beladen gewesen war.

      Den größten Teil der nächsten Nacht brachte die heitere Gesellschaft unter den herrlichen Bäumen vor der Klause zu, der köstlichen Scene sich erfreuend und Genüsse durch alle Sinne in sich aufnehmend; denn bald gesellte sich zur Lieblichkeit des Ortes und des Klimas bei völlig heiterem Himmel der Vollmondsglanz in seiner ganzen stillen Pracht. Solche Stunden sind unvergeßlich und werfen einen Lichtschein durch das ganze Leben.

      Man benützte diese magische Beleuchtung, um nach dem sandigen Ufer zu wandern, wo man eierlegende Schildkröten in Menge fand, denn es war grad die günstige Gelegenheit, die Jahreszeit, in welcher diese Tiere von einem wunderbaren Instinkte angetrieben werden, die sandigen Ufer der abgelegensten Inseln zum Eierlegen aufzusuchen. Sie verweilen dann an diesen Stellen den ganzen Sommer durch in Menge, um das Ausschlüpfen der jungen abzuwarten und mit diesen dann im Herbste das offene Meer zu suchen.

      Die Geräumigkeit der Löcher, welche diese Tiere in den Sand graben, ist staunenswert. Ein solches unterirdisches Nest nimmt eine ganz beträchtliche Menge von Eiern auf, die rasch nacheinander hineingelegt und dann sorgfältig wieder mit Sand bedeckt werden, bis der ebene Boden vollständig wieder hergestellt ist. Hierdurch werden die Eier vollkommen gegen die Angriffe der dort so häufigen und sehr lüsternen Raben geschützt, nicht aber gegen die aufwühlenden Schweine, welche nicht minder auf solch ein leckeres Mahl erpicht sind. Vor ihren Rüsseln ist kein Nest sicher, und obgleich sie erst mit dem »Williams« auf das Eiland gekommen waren, drohte doch ihre Vermehrung der ganzen Schildkrötenkolonie den Untergang.

      Es ist unberechenbar, welche Störungen und Umwälzung die Einführung eines neuen Tieres in der ursprünglichen Tierwelt eines Ortes hervorbringen kann. So hat z.B. in Neu-Seeland der flügellose Kiwi der Uebersiedelung des europäischen Hundes nicht widerstehen können, und ebenso droht die dort eingeführte Katze dem Kakapo, einem dortigen Kuckuck, der auf niederen Zweigen zu nisten pflegt, mit dem vollständigen Untergange. Nicht allein die wilden Völkerstämme sind es, die bei der Ankunft des weißen Mannes ihr Todesurteil empfangen, auch die Haustiere, welche ihn begleiten, bringen den freien tierischen Bewohnern der Wildnis Verderben und Vernichtung.

      Merkwürdig ist die Wehrlosigkeit jener großen Schildkröten, deren durchschnittliche Körperlänge wenig unter fünf Fuß beträgt, und die bei der Langsamkeit ihrer Bewegungen am Lande ihren Verfolgern sehr leicht zur Beute werden, obgleich sie im Wasser außerordentlich behend sind und schwimmend ihren Verfolgern leicht zu entgehen vermögen. Zwei Menschen müssen gewöhnlich ihre Kräfte vereinigen, um ein so schweres, im Sande fortkriechendes Tier umzuwälzen; einmal auf dem Rücken liegend, kann es sich nicht wieder umwenden, und nichts ist dann leichter, als es durch einen starken Hieb in die Kehle zu töten. Seine ganze Verteidigung besteht dann in einem kraftlosen, unbeholfenen Umherschlagen mit den flossenartigen Ruderfüßen; die scharfen Kinnladen, sein natürliches Gebiß, versteht es nicht zu gebrauchen.

      Die beiden Ansiedler hatten den Platz Port Lloyd genannt, und da Lütke hier alles vereinigt fand, was er brauchte, so beschloß er, einige Zeit zur Ausbesserung seines Schiffes hier zu verweilen. Währenddessen hatte er volle Zeit, sich mit der belebten Welt der romantischen Insel bekannt zu machen.

      Außer den mannigfaltigen Vögeln, vom Falken des Gebirges bis zum Pelekan des Strandfelsens, beschäftigte ihn besonders die Tierwelt der unterseeischen Gefilde. Reizend waren namentlich die Uferstellen, von welchen man auf die seichten Korallenbänke hinabschauen konnte, deren weißgelber Sand durch den flüssigen Krystall des Seewassers emporschimmerte. Zwischen den einzelnen mit lebenden Polypen versehenen Korallenstämmen sah man im bunten Gemisch Seesterne, Holothurien und Seeigel von wunderbarer Größe und Schönheit sich am Boden bewegen, während das beinahe zwanzig Fuß tiefe Küstenwasser, vollkommen durchsichtig wie Glas, in allen seinen Schichten von den prachtvollsten Fischen und Doriden, deren schönes Scharlachkleid mit einem glänzend weißen Mantelsaum verbrämt war, durchkreuzt wurde.

      Das fortwährende Kommen und Gehen, die ewig wechselnde Scenerie dieser submarinen, in allen Prismafarben glänzenden, metallisch schimmernden Lebensformen, das unermüdliche Auf – und Abfluten dieser sich stets neu gestaltenden Wasserwelt gab ein Schauspiel, wie es nur der Küstenbewohner der Tropen zu sehen bekommt. Die meisten der Fische wurden als höchst schmackhaft befunden und ebenso die Krebse und Krabben der mannigfaltigsten Arten, welche nicht allein in den unterseeischen Klüften der Felsenufer sich versteckten oder auf Korallenbänken auf Raub ausgingen, sondern auch alle durch die Waldthäler rieselnden Bäche belebten.

      Die


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