Leni Behrendt Staffel 1 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
du allerdings anbehalten, da kann ich dir nicht helfen.«
Das alles war so scharf gesagt, daß Rosita nicht zu widersprechen wagte, obwohl seine herrische Art sie unsagbar reizte. Sie tat, wie ihr geheißen, nahm auch seine Mütze, die er ihr reichte, allerdings mit trotzfunkelnden Augen.
In dem Moment wurden die anderen oben sichtbar, und Detlef rief ihnen zu:
»Bitte sich wieder nach unten zu bemühen, Herrschaften! Das schöne Wetter hat sich als trügerisch erwiesen, es weht bereits eine steife Brise. Ich werde wenden und den Motor anlassen. Stärken Sie sich unten mit einem Kognak. Herr von Kyrt jun. wird so gütig sein, uns Steuermännern hier oben auch einen zu kredenzen.«
So steuerte Detlef denn das Boot mit sicherer Hand dem Strand zu. Die See wurde immer unruhiger, am Himmel zogen dunkle Wolken auf. Er warf einen forschenden Blick auf Rosita, die ruhig das Steuer bediente. Sie würde durchhalten, schon aus Trotz.
Eine halbe Stunde später stieß das Boot auf Land, und die aus der Kajüte wurden sichtbar, frohgemut und guter Dinge.
»Uns ist es unten prima gegangen«, lärmte Kyrt sen. guter Dinge. »Wir haben uns über die Körbe hergemacht, an Kaffee, Kuchen, lukullischen Schnitten gelabt und zwischendurch immer ein Schnäpschen getrunken.«
So fuhr man denn mit herzlichem Dank für die fidele Fahrt ab.
Ehe Rasmus seine Tochter so recht in Augenschein nehmen konnte, war diese schon nach oben geeilt, wo sie die nassen Kleider abwarf und ein heißes Bad nahm. Doch das Frösteln wollte nicht nachlassen. Die Hände waren eiskalt, das Gesicht glühte wie im Fieber. Trotzdem erschien sie an der Abendtafel, aß auch, obgleich sie an jedem Bissen würgte, saß auch hinterher mit den Ihren noch eine Stunde im Wohngemach zusammen und war heilfroh, als der Vater endlich mit unterdrücktem Gähnen sagte:
»Entschuldigt, Kinder, aber ich bin verflixt müde und möchte ins Bett. Habe wahrscheinlich unseren Gästen in der Kajüte zu eifrig zugeprostet, was sich nun bemerkbar macht.«
»Ich bin müde, auch ohne Schnaps«, zwang Rosita sich zu einem Lachen. »Daher werde ich es dir gleichtun, Paps, und in die Heia gehen.«
Flüchtig drückte sie ihre Lippen auf die Wange des Gatten, dann auf die des Vaters und eilte nach ihrem Schlafzimmer, wo sie rasch die Kleider abwarf und ins Bett schlüpfte. Obwohl sie sich in die weiche Daunendecke wickelte, konnte sie dennoch nicht warm werden. Vor Ermüdung schlief sie endlich ein und fuhr erschrocken hoch, als sie eine Hand auf ihrer Stirn fühlte.
»Detlef, du?«
»Ja, ich«, entgegnete er gelassen. »Nimm diese Tablette und trink das Glas leer. Hoffentlich wird das eine ernstliche Erkrankung verhüten.«
Trotzig schob sie seine Hand mit der Tablette fort, weil sein herrischer Ton sie empörte. Ja, wenn er sie gebeten hätte, aber zwingen ließ sie sich nicht.
»Geh aus meinem Zimmer!« sagte sie ungezogen. »Was fällt dir überhaupt ein, es zu betreten.«
»Mit dem Recht des Gatten«, erklärte er eisig. »Aber beruhige dich, deinetwegen stehe ich bestimmt nicht hier, um mir dein kindisches Gebaren gefallen zu lassen. Es geschieht Vaters wegen, wie ich es dir bereits auf dem Boot klarmachte.«
Da riß sie ihm die Tablette aus der Hand, schluckte sie mit den aufsteigenden Tränen zusammen hinunter, leerte in einem Zuge das Glas, obgleich der Trank bitter wie Galle schmeckte, warf sich im Bett herum und drehte ihm den Rücken zu. Gleich darauf hörte sie ihn die Tür nach seinem Schlafzimmer zuschließen.
Sie war nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, spürte nur, wie es ihr wohlig durch den Körper rieselte, wie die Glieder warm wurden. Dann schlief sie ein, schlief so tief und fest, daß sie nichts hörte, als der Gatte an ihr Bett trat und sie im Schein des Lichts, das durch die geöffnete Tür seines Schlafzimmers fiel, aufmerksam betrachtete. Zwar war das zarte Antlitz vom Schlaf gerötet, aber Fieberröte war es nicht. Dazu hob und senkte sich die Brust unter dem Spitzengeriesel des Nachtkleides in regelmäßigen Atemzügen. Ein Menschenkind von sinnverwirrender Süße, das da vor dem Mann lag und nun im Schlaf sprach:
»Laß nur, Paps, er wird schon noch das Bitten lernen.«
Da wandte der Mann sich brüsk ab und ging in sein Schlafzimmer zurück. Dort lachte er hart auf.
»Darauf kannst du lange warten, mein Kind.«
*
Als Rosita am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich wohl und munter. Noch nicht einmal einen Schnupfen hatte sie sich in den nassen Kleidern geholt.
Sie reckte und streckte erst einmal die schlanken Glieder, sprang dann aus dem Bett und ging unter die Dusche. So recht erquickt von dem nur mäßig warmen Wasser, begann sie sich anzukleiden. Als sie jedoch aus alter Gewohnheit nach dem schäbigen Reitdreß greifen wollte, zuckte ihre Hand unwillkürlich zurück.
Nein, den durfte sie nicht mehr anziehen, was ihr ordentlich leid tat. Sie brauchte sich darin nicht in acht zu nehmen, weil es auf einen Fleck mehr oder weniger nicht ankam. Aber sie durfte den Paps nicht wieder erzürnen.
Also stieg sie in den neuen Dreß und beäugte sich eingehend im Spiegel. Sie schnitt sich dann selber eine Grimasse, griff nach Gerte nebst Handschuhen und ging zum Stall hinunter. Bevor sie ihn erreichte, mußte sie erst die stürmische Begrüßung der beiden Hunde, Spaniel und Dackel, über sich ergehen lassen. Sie gaben dem lieben Frauchen auch das Geleit, als es abritt.
Auch heute wehte von der See her ein kalter Wind, dazu fing es auch noch an zu regnen. Da Rosita keinen Wettermantel trug, blieb ihr nichts anderes übrig, als umzukehren. Trotzdem war sie völlig durchnäßt, als sie zu Hause anlangte. Gräßlich, daß sie sich nun wieder umziehen mußte. Aber vielleicht konnte Alma ihr die Sachen am Körper trocken fönen.
»Nein, Frau Gräfin, das geht nicht«, erklärte diese resolut.
»Gräßlich, diese ewige Umzieherei«, sagte Rosita ungnädig. »Möchte nur wissen, wer das eingeführt hat. Tu den alten Reitdreß weg, Alma, Paps mag ihn nicht mehr leiden.«
»Da hat der Herr Graf aber auch wirklich recht.«
»Ei, Alma, ärgere mich nicht.«
»Wer wird denn so was tun, Frau Gräfin.«
Da mußte Rosita lachen, was Alma nun wiederum freute. Hastig beendete sie die Toilette an ihrer Schutzbefohlenen und betrachtete sie dann mit verliebten Blicken.
»Heute sieht die Frau Gräfin aber mal schön aus, die reinste Augenweide. Doch was ganz anderes als in dem schäbigen Dreß. Mit Freuden werde ich den zur Seite schaffen.«
»Dann tu es gleich, sonst zieh ich ihn ja doch wieder an«, lachte Rosita. Dann ging sie ins Frühstückszimmer, wo sie die beiden Herren schon antraf. Sie erwartete, daß diese ihr ob ihres eleganten Aussehens ein Kompliment machen würden, allein, zu ihrer Enttäuschung blieb es aus, auch von Paps. Er begrüßte die Tochter zwar freundlich, aber das war auch alles.
Was hatte er denn überhaupt? Trug er ihr etwa die Maskerade von gestern immer noch nach? Das war ja eine ganz neue Gewohnheit bei ihm. Er hatte ihr bestimmt nicht das erste Mal ins Gewissen geredet, doch hinterher war das gleich von beiden Seiten vergessen. Das heißt, so böse wie gestern war er noch nie gewesen. Er wartete wahrscheinlich auf ein bittendes Wort von ihr.
Aber das konnte sie nicht, noch nicht. Es mußte erst Abend werden, bis ihr Trotz gebrochen war. Mit der farblosen Freundlichkeit, mit der der Vater sie tagsüber auch behandelte, bot er ihr auch gute Nacht. Das war zuviel für ihr zärtliches Herzeleid. Ruhelos warf sie sich im Bett hin und her, und als es hinter der breiten Glastür hell wurde, stand sie leise auf und warf ein Morgenkleid über.
Jetzt war der Paps allein, jetzt konnte sie unter vier Augen mit ihm reden. Hoffentlich hatte er sich nicht auch schon zurückgezogen. Doch als sie auf den Altan trat, bemerkte sie in seinem Arbeitszimmer Licht. Bald darauf stand sie vor ihm, der am Schreibtisch saß und schrieb. Er war so vertieft, daß er die Tochter erst bemerkte, als sie die Arme um seinen Nacken legte und ihre