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Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman. Kathrin SingerЧитать онлайн книгу.

Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer


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Sie ritt auf dem kürzesten Weg nach Bachhausen. Dieser Weg führte sie quer über die Felder. Sie schonte weder ihr Pferd noch sich. Zu groß war die Angst um Petras Mutter.

      In dem Doktorhaus am Rand von Bachhausen wohnte das Ehepaar Weide. Beide waren Mediziner.

      Dr. Weide erbot sich sofort, in die Schlehdorn-Mühle zu fahren. Aber seine Frau bat: »Lass mich fahren. Du warst den ganzen Nachmittag unterwegs, und es ist zu befürchten, dass du noch einmal zu Frau Brandner musst. Du meintest doch, dass ihr Kind heute Nacht kommen könnte. Sie ist an dich gewöhnt.«

      »Also gut.« Dr. Weide gab seiner Frau einen Kuss und begleitete sie bis zum Wagen.

      Imma war schon vorausgeritten. Wenn sie sich beeilte, würde die Ärztin nicht früher in der Schlehdorn-Mühle sein als sie, weil sie mit dem Wagen einen etwas weiteren Weg hatte.

      Imma ritt am Birkenhof vorbei. Als ihr Vater vor das Haus trat, rief sie ihm zu: »Macht euch keine Sorgen um mich, wenn ich heute Nacht nicht nach Hause kommen sollte.« Sie erzählte schnell, was in der Schlehdorn-Mühle passiert war. »Ich werde bei Ingrid Pleyer bleiben, wenn Frau Dr. Weide das für nötig hält. Überdies kann man die kleine Petra nicht mit der kranken Mutter allein lassen.«

      Zum ersten Mal seit langer Zeit machte Eugen von Herwig wieder einmal ein wehleidiges Gesicht.

      »Wir zwei Männer aber sollen mit einem kleinen Kind hier allein bleiben, Imma, was?«, murrte er.

      »Ihr seid doch so tüchtig und selbstständig, Karl und du, Vater. Nimm Katrin später mit in dein Zimmer, damit sie nicht beunruhigt ist. Ich muss jetzt unbedingt zur Schlehdorn-Mühle!«

      Eugen von Herwig sah kummervoll seiner Tochter nach. Als Karl vor das Haus trat, beklagte er sich, dass Imma heute Nacht nicht nach Hause kommen würde.

      »Wir beide werden schon mit allem fertig, Herr von Herwig. Allerdings werden Sie mir morgen früh bei den Pferden helfen müssen. Beruhigen Sie sich, ich zeige Ihnen, was Sie nicht können.«

      Eugen von Herwig maß Karl mit einem vorwurfsvollen Blick. »Als ehemaliger Gutsbesitzer werde ich wohl selbst wissen, wie ich mit Pferden umzugehen habe.«

      Karl lachte. In der letzten Zeit hatte er den Groll gegen seinen ehemaligen Herrn immer mehr vergessen. »Aber ich wette, dass Sie noch nie ein Pferd gefüttert oder gestriegelt haben. Das hätte Sie doch auf dem Gut kein Pferdebursche machen lassen.«

      »Als junger Mann habe ich das alles gelernt. Darauf bestanden meine Eltern.«

      »Dann frischen Sie Ihre Kenntnisse auf. Ich glaube, es wird höchste Zeit. Wie man ein kleines Kind behandelt, das haben Sie ja auch wieder gelernt. Und ich muss sagen: Hut ab! Sie gehen so geschickt mit unserer kleinen Katrin um, dass sich mancher junge Vater ein Beispiel an Ihnen nehmen könnte.«

      Dieses Lob machte Eugen von Herwig stolz. Er vergaß, weiter darüber zu klagen, dass Imma in der Schlehdorn-Mühle bleiben wollte, und ging ganz schnell zu seinem geliebten Schützling zurück.

      *

      Immas Hilfe wurde in der Schlehdorn-Mühle nicht gebraucht. Die Ärztin bestand darauf, dass Ingrid Pleyer sofort ins Krankenhaus gebracht wurde. Sie hatte wirklich eine gefährliche Blutvergiftung. Ohne ärztliche Hilfe wäre sie verloren gewesen.

      Imma war sehr aufgeregt. Sie dachte daran, was passiert wäre, wenn sie sich heute Abend nicht dazu entschlossen hätte, zur Schlehdorn-Mühle zu reiten. Die kleine Petra hätte die Gefahr nicht erkannt, in der ihre Mutter schwebte. Ingrid Pleyer wäre durch das hohe Fieber sicher immer apathischer geworden und hätte wohl auch nicht gewagt, ihr Kind in der Nacht nach Hilfe zu schicken.

      Petra war verzweifelt. Immer wieder sagte sie: »Ich kann Mutti doch pflegen! Warum muss sie ins Krankenhaus?«

      Ingrid tröstete ihr Kind, weil sie nun erkannt hatte, in welcher Gefahr sie schwebte. Dankbar sah sie Imma an.

      »Wollen Sie Petra wirklich mit auf den Birkenhof nehmen?«

      »Das ist doch selbstverständlich, und Sie brauchen sich auch keine Sorgen zu machen. In der Mühle schaut Karl nach dem Rechten, solange Sie im Krankenhaus sind, und Petra bringe ich morgen zu Frau Langen. Nicht, weil ich sie gleich wieder los sein will, sondern weil sie sich schon so lange gewünscht hat, mehrere Spielgefährten zu haben. Bei Frau Langen sind vier Enkelkinder zu Besuch.«

      Die Ärztin fuhr mit ihrem Auto zur nächsten Telefonzelle, um einen Krankenwagen zu rufen. Dann kam sie in die Schlehdorn-Mühle zurück und wartete, bis Ingrid Pleyer abtransportiert wurde.

      Petra und Imma hatten ihr eine Tasche gepackt und standen jetzt neben dem Krankenwagen. »Morgen wird Frau Langen mit Petra gewiss zu Ihnen kommen, Ingrid«, meinte Imma. »Bitte, sorgen Sie sich um nichts.«

      Ingrid Pleyer hatte Tränen in den Augen. »Gerade jetzt muss mir das passieren, wo ich einige größere Aufträge bekommen hätte.«

      »Die werden wir ausführen.« Das sagte Imma sehr bestimmt. »Verlassen Sie sich auf Karl. Er kann alles, wenn es zu helfen gibt. Er wird sich schon Leute holen, die vom Mühlenbetrieb mehr verstehen als er.«

      Die Ärztin drängte zum Aufbruch. Es war keine Zeit zu verlieren. Nur sie wusste, wie groß die Gefahr für Ingrid Pleyer war.

      »Morgen besuche ich dich, Mutti. Sei nicht traurig, du wirst bald wieder bei mir sein.« Noch einmal küsste die kleine Petra ihre Mutti, dann drückte sie sich fest an Imma.

      Wenig später sahen sie dem Krankenwagen nach. Die Ärztin fuhr voraus. Sie wollte Ingrid Pleyer ins Krankenhaus begleiten, um dort mit den Ärzten sprechen zu können.

      »So, und du holst jetzt deinen Simmerl aus dem Stall«, sagte Imma mit fester Stimme, obwohl ihr ängstlich zumute war. »Wir haben versprochen, dass er heute auf den Birkenhof kommt. Noch ist es Zeit, dieses Versprechen einzuhalten.«

      »Es wird aber gleich finster sein, Imma«, meinte Petra.

      »Macht uns das etwas aus? Wir finden auch im Dunkeln zum Birkenhof.« Imma wanderte durch das Haus, um sich zu vergewissern, dass alle Fensterläden geschlossen waren.

      Als sie Petra draußen auf Simmerl einreden hörte, ging sie hinaus. »Kleidung holen wir morgen für dich, Petra. Du weißt am besten, wo alles zu finden ist, heute wollen wir keine Zeit mehr vertrödeln.«

      Der Haflinger Simmerl war zwar schon recht betagt, aber er sah gepflegt aus, und noch merkte man ihm nicht an, dass Ingrid Pleyer seine Futterration hatte kürzen müssen. Das braune Fell glänzte, und sein heller Schweif und die dicke Mähne waren sorgfältig gekämmt.

      Petra betrachtete ihn stolz. »Ist er nicht ein schönes Pferd, Imma?«, fragte sie. »Ich versorge Simmerl ganz allein. Ich habe ihn immer gefüttert und gestriegelt.« Sie zupfte Imma an der Bluse. »Weißt du auch, dass ich reiten kann?«

      »Ja, das weiß ich, Petra. Ich habe dich doch schon auf Simmerls Rücken gesehen. Aber wir laufen jetzt zu Fuß und nehmen die Pferde am Zügel.«

      »Mutti sagt, Simmerl ist kein Reitpferd, weil er früher in der Mühle meistens nur den Wagen ziehen musste, aber bei mir war er immer brav. Er würde mich sehr vermissen, wenn wir ihn verkauft hätten. Vielleicht wäre er vor Heimweh gestorben. Er war doch immer nur in unserer Mühle.«

      »Dorthin wird er auch zurückkommen, Petra.« Imma ging etwas schneller.

      Petra musste mit Simmerl hinter ihr bleiben, weil der Weg durch den Wald zu schmal war. Sie fragte jetzt: »Glaubst du, dass Mutti schnell wieder gesund wird, Imma?«

      »Ja, das glaube ich«, rief Imma über die Schulter. Sie war erleichtert, dass sie dem Kind dabei nicht in die Augen zu sehen brauchte.

      Sie war in großer Angst um Ingrid Pleyer. Das sorgenvolle Gesicht Frau Dr. Weides hatte ihr viel verraten.

      Die Nacht war noch so warm, dass die Pferde auf der Koppel bleiben konnten.

      Imma drängte: »Schnell ins Haus, Petra. Es wird höchste Zeit für dich, zu Bett zu gehen. Sicher hast du in


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