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Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt


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mehr von dieser Frau entzückt war. »Ich kann nämlich gräßlich hartnäckig sein. Eine Probe werden Sie sofort erhalten. Ich gedenke Ihnen nämlich ein ausgiebiges Frühstück aufzudrängen.«

      »Ich habe gar keinen Hunger.«

      »Dacht’ ich’s doch. Aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen.«

      Auf ihr Klingelzeichen erschien Anna mit einem leichten Frühstück, wovon Sölve auch gehorsam eine Kleinigkeit aß. Sie sah dabei jedoch Frau Fröse flehend an, daß diese sie nicht weiter quälte.

      »Für den Anfang bin ich zufrieden. Es wird schon noch besser werden. Und nun erheben Sie sich aus Ihrem weichen Pfühl, damit Sie den Onkel empfangen können. Er wartet nämlich schon darauf, seinen Gast zu begrüßen.«

      Obgleich Sölve noch sehr müde war, fügte sie sich widerstandslos. Sie wehrte auch nicht ab, als Frau Fröse ihr beim Ankleiden half; denn sie konnte sich kaum auf den Füßen halten.

      Die Dame sah sehr wohl, wie es um den jungen Gast stand. Sie hatte Mühe, ihr Entsetzen über den erbarmungswürdigen Körperzustand dieses armen Menschenkindes zu unterdrücken – und über dessen ärmliche Kleidung. Ihr Herz öffnete sich vor Erbarmen weit.

      »Jetzt kann ich aber wirklich nicht mehr –«, bat Sölve gequält, als sie angekleidet dastand.

      »Brauchen Sie auch nicht. Sie legen sich auf den Diwan.«

      Wohlig streckte sich das Mädchen auf das weiche Fell

      »Ach, so schön. Ich bin doch noch immer verflixt schlapp.«

      »Sind Sie denn krank gewesen, Fräulein Jödeborg?« fragte Frau Fröse, sich zu ihr auf den Diwan setzend.

      »Ja. Aber sagen Sie doch bitte Sölve zu mir.«

      Es klopfte kurz, und Götterun trat ein.

      »Ah, kleine Sölve, schon angekleidet? Das ist sehr brav. Ich muß um Verzeihung bitten, daß ich dich gestern dem schlimmen Wetter aussetzte.

      Ja, was hast du denn, kleines Mädchen?« unterbrach er sich erstaunt, als er ihren entsetzten Blick sah.

      »Du – du bist Onkel Jobst?« fragte sie fassungslos, ihn dabei furchtsam anstarrend. Sie sah die hohe Gestalt, das harte, rassige Antlitz mit den blauen, blitzenden Augen darin, das blonde Haar und die nervigen Hände, mit den beiden schweren Ringen an der Linken – und stöhnte dann auf, das Gesicht dabei in das Kissen drückend.

      Götterun sah Frau Fröse an, die den Blick ebenso verständnislos zurückgab.

      »Verstehen Sie das –?« fragte er leise, und sie zuckte hilflos die Schultern. Er setzte sich zu dem rätselhaften Mädchen auf den Diwan und wollte dessen Gesicht behutsam herumdrehen, doch sie streifte seine Hände ab, richtete sich halb auf, ihn dabei ansehend, als müsse sie sich sein Bild für alle Zeit einprägen!

      »Sag, daß du nicht Onkel Jobst

      bist –!« verlangte sie fast drohend.

      »Aber, liebes Kind, ich kann mich doch nicht selbst verleugnen.«

      Da fiel sie wieder in die Kissen zurück, und ein hartes Schluchzen erschütterte den elenden Körper.

      »Wie kannst – du – mein Onkel

      sein –?« kam es mühsam hervor. »Du bist ja noch – so – jung und ich habe dich geküßt.«

      »Ach das ist es?« atmete er auf, faßte die Hände, die unruhig umhertasteten, und behielt sie in den seinen. Das schien sie zu beruhigen; denn das stoßende Weinen ließ langsam nach.

      »Ich schäme mich doch so sehr –«, schluchzte sie zuletzt noch auf, das Gesicht wieder in die Kissen drückend.

      »Sölve, nun höre mich bitte einmal an –«, sprach der Mann behutsam. »Ich kenne dich schon seit deinem sechsten Lebensjahr.«

      Nun fuhr der Kopf herum.

      »Aber wenn du – oder Sie – oder Herr Baron – Ach, ich weiß ja gar nicht mehr, wie ich sagen soll«, seufzte sie verzweifelt, und er lachte.

      »Du törichtes kleines Mädchen! Natürlich bin und bleibe ich der Onkel Jobst für dich – wer denn sonst? Wenn du womöglich Herr Baron‹ sagst, dann muß ich dich mit ›gnädiges Fräulein‹ ansprechen. Wie scheußlich. Wie alt bist du eigentlich?«

      »Neunzehn –«

      »Na, siehst du, dann bin ich ja dreizehn Jahre älter. Also, bitte, Respekt vor meinem Alter! Auf den Onkeltitel verzichte ich auf keinen Fall.«

      Wieder ein herzbanger zitternder Seufzer.

      »Wie kommt es eigentlich, Onkel, daß du – wo du jetzt noch so jung bist, vor so vielen Jahren meine Mutter – geliebt hast? Sie muß doch viel älter gewesen sein als du.«

      Ein Zucken ging über das harte Männerantlitz, die Zähne bissen sich zusammen wie im Schmerz

      »Sechs Jahre waren es, Sölve –«

      »Bleiben Sie doch bitte hier, Frau Fröse«, rief Sölve der Hausdame flehend nach, die taktvoll das Zimmer verlassen wollte. Sie wechselte mit dem Baron einen Blick, in dem lächelnde Zustimmung lag. So setzte sie sich still auf den nächsten Stuhl, und ihre Augen hingen an der jammervollen Gestalt, die so unruhig auf dem Diwan lag. Der Körper schien nur aus hautüberzogenen Knochen zu bestehen, das Gesicht war mager und entsetzlich bleich. Die glanzlosen Augen lagen tief in den Höhlen, und das farblose Haar war so dünn, daß überall die Kopfhaut hervorschimmerte.

      »Sechs Jahre also –«, wiederholte Sölve. Ihre Augen blickten wie in weite Ferne, als spräche sie zu sich selbst. »Nun ja, meine Mutti war ja immer so jung – bis zuletzt noch –«

      Als müsse nun alles ganz schnell herunter vom Herzen, was sie so lange gepeinigt und gequält hatte, hasteten die Worte über die blutleeren Lippen. Sie hatte den Oberkörper halb erhoben, die Augen flackerten wie im Fieber, und die Hände, die sie aus denen des Mannes befreite, fuchtelten umher

      »Sie war so strahlend schön, meine Mutti, und so jung, daß man sie immer auslachte, wenn sie mich als ihre Tochter vorstellte. Sie war ja auch erst neunzehn Jahre alt, als ich geboren wurde. So alt, wie ich jetzt bin. Mein Stiefvater liebte sie sehr und mich auch. Wir hatten bei ihm ein herrliches Leben. Kein Wunsch wurde uns versagt. Aber er lebte ganz seinen Neigungen, und die waren so kostspieliger Art, daß sie mit der Zeit auch das größte Vermögen verschlingen mußten. Meine Mutter besaß ein großes Vermögen, als sie zum zweiten Male heiratete, aber bei dem verschwenderischen Leben, das wir alle führten, schmolz es langsam dahin.

      Ich habe meine schöne Mutti immer strahlend glücklich gesehen, bis zu meinem sechzehnten Jahre – da sah ich sie öfter weinen. Und immer dann, wenn mein Stiefvater schroff zu ihr war, was mehr und mehr vorkam. Zuweilen flüchtete sie mit mir an ein stilles Plätzchen und sprach von dir, Onkel Jobst. Von dir, deiner schönen Heimat, deiner verehrungsvollen Liebe zu ihr – und von dem Schmerz, den sie dir angetan hatte. So voller Sehnsucht sprach sie von dem allen, daß auch mich die Sehnsucht packte und ich sie bestürmte, doch zu dir zu fahren. Aber dann wurde sie zemlich traurig und bekannte, daß du nichts mehr von ihr wissen wolltest.

      Ich will nicht sagen, daß die Ehe unglücklich war, aber es kam immer öfter zu Streitigkeiten zwischen ihnen. Vielleicht wäre sie nach und nach doch zur Tragödie geworden, wenn mein Stiefvater nicht plötzlich aus dem Leben geschieden wäre. Herzschlag, hieß es. Allein, Mutti schien nicht daran zu glauben. Sie war dem allen nicht gewachsen und siechte langsam dahin. Zu ihrer Freude erlebte sie noch, daß ich mich mit Gert Oven verlobte. Er galt für reich, und das war wohl ausschlaggebend für Mutti.

      Einige Monate danach starb sie. Ich war sinnlos vor Schmerz. Und dann kam alles Schlag auf Schlag. Es war, als wollte das Schicksal rasch nachholen, womit es mich so lange verschont hatte.

      Kaum war meine Mutter beigesetzt, da mußte ich erfahren, daß unser Leben in den letzten zwei Jahren nur auf Schulden aufgebaut gewesen war. Die Gläubiger fuhren wie die Hyänen über mich


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