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Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman. Kathrin SingerЧитать онлайн книгу.

Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer


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Der Opa sagt, zum Küssen habt ihr nachher noch eine ganze Ewigkeit Zeit!«

      Da umarmte Bettina den Jungen, dem sie ihr Glück verdankte, und küsste ihn stürmisch auf beide Wangen und mitten auf den Mund.

      Tobias aber wischte mit dem Handrücken die Lippen ab und meinte trocken: »Opa und ich, wir knutschen und küssen nicht so gerne, wir sind richtige Männer.«

Zweifaches Glück auf dem Birkenhof

      Die junge Reiterin sah den Weg hinunter, riss die Augen weit auf und gab ihrem Pferd die Sporen. Dabei jubelte sie: »Mathias, du bist heute doch gekommen!« Sie zog die Zügel des Pferdes so fest an, dass es sich leicht aufbäumte. Doch da war Imma von Herwig schon abgesprungen und landete in den ausgebreiteten Armen Mathias’. Sie küssten sich stürmisch, und der große, drahtige Mathias sagte: »Ja, Imma, ich habe die ganze Woche gebüffelt, um mit meinem Abschlussexamen nicht ins Schleudern zu geraten und das Wochenende mit dir auf dem Birkenhof verbringen zu können. In München hätte ich es vor Sehnsucht nach dir nicht ausgehalten. Mein Glück liegt eben hier im Allgäu. Aber bald werde ich ja für immer bei dir sein können als Tierarzt und als dein Mann.«

      Immas Augen strahlten, sie liebte Mathias Simon sehr. »Ich habe auch eine Überraschung für dich, Mathias«, sagte sie. »Du wirst staunen – unser Tierarzt in Bachhausen stellt dich nach deinem Examen ein. Das hat er mir versprochen.«

      Mathias fasste Imma um die Taille und schwenkte sie übermütig im Kreis. Als er sie wieder auf die Füße stellte, strich er ihr zärtlich über die Wangen. »Wie tüchtig du bist mit deinen vierundzwanzig Jahren. Obwohl du dich auf dem Birkenhof so plagen musst, um dir eine Pferdezucht aufzubauen, hast du mir auch noch eine Stelle verschafft.«

      »Blanker Egoismus.« Imma lachte, während sie weitergingen und das Pferd hinter ihnen dreinzottelte. »Ich will dich doch bald bei mir haben. Dann erst wird das Leben auf dem Birkenhof so schön sein, wie ich es mir erträume.«

      »Aha«, neckte Mathias, »der alte Karl genügt dir nicht mehr.«

      »Sag nichts gegen Karl, Mathias. Du weißt, dass ich es ohne ihn hier nicht schaffen würde. Er ist der Treueste der Treuen, Faktotum für alles und mein Vertrauter. Er wird nie vergessen, dass er mich schon als Kind beschützt hat, als wir noch auf dem Gut am Chiemsee waren.« Flüchtig legte sich ein Schatten über Immas Gesicht.

      »Bist du noch immer traurig, dass ihr das Gut verloren habt? Durch die Schuld deines Vaters?«, fragte Mathias.

      »Nein, traurig bin ich deshalb nicht mehr«, sagte Imma, »manchmal stimmt es mich nur etwas wehmütig. Das wird allen Menschen so gehen, die den Platz ihrer Kindheit und Jugend verloren haben. Ich möchte auch nicht, dass du meinen Vater so beschuldigst. Ja, er war leichtfertig und hat sich um das Gut kaum noch gekümmert, aber das kam nur daher, dass er Mutters Tod nicht verwinden konnte.«

      »Aber du hast es schwer mit deinem Vater, Imma. Die meiste Zeit ist er bei deiner Tante und deinem Onkel auf Gut Bodenwerder im Taunus. Er ist ein Eigenbrötler geworden, der auch nicht mehr mit zupacken will trotz seiner erst sechzig Jahre. Du bekommst das doch auch immer wieder zu spüren, wie lebensuntüchtig er ist, sobald er dich besucht.«

      »Ja, das stimmt«, gab Imma zu, »aber ich liebe ihn trotzdem. Übrigens wird er in den nächsten Tagen kommen. Vielleicht ist er schon unterwegs, und ihr könnt euch noch sehen.«

      »Wahrscheinlich nicht, Imma, ich muss morgen früh schon nach München zurück, hoffe aber, das ganze nächste Wochenende bei dir verbringen zu können. Dann werde ich ja deinen Vater sehen.« Mathias lachte. »Und wieder mitkriegen, wie sich der gute alte Karl mit ihm anlegt.«

      Auch Imma lachte. »Ja, das passiert jedes Mal. Karl provoziert meinen Vater ordentlich, weil er ihm Gutsherrenmanieren vorwirft. Ich will aber über meinen Vater nicht lästern. Immerhin hat er mir mit dem, was nach dem Verkauf des Gutes noch blieb, ermöglicht, mir den Birkenhof zu kaufen. Aber schau, da steht Karl vor dem Haus. Er hat schon entdeckt, mit wem ich komme, und er freut sich mit mir.«

      Wirklich begrüßte Karl den angehenden Tierarzt sehr herzlich. Am Abend saß er mit dem jungen Paar bei einer Flasche Wein im Wohnzimmer, als seien sie eine kleine Familie.

      Es war schon spät, als Imma und Mathias unter einem sternenklaren Himmel zur Koppel gingen. Dort schmiegte sich die junge Frau in die Arme des geliebten Mannes, als sie sagte: »Meine Pferde – unsere Pferde, Mathias, fühlen sich hier so wohl, und bald werden wir das erste Fohlen haben. Wir schaffen das gemeinsam, hier ein Gestüt aufzubauen.«

      Mathias kannte Immas Leidenschaft, und sie hatte ihn damit schon angesteckt. Auch er freute sich über jeden Fortschritt, den sie im Birkenhof verbuchen konnte.

      Sie verbrachten noch wunderschöne Stunden, und der Abschied am nächsten Morgen fiel ihnen nicht schwer. Sie freuten sich schon auf das nächste Wochenende.

      *

      Zur selben Zeit saß Immas Vater Eugen von Herwig im Zug. Er war aus dem Taunus von dem Gut seiner Verwandten gekommen, in München umgestiegen und langweilte sich jetzt auf der Fahrt nach Bachhausen.

      Umso erfreuter war er, als ein junger Mann ins Abteil kam. Er setzte eine Tragetasche ab, in dem ein kleines Mädchen saß. Es hatte ein volles Gesicht, rote Wangen, eine Stupsnase und große schwarze Augen.

      Eugen von Herwig verstand nicht viel von kleinen Kindern, aber das weiße Strickjäckchen und die weiße Mütze mit dem dicken Ponpon obendrauf kamen ihm für diese Jahreszeit doch etwas zu warm vor.

      Der junge Mann war groß, sehr leger gekleidet, schlank, und er hatte volles braunes Haar und graue Augen. Er wirkte verstört.

      Das fiel Eugen von Herwig nicht sonderlich auf, weil seine Blicke immer wieder von dem niedlichen Kind abgezogen wurden. Schließlich fragte er: »Ist es nicht schwer für einen Mann, mit einem so kleinen Kind zu reisen?«

      »Sie ist ja so brav«, sagte er stockend.

      »Müssen Sie weit fahren?«

      »Ja – nein, nicht gar so weit. Wohin fahren Sie?« Diese Frage hörte sich an, als sei sie nur aus Höflichkeit gestellt worden, aber der junge Mann sah Eugen von Herwig forschend an. »Sie sind wohl nicht aus dieser Gegend?«

      »Ich lebe im Taunus.« Er wurde gesprächig und erzählte von dem großen Gut, auf dem er sich die meiste Zeit aufhielt.

      Dass er damit bei dem Fremden den Eindruck erweckte, ihm gehöre dieses Gut Bodenwerder, lag nicht in seiner Absicht.

      »Sind Sie alleinstehend?«, forschte der junge Mann jetzt.

      »O nein, ich habe eine Tochter.« Eugen von Herwig berichtete stolz von Imma, ohne davon zu sprechen, dass sie nicht mit ihm zusammenlebte. »Sie liebt Pferde über alles und ist eine glänzende Reiterin.« Er beugte sich vor und strich dem Kind über die Wange. »Meine Imma liebt auch Kinder sehr. Sie wird einmal eine gute Mutter werden.« Er lehnte sich wieder zurück. »Obwohl es mir schwerfällt, daran zu denken, dass meine Tochter bald heiraten und selbst Kinder haben wird. Wenn ich Ihr kleines Mädchen sehe, fühle ich mich in die Vergangenheit versetzt. So lieb und niedlich wie Ihr Töchterchen war meine Imma auch!«

      Er lächelte leicht. Nach einer Weile sprach er weiter: »Entschuldigen Sie, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Eugen von Herwig.«

      »Ich heiße – Heinz Schmidt«, sagte der junge Mann wieder stockend. Er stand plötzlich auf.

      Der Zug hatte gerade an einer kleinen Station gehalten. Der junge Mann lief zur Abteiltür. »Bitte, achten Sie ein paar Minuten auf das Kind, Herr von Herwig. Ich komme gleich wieder. Ich muss nur am Bahnhofskiosk schnell etwas holen.«

      Er riss die Tür auf, blieb dann jedoch im Gang stehen, zog einen Zettel und einen Kugelschreiber aus der Tasche und schrieb in aller Hast einige Zeilen. Danach kehrte er wieder zurück und steckte den Zettel in die Tragetasche.

      »Jetzt


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