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Der goldene Esel. Lucius ApuleiusЧитать онлайн книгу.

Der goldene Esel - Lucius  Apuleius


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in Augenschein zu nehmen, und fragt mich: »Wie viel hast du für den Schund gegeben?« – »Mit Müh und Not«, gebe ich zur Antwort, »hat ihn mir der Fischer noch für zwanzig Denare gelassen.« – Als er das hörte, nahm er mich bei der Hand und führte mich schnurstracks wieder auf den Markt zurück. »Von wem«, sprach er da, »hast du den Bettel gekauft?« – Ich zeigte ihm meinen Mann, der auf einer Ecke feilbot. Sogleich fährt er diesem mit greller Stimme in völligem Amtseifer auf den Hals. – »Nun«, sprach er, »nun schont Ihr auch keinen Freund mehr, geschweige einen Fremden! Ist das wohl erlaubt, die Leute so unverschämt über den Tisch zu ziehen und für solch elendes Zeug von Fischen so viel zu fordern? Wollt Ihr denn mit Eurer gottlosen Überteuerung der Lebensmittel Thessaliens blühendste Stadt durchaus so öde wie einen Fels oder eine Sandwüste machen? Aber das soll Euch nicht ungestraft durchgehen! Ich will Euch zeigen, wie man Schurken, wie Ihr es seid, in meinem Amt züchtigen kann.« Damit schüttet er alle meine Fische mitten auf die Gasse hin, und ein Scherge muss sich hinstellen und sie mit Füßen treten. Nach dieser exemplarischen Strenge wendet sich Freund Pytheas, höchst mit sich selbst zufrieden, wieder zu mir. – »Jetzt«, sprach er, »verweile ich nicht länger bei dir, lieber Lucius, lass dich von nichts abhalten, die öffentliche Beschimpfung dieses Betrügers ist mir nun schon genug.«

      Ganz bestürzt und erstaunt über dieses höchst weise Verfahren meines wohlehrsamen Herrn Mitschülers, welches mich so um mein Geld und meine Mahlzeit brachte, begab ich mich hierauf in das Bad und von da wieder in die Wohnung des Milo, in mein Zimmer. Alsbald kam Fotis, mich zum Essen zu rufen. Weil ich aber die Ausstattung ihrer Herrschaft schon kannte, so lasse ich mich sehr höflich entschuldigen: Ich wäre von meiner Reise mehr müde als hungrig. Auf dieses Kompliment kommt Milo selber, mich zu holen. Er nötigt mich auf das Dringendste und reißt mir ganz, wie man zu sagen pflegt, den Ärmel aus, um mitzukommen; da ich mich aber immer mit großer Bescheidenheit weigere und es durchaus nicht tun will, so sagt er endlich: »Ich weiche nicht eher von Ihnen, bis Sie mich begleiten!« und bekräftigt dies noch mit einem großen Schwur. So ungern ich’s auch tat, musste ich nun doch schon nachgeben. Ich gehe also mit zu ihm hinüber.

      Wir setzen uns aufs Bett, und sogleich fängt er an: »Nun, wie geht es denn unserem Demeas? Wie geht’s seiner Frau? Was machen seine Kinder? Wie steht’s um sein Gesinde?« – Ich gebe ihm von allem und jeglichem umständlichen Bericht. Hierauf geht das Fragen los: Warum, in welcher Absicht, auf wie lange und wohin ich denn eigentlich diese Reise unternommen hätte? Als ich ihm auch dies alles getreulich beantwortet habe, so nimmt er mich über mein Vaterland in Verhör; erkundigt sich nach allen darin angesehenen Familien auf das Genaueste, und wie wir damit fertig sind, muss endlich auch sogar der Statthalter in gehörigem Maß herhalten. Kurz, er trieb es so lange, bis er sah, dass mich die Müdigkeit von meiner Reise und seinem ewigen Gespräch ganz im Griff hatte, dass ich mitten in der Rede vor Schlaf stockte und stotterte und stammelte und gar nicht mehr wusste, was ich sprach, dann hob er an: »Ei wirklich, sind Sie doch auch so müde von Ihrer Reise, dass Sie nicht einmal mehr das Essen abwarten können! Das tut mir ja leid, aber zwingen Sie sich meinetwegen nicht. Machen Sie keine Umstände, gehen Sie, gehen Sie nur und legen Sie sich aufs Ohr.« – Damit entließ er mich, und froh, dass ich nur des filzigen Alten Plauder- und Hungermahl entkam, taumelte ich schlaftrunken, aber mit leerem Magen (denn kahle Gespräche machen nicht satt) auf mein Zimmer zurück und ergab mich der sehnlich erwünschten Ruhe.

      Zweites Buch

      Sobald die aufgehende Sonne die Nacht verscheucht und einen neuen Tag gebracht hatte, erwachte ich und verließ mein Bett voll ängstlicher Begierde, um die Seltenheiten und Wunder der Stadt zu sehen. Der Gedanke, dass ich mich mitten in Thessalien, der Magie weltbekannter Heimat, befände, und die Erzählung, wozu diese Stadt den ehrlichen Aristomenes veranlasst hatte, befeuerten meine ohnehin heiße Phantasie noch mehr, und mit höchst gespannter Neugier staunte ich links und rechts alles mit großen Augen an.

      Es war in ganz Hypata nichts, was ich für das, was es war, angesehen hätte. Alles und jedes musste durch Hexerei in eine andere Gestalt verwandelt worden sein. Sogar die Steine, die ich fand, hielt ich für vormalige Menschen. Die Vögel, die ich singen hörte, die Bäume, die im Zwinger standen, die Brunnen in den Gassen schienen mir alle ebenso sehr befiederte, belaubte, zu Wasser zerflossene Menschen zu sein. Ja, ich erwartete, dass Bilder und Statuen einherspazieren, Wände reden, Ochsen und Vieh weissagen und vom Himmel herab auf einmal aus der Sonnenscheibe Göttersprüche erschallen sollten.

      So in schwärmerischen Vorstellungen entzückt oder vielmehr von übernatürlichen Wünschen verrückt, ging ich schwindelig umher, ohne auch nur ein Anzeichen oder überhaupt eine Spur von alledem anzutreffen, was ich mir einbildete.

      Ich taumelte wie ein Betrunkener Straße auf, Straße ab, bis ich endlich ganz unvermutet auf den Marktplatz komme.

      Ein Frauenzimmer, von sehr vielen Bedienten umgeben, zog da meinen Blick auf sich, und ich beschleunigte meine Schritte, um sie einzuholen. Kostbarer Schmuck und goldbestickte Kleider verrieten in ihr eine sehr vornehme Frau. Zu ihrer Seite befand sich ein Herr, schon ziemlich in die Jahre gekommen.

      Dieser bemerkte mich und rief sogleich: »Beim Herkules, das ist ja Lucius!«

      Er umarmte mich sogleich und raunte dann der Dame, ich weiß nicht was, ins Ohr.

      »Wollen Sie nicht«, sprach er jetzt, »näher herankommen und hier eine Anverwandte begrüßen?«

      »Ich weiß nicht, ob ich es wagen darf, da ich nicht die Ehre habe, sie zu kennen«, antwortete ich und blieb stehen, indem ich errötend die Augen niederschlug.

      Die Dame lenkte ihre Blicke auf mich und sagte: »In der Tat, das ist der Sohn der vortrefflichen Salvia! Sie leibt und lebt in ihm. Ist doch sein ganzer Körper in unaussprechlichem Ebenmaß gebildet! Just die rechte Größe, die rechte Stärke! Welch eine sanft gemischte Gesichtsfarbe! Welch natürlich gelocktes blondes Haar! Die blauen Augen, wie voller Leben, voller Feuer, gleich den Augen des Adlers! Wie schön in allem. Sieh! Wie edel, wie ungezwungen sein ganzes Wesen! Ich freue mich, Sie wiederzusehen, mein lieber Lucius«, redete sie mich endlich an, indem sie auf mich zukam. »Oft genug habe ich Sie sonst auf meinen Armen getragen; denn Sie sehen in mir eine Blutsverwandte Ihrer Mutter, die mit mir zusammen aufgezogen worden ist. Wir stammen beide von Plutarchs Geschlecht ab und sind dazu Milchschwestern. In geschwisterlicher Eintracht und Gleichheit sind wir miteinander aufgewachsen, und nur unsere Verehelichung hat einen Unterschied zwischen uns gemacht, da sie einen vornehmen, ich aber einen Privatmann geheiratet habe. Ich bin die Byrrhenna, deren Namen Sie vielleicht oft von Ihren Erziehern gehört haben. Sie sind mir höchst willkommen, lieber Lucius, und Sie dürfen das Gastrecht nirgends anders als bei mir nehmen!«

      Da sich während ihrer Rede meine Röte und Verlegenheit wieder verloren hatten, so antwortete ich:

      »Für diesmal muss ich es ausschlagen, liebe Tante! Ich würde sonst meinen Wirt Milo beleidigen, der mich sehr höflich bei sich aufgenommen hat. Doch sooft ich künftig wieder hierher reise, soll mir gewiss nichts angelegener sein, als dieser Gastfreundschaft unbeschadet Ihren Befehlen zu gehorchen und bei Ihnen abzusteigen.«

      Unter diesen und anderen gegenseitigen Komplimenten gelangten wir zu Byrrhennas Wohnung, die nur wenige Schritte entfernt war. Ich wurde in einen überaus schönen Saal geführt.

      In jeder der vier Ecken desselben stand eine Säule mit einer Victoria. Die Flügel ausgebreitet, den einen ihrer rosigen Füße zum eilenden Schritt vorgestreckt und mit der Spitze des andern eine rollende Kugel kaum noch berührend, schien die Göttin jetzt emporzufliegen.

      Mitten im Saal prangte eine Diana aus parischem Marmor. Man kann nichts Herrlicheres sehen! In vollem Lauf, das Gewand flatternd im Wind, fällt sie gleich beim Hereintreten ins Auge und jagt durch überirdische Majestät Ehrfurcht und Schrecken ein. Hunde, aus demselben Steine gebildet, sitzen zu ihren Seiten. Drohend blicken sie um sich, recken die Ohren, halten die erweiterten Nasenlöcher in die Höhe, schnuffeln und schnaufen, und erschallt aus der Nachbarschaft irgendein Gebell, so glaubt man, es aus ihren Marmorrachen zu hören. Worin sich aber der vortreffliche Bildner am meisten hervorgetan hat, das ist die Stellung dieser Tiere. Gleichsam in völligem Sprung


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