Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
saß sie da, die Schöne mit dem tizianroten Haar, das bestimmt nicht echt war. Grell leuchtete der sehr auffallend geschminkte Mund aus dem gepuderten Gesicht, die schon fahlblauen Augen dadurch noch verblichener erscheinen lassend.
Zu ihrem Leidwesen neigte die extravagante Dame zur vollschlanken Linie, was sie auch dauernd trainieren ließ. Sie trieb viel Sport, aß sich nie satt, und ein leerer Magen macht wirklich übellaunig.
Davon wußte der Gatte ein Liedchen zu singen, der diese Frau wahrscheinlich nur geheiratet hatte, weil sein Besitz, an dem er mit jeder Faser seines Herzens hing, das Geld brauchte, welches sein Schwiegervater besaß. Man munkelte, daß dieser Herr seinen Reichtum auf nicht ganz faire Art erworben hatte. Jetzt lebte er lustig dahin, sein Witwerdasein aus vollen Zügen genießend.
So lagen die Verhältnisse, unter denen Brunbach immer verschlossener wurde. Er sprach nie über seine Ehe, zog sich immer mehr von den Nachbarn zurück, und es war ein Wunder, daß er der Einladung der Tutzger gefolgt war. Auch heute war er sehr schweigsam, der Mann mit dem guten Aussehen und der anständigen Gesinnung. Nur wenn seine Frau den jungen Grafen mit ihrem schmachtenden Augenaufschlag bedachte, umzuckte ein bitteres Lächeln seinen Mund. Er war mit Detlef von Kind an befreundet, wußte daher, was er von dessen vornehmem Charakter zu halten hatte, wußte aber auch, wie seine Frau sich kompromittieren konnte, obwohl seine Ehe erst ein Vierteljahr währte. Die anderen in diesem Kreise waren von derartigen Sorgen nicht beschwert, sie lebten friedlich und behaglich dahin, konnten sich unbeschwert ihres Lebens freuen.
Familie Kyrt, die hier zum erstenmal Gastfreundschaft genoß, gab sich aufgeschlossen und vergnügt. Dem Oberhaupt sah man ohne weiteres den alten Militär an, in seiner straffen Haltung, dem energischen Gesicht und den hellen, durchdringenden Augen. Die Gattin, von zierlicher Gestalt und feinen Zügen, zeigte sich lebhaft und zugänglich, der Sohn glich seinem Vater auffallend, und die Tochter konnte man bildhübsch nennen in ihrem brünetten Typ. Auffallend wirkten die hellgrauen Augen zu dem schwarzbraunen Haar. Das Gesicht war herb, wie auch das ganze Mädchen etwas Herbes, Zurückhaltendes an sich hatte.
Urgemütlich war das Ehepaar Heinboldt, immer vergnügt, immer von trockenem Humor. Elke war ganz die Tochter ihrer famosen Eltern, kreuzfidel und natürlich. Die beiden Söhne, noch Schüler, hatte man zu Hause gelassen.
Spaßig wirkte das Ehepaar Grandt. Beide klein und dick, beide phlegmatisch und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Ihre Tochter war durch ihre Heirat mit dem schwedischen Gutsbesitzer gut versorgt, statt ihrer betrachteten sie jetzt die Nichte als Haustöchterlein. Und wenn die naturliebenden Menschen hätten wieder auf dem Lande wohnen können, wären sie mit ihrem Los sehr zufrieden gewesen.
Nachdem man sich nach der Kaffeetafel im Wohngemach gemütlich placiert hatte, sprach Herr Grandt über das, was ihm so sehr am Herzen lag:
»Herr Graf, können Sie sich immer noch nicht entschließen, uns das Waldhaus zu vermieten? Es steht doch leer, da der pensionierte Oberförster, der darin wohnte, gestorben ist. Und bis der jetzige Forstmann pensioniert wird, dauert es noch Jahrzehnte. Frau Gräfin, wollen Sie nicht bei Ihrem lieben Paps ein gutes Wort für mich einlegen?« Er hob bittend die Hände und sah sie mit seinen kleinen Äuglein treuherzig an. Rosita lachte über den drolligen Anblick.
»Paps, nun tu ihm schon den Gefallen. Wie kann man nur so hartherzig sein.«
»Kind, du weißt, daß ich nicht allein zu entscheiden habe«, wehrte er sich nur noch schwach. »Mein Mitbestimmer ist Detlef.«
Rosita lag ein rasches Wort auf der Zunge, das sie jedoch im letzten Augenblick noch verschluckte und damit eine peinliche Situation abbog. Denn das Zünglein der »Wilden Rose« konnte recht spitz und stachlig sein. Detlef wußte genau, wie schwer dem impulsiven Persönchen das Schweigen fiel. Er streifte es mit einem amüsierten Blick und meinte dann gelassen: »Diese Entscheidung möchte ich dir allein überlassen, Vater.«
»Na schön«, sagte dieser nun seufzend, »wenn meine
Tochter schon auf mich gehetzt wird, bin ich sowieso verloren.«
Man lachte herzlich über diesen komischen Stoßseufzer, und Rosita strahlte: »Also, was bekomme ich nun für die gute Vermittlung, Herr Grandt?«
»Die Versicherung für herzliche nachbarliche Behandlung, Frau Gräfin«, kam die Antwort schmunzelnd. »Wir werden nicht mucken, wenn die ›Wilde Rose‹ ihre Stacheln herauszustechen beliebt.«
*
So kam es denn, daß das kleine Waldhaus, welches hinter dem Schloßpark stand, wieder bezogen werden sollte. Aber erst, nachdem es renoviert worden war, und das ging im Winter nicht so schnell.
»Na, das sieht ja hier lustig aus«, rümpfte Rosita das feine Näschen, als sie mit Vater und Gatten das Haus besichtigte.
In dem Moment klingelte auf dem Hof ein Schlitten, dem Grandt nebst seiner Nichte entstiegen. Ersterer lachte verlegen, als er die Herren in den Räumen vorfand.
»Nun hat man mich glücklich bei einem meiner Streifzüge erwischt. Es ist nämlich nicht der erste, den ich unternahm und somit der Sehnsucht nach diesem kleinen Paradies nachgab.«
Die beiden älteren Herren gingen weiter durch die Räume, während Detlef an eine der Wände trat, von der die Tapete in Fetzen herabhing.
»Was suchen Sie denn da, Herr Graf?« fragte eine lachende Mädchenstimme neben ihm. »Etwa Wanzen?«
»Nun, verwunderlich wäre das nicht«, war die lachende Erwiderung. »Doch dieses letzte Übel scheint der Herr Oberförster nicht hinterlassen zu haben. Ich wollte nur mal nachsehen, ob die Wände nicht etwa pilzig sind. Bei der wenigen Lüftung der Räume läge das nämlich nahe.«
»Und?« forschte Marlene gespannt.
»Die Wände sind trocken.«
»Gott sei Dank!« entfuhr es ihr spontan. »Ich freue mich schon so sehr auf dieses Haus, daß ich unglücklich wäre, wenn sich nicht zu behebende Mängel herausstellen sollten. Zwar habe ich als Tochter eines Beamten meine Kinder- und Jungmädchenjahre in der Stadt verbracht, verlebte meine Ferien jedoch stets bei den Verwandten in Eiseln. Daher stammt meine Liebe zum Landleben.«
In ihrem Eifer legte sie dem Mann die Hand auf den Arrn, eine wohlgeformte, gepflegte Hand. Rosig glänzten die manikürten Nägel.
Und auf dieser Hand ruhte der Blick Rositas, die unbemerkt von den beiden Menschen in der Tiir stand. Dann besah sie ihre Hände, die wieder einmal nicht sauber waren. Ein Gefühl stieg in ihrem Herzen auf, das die junge, unerfahrene Rosita noch nicht kannte, das aber entsetzlich weh tat. Ganz fest mußte sie sich an den Türpfosten lehnen.
»Guten Tag, Fräulein Grandt.«
»Guten Tag, Frau Gräfin. Ich finde das hier wunderbar.«
»Ich weniger«, kam die Antwort mit einem Hochmut, der das Mädchen betroffen machte. Wie hilfesuchend ging ihr Blick zu dem Mann an ihrer Seite, der ihn jedoch nicht zu bemerken schien. Jetzt kamen auch die anderen zurück, und Grandt rief vergnügt:
»Guten Tag, Frau Gräfin! Meine Nichte und ich sind gekommen, um unser zukünftiges Heim in Augenschein zu nehmen.«
»Hoffentlich gehen Ihnen dabei die Augen nicht über.«
Rosita schnitt eine Grimasse. »Denn schön ist nämlich anders.«
Das klang beinahe unfreundlich, und schon griff der Vater, der dem Töchterlein die Verstimmung anmerkte, rasch ein.
»Nun, die Schönheit kommt noch. Also, Herr Grandt, sobald es das Wetter zuläßt, wird mit den Instandsetzungsarbeiten begonnen. Leider dürfte es darüber Frühjahr werden.«
»Das macht nichts, Herr Graf. Hauptsache, daß es überhaupt etwas wird, nicht wahr, Marlene?«
»O ja, Onkel. Ich werde die Tage zählen, bis wir hier Einzug halten können. Und nun müssen wir doch wieder zur Stadt zurück, damit Tantchen sich nicht um uns ängstigt.«
Als Marlene im Schlitten saß, stopfte Detlef die Pelzdecke fürsorglich um sie