Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
zu deuten. Parker fragte sich, ob es richtig war, sich an einen Fachmann zu wenden. Vielleicht an einen Ingenieur oder noch besser, an einen Patentanwalt.
Parker nickte. Ein Patentanwalt, das war die Lösung. Und je schneller erfuhr, was die Unterlagen darstellten, desto gründlicher konnte er seine Vorbereitungen treffen. Parker rechnete gerade jetzt nämlich mit weiteren Schwierigkeiten.
»Zur Industrie- und Handelskammer«, rief er dem Fahrer des Taxis zu. »Und ich habe absolut nichts dagegen, wenn Sie sich etwas beeilen.«
Parker sah durch das Rückfenster hinaus auf die Straße. Wurde er verfolgt? Oder hatten die beiden Gangstergruppen seine Spur verloren? Gönnte man ihm ungewollt eine kleine Atempause?
Parker fand aber doch nicht heraus, ob man ihn in Ruhe ließ. Er mußte es einfach darauf ankommen lassen.
*
Im Haus der Industrie- und Handelskammer fand Parker den gewünschten Patentanwalt. Der sportlich aussehende Mann mit der hohen Stirn und der randlosen Goldbrille sah Parker lächelnd an, als der Butler den Schnellhefter auspackte.
»Ich benötige Ihren diskreten, fachlichen Rat«, sagte Parker. »Begutachten Sie bitte den Wert dieser mir eingereichten Unterlagen, die ich zwischenfinanzieren soll.«
»So aus dem Handgelenk heraus läßt sich das nicht machen«, gab der Patentanwalt kopfschüttelnd zurück. »Doch lassen Sie mal sehen.«
Parker reichte den Schnellhefter über den Schreibtisch und blieb steif und ohne jede Nachlässigkeit der Muskeln auf der Kante des tiefen Besuchersessels sitzen.
Der Patentanwalt blätterte im Schnellhefter, schüttelte mehrfach den Kopf, beugte sich vor, lehnte sich wieder zurück und wurde von Minute zu Minute interessierter.
»Woher haben Sie diese Unterlagen?« fragte er schließlich und sah den Butler prüfend an.
»Sie sind mir eingereicht worden, ich sagte es schon.«
»Und Sie wissen nicht, um was es sich handelt?«
»Der Einreicher sprach von einer technischen Sensation.«
»Na ja …! Warten Sie, sich muß schnell was durchrechnen. Ich bin sofort wieder zurück, dann kann ich Ihnen bereits Einzelheiten sagen.«
Bevor Parker zustimmen oder ablehnen konnte, sprang der Patentanwalt auf und verschwand hinter einer Tür.
Parker hielt es natürlich nicht im Sessel aus. Auch er erhob sich, ging auf Zehenspitzen zur Tür und öffnete sie vorsichtig.
Der Patentanwalt stand in einer Art Registratur, deren Wände mit Regalen und Kartenkästen bedeckt waren. Er telefonierte und schien sehr aufgeregt.
»Polizei … Leutnant Canters? Na endlich. Hören Sie, Leutnant, hier ist ein komischer Mann bei mir … wie, ja bei mir im Büro, der streng geheime Konstruktionsunterlagen mit sich herumschleppt. Woher ich das weiß? Leutnant, ich sehe doch auf den ersten Blick, um was es sich handelt … Um was …? Leutnant, es handelt sich um Detailkonstruktionen eines Raumgleiters mit Gasplasmaantrieb. Das sagt Ihnen nichts? Spielt doch keine Rolle. Mir sagt das aber was … Die Unterlagen müssen aus Professor Manfields Büro stammen.«
Der Patentanwalt hörte jetzt wieder zu. Er legte den Schnellhefter aus der Hand und deponierte ihn in einem Regal. Parker fand, daß die Unterlagen recht günstig lagen.
Auf Zehenspitzen und mit der Lautlosigkeit einer erfahrenen Katze betrat Parker den Nebenraum, pirschte sich vorsichtig an den Patentanwalt heran und nahm den Schnellhefter an sich.
Auf Zehenspitzen ging er zurück zur Tür, verschwand im Büro des Patentanwaltes und empfahl sich. An einem weiteren Gespräch war er nicht mehr interessiert, zumal die Polizei ohne seine ausdrückliche Billigung eingeschaltet worden war.
Parker fuhr mit dem Expreßlift nach unten in die Halle der Handelskammer, betrat die Straße und suchte das Weite. Er wußte jetzt, welchen Kurs er zu steuern hatte.
*
Zuerst mußte er die Unterlagen in Sicherheit bringen. Gut, er hätte sie in Professor Manfields Büro abliefern können, aber waren sie gerade dort sicher? Stammten sie nicht aus dem Büro dieses Professors? Waren sie nicht gerade dort fotokopiert worden?
Parker hätte sich mit der Polizei in Verbindung setzen können. Sie war schließlich für solche Dinge zuständig. Doch würden die beiden Gangstergruppen das zur Kenntnis nehmen? Sie hielten ihn schließlich entweder für James Henderson, oder sie betrachteten ihn als eine billige Imitation jenes Mr. Henderson. In beiden Fällen mußte er mit weiteren Nachstellungen und Verfolgungen rechnen.
So lange sich die Unterlagen aber in seiner Hand befanden, besaß er so etwas wie eine Lebensversicherung.
Hinzu kam, daß Parker eben Kriminalist aus Leidenschaft war. Es reizte ihn einfach, in Erfahrung zu bringen, wer die Unterlagen fotokopiert hatte, wer dafür von wem bezahlt worden war und welche Gangstergruppe sich zusätzlich eingeschaltet hatte. Hier handelte es sich um einen Fall, der ihm einfach lag.
Die Frage war nur, OB er seinen jungen Herrn, Anwalt Mike Rander, benachrichtigen sollte und mußte. Durfte er auf eigene Faust handeln? War es nicht seine Pflicht, umgehend mit Mike Rander zu sprechen?
Parker einigte sich mit sich. Er beschloß anzurufen, aber nicht umgehend sondern sofort. Er wollte erst noch weitere Details zur Sache sammeln.
Nach seinem Besuch beim Patentanwalt erstand der Butler in einem Papierwarengeschäft Einschlagpapier, Kordel und Aufklebeadressen. Er fertigte ein handliches Päckchen an, in dem die Fotokopien staken. Dieses Päckchen adressierte er an einen Mr. Arthur Rivers, hauptpostlagernd Chikago. Er brachte es umgehend zur Post und war ungemein erleichtert, als sich dieses Päckchen in der Obhut der US Mail befand. Ein sichereres Versteck hätte er sich überhaupt nicht wünschen können.
Damit waren seine speziellen Vorbereitungen aber noch nicht beendet. Es galt noch sehr viel zu tun.
Parker suchte im Branchenverzeichnis von Miami nach einem ganz bestimmten Geschäft. Anschließend suchte er es auf. Es handelte sich um ein Scherzartikelgeschäft, das er am Rande der Stadt besuchte.
Parker war hier in seinem Element.
Mit fast jungenhaftem Eifer suchte und wählte er. Er investierte fast fünfzig Dollar und ließ sich die eingekauften Artikel sorgfältig verschnüren.
Doch damit nicht genug. Parker schien von einem Einkaufsfieber erfaßt worden zu sein.
Nach dem Besuch im Geschäft für Scherzartikel aller Art war er in einem Eisenwarengeschäft zu sehen, in dem er eine Stahlkassette erstand. Sie war groß genug, um Fotokopien bequem aufzunehmen.
Damit immer noch nicht genug.
Josuah Parker tauchte wenig später in einer Fachbuchhandlung auf. Er ließ sich eingehend beraten und entschied sich schließlich für ein mathematisches Werk, in dem sich Formelsammlungen, Diagramme, Konstruktionsskizzen und sonstige rätselhafte Zeichnungen vereinigten.
Parker war immer noch nicht zufrieden. Es gehörte zu seinen Grundprinzipien, Dinge, die getan werden mußten, gründlich zu tun. In diesem Zusammenhang scheute er dann weder Kosten noch Mühen.
Nach seinen Einkäufen kehrte er für eine knappe halbe Stunde in einer stillen Bar ein, wo er das mathematische Werk gründlich rupfte.
Parker löste bestimmte Seiten aus dem Band, sortierte, verwarf und entschied sich. Schließlich hatte er ein Bündel fliegender Blätter vor sich, die ihm außerordentlich gefielen, was den Inhalt anbetraf, von dem er verständlicherweise zwar nichts verstand, die aber außerordentlich fachgerecht wirkten.
Diese Buchseiten trug Parker anschließend in eine Fotokopieranstalt, wo man ihm ohne viel Fragen Fotokopien anfertigte. Der Butler konnte gleich an Ort und Stelle auf die prompte Erledigung seines Auftrages warten.
Beladen mit seinen Einkäufen erschien er anschließend in einem Autoverleih und mietete sich einen Ford. Er wollte unabhängig sein und nicht auf Taxis warten