Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.. Томас Бабингтон МаколейЧитать онлайн книгу.
belobte ihn in den schmeichelhaftesten Ausdrücken, daß er es auf sich genommen habe, eine von ihren eigenen Behörden und Vertheidigern verlassene Stadt zu verwalten und zu vertheidigen, und trug ihm auf, Denen, welche unter ihm gefochten, zu sagen, daß ihre Treue und Tapferkeit den Gemeinen England’s stets in dankbarer Erinnerung bleiben werde.15
Edmund Ludlow
Um die nämliche Zeit brachte eine andre merkwürdige und interessante Episode, welche, wie die erstere, aus den Ereignissen des irischen Kriegs entsprang, eine kleine Diversion in den parlamentarischen Geschäftsgang. Im vergangenen Frühjahr, als jeder Bote aus Irland schlimme Nachrichten brachte und als Jakob’s Autorität in allen Theilen des Königreichs anerkannt war, ausgenommen hinter den Wällen von Londonderry und an den Ufern des Ernesee’s, war es natürlich, daß die Engländer sich erinnerten, mit welcher furchtbaren Energie die großen puritanischen Krieger der vorigen Generation den Aufstand des celtischen Stammes niedergeworfen hatten. Die Namen Cromwell’s, Ireton’s und der anderen Heerführer der siegreichen Armee waren in aller Munde. Einer von diesen Heerführern, Edmund Ludlow, war noch am Leben. Mit zweiundzwanzig Jahren war er als Freiwilliger in die Parlamentsarmee eingetreten und in seinem dreißigsten Lebensjahre war er zum Generalleutnant befördert worden. Jetzt war er alt, seine geistige Kraft aber war noch ungeschwächt. Sein Muth war vom besten Schlage, sein Verstand scharf, aber beschränkt. Was er sah, das sah er klar, aber er sah nicht viel auf einen Blick. Zu einer Zeit der Treulosigkeit und Unbeständigkeit hatte er trotz mannichfacher Versuchungen und Gefahren fest an den Grundsätzen seiner Jugend gehalten. Selbst seine Feinde konnten nicht in Abrede stellen, daß sein Leben consequent gewesen und daß er mit dem nämlichen Muthe, mit dem er gegen die Stuarts aufgetreten, auch gegen die Cromwells aufgetreten war. Nur ein Flecken haftete auf seinem Ruhme, und dieser Flecken war in den Augen der großen Mehrheit seiner Landsleute einer von denen, welche kein Verdienst aufwiegen und keine Zeit verwischen konnte. Sein Name und sein Siegel standen unter dem Todesurtheile Karl’s I.
Nach der Restauration fand Ludlow ein Asyl an den Ufern des Genfer Sees, wohin ihn ein andres Mitglied des hohen Gerichtshofes, Johann Lisle, der Gatte jener Alice Lisle, deren Tod einen unauslöschlichen Schandfleck auf das Gedächtniß Jakob’s II. geworfen, begleitete. Doch selbst in der Schweiz waren die beiden Königsmörder nicht sicher. Es wurde ein hoher Preis auf ihre Köpfe gesetzt, und eine Reihe irischer Abenteurer, durch nationalen und religiösen Haß entflammt, versuchte es, den Blutpreis zu verdienen. Lisle fiel von der Hand eines dieser Mörder, Ludlow aber entrann glücklich allen Machinationen seiner Feinde. Ein kleines Häuflein heftiger und entschlossener Whigs zollte ihm eine Verehrung, die sich mit den Jahren steigerte, und ließ ihn als den fast einzigen, sicherlich als den berühmtesten Ueberlebenden eines mächtigen Stammes von Männern, den Siegern in einem furchtbaren Bürgerkriege, den Richtern eines Königs und Gründern einer Republik, zurück. Mehr als einmal war er von den Feinden des Hauses Stuart eingeladen worden, sein Asyl zu verlassen, ihr Feldherr zu werden und das Signal zum Aufstande zu geben, er aber hatte es weislich abgelehnt, sich an den verzweifelten Unternehmungen zu betheiligen, über welche die Wildman und Ferguson unablässig brüteten.16
Die Revolution eröffnete ihm eine neue Aussicht. Das Recht des Volks, sich der Tyrannei zu widersetzen, ein Recht, das viele Jahre hindurch Niemand geltend machen konnte, ohne sich kirchlichen Anathemen und bürgerlichen Strafen auszusetzen, war von den Ständen des Reichs feierlich anerkannt und durch Herolde auf der nämlichen Stelle proklamirt worden, wo man vierzig Jahre früher das denkwürdige Schaffot errichtet. Jakob war zwar nicht, wie Karl, den Tod des Verräthers gestorben, doch schien die Strafe des Sohnes sich mehr dem Grade als dem Prinzipe nach von der des Vaters zu unterscheiden. Die, welche kürzlich Krieg gegen einen Tyrannen geführt, ihn aus seinem Palaste vertrieben, ihn aus seinem Lande verstoßen, ihn seiner Krone beraubt hatten, meinten wahrscheinlich, daß das Verbrechen, noch einen Schritt weiter gegangen zu sein, durch eine dreißigjährige Verbannung hinlänglich gesühnt sei. Ludlow’s Verehrer, von denen einige sehr hohe öffentliche Stellungen bekleideten, versicherten ihm, daß er es getrost wagen könne, über den Kanal zu kommen, daß er sogar erwarten dürfe, mit einem hohen Commando nach Irland geschickt zu werden, wo sein Name bei seinen Soldaten und deren Kindern noch immer in liebevollem Andenken stehe.17 Er kam, und zu Anfang Septembers erfuhr man, daß er in London war.18 Allein es zeigte sich bald, daß er und seine Freunde sich in der Stimmung des englischen Volks geirrt hatten. Alle, mit Ausnahme einer kleinen extremen Section der Whigpartei, betrachteten den Act, in welchem er eine unvergeßliche Rolle gespielt hatte, nicht nur mit der einer groben Verletzung des Gesetzes und der Gerechtigkeit gebührenden Mißbilligung, sondern mit einem Abscheu, wie ihn selbst die Pulververschwörung nicht erregt hatte. Das alberne und fast gottlose Gebet, das noch heute am 30. Januar in unseren Kirchen verlesen wird, hatte in den Gemüthern des großen Haufens eine wunderliche Ideenverbindung hervorgerufen. Die Leiden Karl’s wurden den Leiden des Erlösers der Menschheit gleichgestellt, und jeder Königsmörder war ein Judas, ein Kaiphas oder ein Herodes. Allerdings war Ludlow, als er in dem Tribunal zu Westminster Hall saß, ein heißblütiger Enthusiast von achtundzwanzig Jahren, und jetzt kehrte er als ein siebzigjähriger Greis aus dem Exil zurück. Hätte er sich demnach damit begnügt, in strenger Zurückgezogenheit zu leben und die Oeffentlichkeit zu meiden, so würden vielleicht selbst eifrige Royalisten dem alten Republikaner ein Grab in seinem heimathlichen Boden nicht mißgönnt haben. Allein er dachte gar nicht daran, sich zu verbergen. Man erzählte sich bald, daß einer von den Mördern, welche auf England eine Schuld gebracht hätten, wegen der es alljährlich im Bußgewande Gott bitte, daß er darüber nicht mit ihm richten möge, in den Straßen seiner Hauptstadt einherstolzire und sich rühme, daß er über kurz oder lang seine Armee commandiren werde, seine Wohnung sollte angeblich das Hauptquartier der angesehensten Feinde der Monarchie und des Episkopats sein.19 Die Sache kam vor das Haus der Gemeinen. Die toryistischen Mitglieder forderten laut, daß an dem Verräther Gerechtigkeit geübt werde, und keiner der Whigs wagte es, ein Wort zu seiner Vertheidigung zu sagen. Einige wenige äußerten zwar schüchtern Zweifel, ob die Thatsache seiner Zurückkunft durch solche Zeugen bewiesen sei, die ein parlamentarisches Verfahren rechtfertigen; aber der Einwand wurde nicht beachtet und ohne Abstimmung beschlossen, daß der König ersucht werden solle, einen Fahndungsbefehl gegen Ludlow zu erlassen. Seymour überreichte die Adresse und der König versprach, dem Verlangen zu willfahren. Es vergingen jedoch einige Tage, ehe die Bekanntmachung erschien.20 Ludlow hatte Zeit, zu entkommen und er verbarg sich wieder in seinem Alpenschlupfwinkel, um nie wieder hervorzukommen. Englische Reisende besuchen noch heute sein dicht am See gelegenes Haus und sein Grab in einer Kirche zwischen den Weingärten, welche die kleine Stadt Vevay umgeben. An dem Hause war früher eine Inschrift zu lesen, welche besagte, daß Demjenigen, der Gott zum Vater habe, jedes Land ein Vaterland sei,21 und das Epitaph auf dem Grabe bezeugt noch die Gefühle, mit denen der strenge alte Puritaner das irische Volk und das Haus Stuart betrachtete.
Heftigkeit der Whigs
Tories und Whigs hatten dazu beigetragen, Walker zu ehren und Ludlow ein Brandmal aufzudrücken, oder sie hatten wenigstens so gethan. Aber die Fehde zwischen den beiden Parteien war heftiger als je. Der König hatte die Hoffnung genährt, daß die Animositäten, welche in der vorhergehenden Session die Annahme einer Indemnitätsacte verhindert hatten, während der Ferien sich einigermaßen gelegt haben würden. An dem Tage, an welchem die beiden Häuser wieder zusammentraten, hatte er sie dringend aufgefordert, der Angst und Uneinigkeit ein Ende zu machen, welche nothwendig fortbestehen mußten, so lange eine große Anzahl Leute ihres Eigenthums und ihrer Freiheit, nicht wenige selbst ihres Lebens nicht sicher seien. Seine Ermahnung blieb jedoch fruchtlos. October, November und December vergingen, und noch war nichts gethan. Es war zwar eine Indemnitätsbill eingebracht und einmal verlesen worden; seitdem aber hatte sie beständig vernachlässigt auf dem Tische des Hauses gelegen.22 So erbittert die Stimmung gewesen war, in der die Whigs Westminster verlassen hatten, die Stimmung, in der sie zurückkehrten, war noch erbitterter.
15
Commons’ Journals Nov. 18. 19. 1689 und Grey’s Debates.
16
Wade’s Confession, Harl. MS. 6845.
17
Siehe die Vorrede zur ersten Ausgabe seiner Memoiren, Vevay, 1698.
18
„Oberst Ludlow, ein alter Oliverianer und einer von den Richtern Karl’s I., ist kürzlich aus der Schweiz in diesem Königreiche angelangt.” Narcissus Luttrell’s Diary, Septbr. 1689.
19
Third Caveat against the Whigs, 1702.
20
Commons’ Journals Nov. 6. 8. 1689.; Grey’s Debates; London Gazette, Nov. 18.
21
„Omnia solum forti patria, quia patris.” Siehe Addison’s Travels. Es ist ein bemerkenswerther Umstand, daß Addison, obgleich ein Whig, von Ludlow in einem Tone spricht, der sich besser für einen Tory geziemt haben würde, und über die Inschrift als scheinheiliges Geschwätz spottet.
22
Commons’ Journals, Nov. 1. 7. 1689.