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Reisen in Westafrika. Mary Henrietta KingsleyЧитать онлайн книгу.

Reisen in Westafrika - Mary Henrietta  Kingsley


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nach in Streifen schneidet und ordentlich brät. Hinzu kommen die feineren Bananen, die auf die gleiche Art zubereitet sogar noch köstlicher sind, oder zermanscht und mit Reis, Butter und Eiern gebacken werden. Nebenbei: Laut der erdrückenden Mehrzahl einheimischer Zeugnisse werden Eier in diesem Land eher als Wahlkampfmittel genutzt als für kulinarische Zwecke. Den Besuch bei einem Stamm werde ich nie vergessen: Wann immer ich mich auf eine ihrer Bänke setzte, zerschlugen dessen Angehörige aus magischen Gründen rund um mich herum Eier. Sie meinten es gut. Aber ich werde der Versuchung, weitere Eiergeschichten zu erzählen, tapfer widerstehen und stattdessen fleißig noch Guanabanas, Guaven, Passionsfrüchte, Auberginen oder auch Garten-Eier, Jamswurzeln und Süßkartoffeln auflisten.

      Die Süßkartoffel sollte man kochen, dann entweder buttern und im Ofen bräunen oder frittieren. Auf diese oder jene Weise zubereitet bin ich ihnen sehr zugetan, doch meist begegnen sie mir auf eine Weise, die ich zutiefst verabscheue, denn so sind sie eine schwerwiegende Bedrohung für mich und meine unsterbliche Seele. Es ist immer das Gleiche: Sie kommen von einer langen und gefährlichen Käferjagd im Wald heim. Sie haben mit gewaltigen Käfern in der Größe von Pastetenformen gekämpft, die Ihnen an den Kopf flogen, sich in Ihrem Haar verfingen und Sie anschließend hinterhältig zwickten. Sie sind auch von zahlreichen Fliegen, Ameisen und ähnlichem Getier gestochen und gebissen worden. Vermutlich sind Sie bis auf die Haut durchnässt vom Regen oder dem Durchwaten von Flüssen. Sie sind müde, schlurfen bloß noch dahin und es wird oder wurde bereits mit der immer täuschenden tropischen Schnelligkeit dunkel. Als Strafe für Ihre Sünden geraten Sie in ein Dickicht auf einem Stück Land, das im Vorjahr zur Farm eines Einheimischen gehörte. Sie platzieren einen Ihrer Füße unter der zähen Ranke einer überlebenden Süßkartoffel, die sich unter irgendeinem stinkenden Kraut verbirgt. Ihren anderen Fuß stellen Sie auf einen anderen Teil eben jener Ranke. Prompt legen Sie kurz darauf Ihren Kopf in irgendein Stachelgewächs ab oder schwungvoll Kontakt mit einem Baumstumpf auf. Sofern menschliches Blut durch Ihre Adern fließt, werden Sie das Gemüse verfluchen!

      Dann sind da noch die Avocados, Limetten und Orangen. Über diese Orangen hätte ich gerne etwas erklärt: Sie sind gewöhnlich grün und süßlich im Geschmack, auch haben sie kaum weißes Mark. Ab und zu jedoch bekommt man eine große, gelb leuchtende Frucht von einem jener importierten Bäume, und diese sind sehr markhaltig und haben das volle Aroma von Verjus.

      Es gibt an der Küste auch Papayas, für Botaniker die Carica Papaya. Es ist eine fade Frucht. Für den Neuankömmling ist sie eine furchtbare Plage, denn sobald ein alteingesessener Küstenbewohner eine erblickt, erklärt er sofort: »Pa-pas sind sehr gut für die Verdauung, selbst wenn Sie ein zähes Huhn oder ein Stück Ziege lediglich zwischen die Blätter in den Baum hängen, ist es wegen der großen Menge Pepsin in der Pa-pa im Nu zart.« – Die Papaya enthält aber kein Pepsin, ihr aktiver Bestandteil ist Papain. Nachdem man dieses Loblied auf die Papaya einige Hundert Mal gehört hat, wird es schal. Weil es ein sehr häufiger Gesprächsgegenstand ist und derselbe Mann, wenn er die Gelegenheit bekommt, dieselbe Behauptung ein Dutzend Mal wiederholen wird, ist man schließlich schon beim Erreichen der Goldküste vom Thema gelangweilt. Auf meiner ersten Reise hatte ich davon derart die Nase voll, dass ich übereilt entschied, mich dieser Marotte der alteingesessenen Küstler entgegenzustellen, und die Ausrottung dieses Verhaltens vorzubereiten. Es war einer meiner vielen Fehlschläge. Bald begegnete ich einem alten Küstler, und es war eine Papaya im Sichtfeld. Noch bevor er loslegen konnte, preschte ich vor und verkündete: »Die Pa-pa ist hervorragend für die Verdauung.« Meine Hoffnung war, ihn mit der Demonstration meines Wissens so zu beeindrucken, dass mir den Rest des Vortrags erspart bliebe. Weit gefehlt.

      »Sehr richtig«, erklärte er feierlich. »Die Pa-pa ist eine sehr mächtige Frucht. Stellen Sie sich vor, es gab hier letztens einen traurigen Vorfall. Sie wissen ja, welch ein Ärgernis junge Assistenten sein können, immer besorgt um ihr Essen, Skorpione in ihren Betten oder Stiefeln und was nicht alles sonst noch. Wenn man ihnen dann geholfen hat, all diese Anfangsschwierigkeiten zu überwinden, und häufig schon früher, bekommen sie Fieber und geben den Löffel ab, oder verschwinden nächtelang in den Wohnquartieren der Einheimischen. Kannten Sie den armen B.? Er ist jetzt tot, hatte Fieber und ging innerhalb von acht Stunden ein wie ein Neugeborenes, obwohl er schon seit vierzehn Jahren hier lebte. Er bekam einen neuen Buchhalter zugeteilt, einen zarten jungen Mann mit der Gesichtsfarbe eines Milchmädchens und der fixen Idee, er habe Verdauungsstörungen. Es machte ihn ganz zappelig. Eines Abends lag zum Abendessen eine große Pa-pa auf dem Tisch, und B., ein furchtbar netter Kerl, erklärte ihm, wie gut sie für die Verdauung ist. Der Buchhalter erklärte, seine Probleme begännen immer so zwei Stunden nach dem Essen, und fragte, ob er ein Stück der Frucht mit auf sein Zimmer nehmen dürfe. ›Sicher‹, sagte B., und als die Pa-pa während des Essens nicht angeschnitten wurde, nahm der Buchhalter einfach die ganze Frucht mit.

      Am Morgen tauchte er nicht wieder auf, und als B. kurz vor dem Frühstück nachschaute, war er nicht in seinem Zimmer. Nur die Pa-pa lag auf dem Bett. B. vermutete, der Buchhalter ginge wohl spazieren, da er etwas zu zartbesaitet war, um bereits durch Quartiere der Einheimischen zu streifen. Also erklärte B. lediglich den Lagermitarbeitern, ihren Leuten zu sagen, dem Buchhalter zu helfen, sollten sie ihn irgendwo verirrt auffinden. Dann dachte er nicht mehr weiter daran – immerhin war zufällig Posttag und er hatte viel zu tun.

      Glücklicherweise legte der Kellner die Pa-pa zum Mittagessen erneut auf den Tisch. Andernfalls hätte wohl keine lebende Seele je erfahren, was aus dem Buchmacher geworden war. Denn als B. sie aufschnitt, waren im Innern neun Stahlknöpfe, eine Armbanduhr und die Schlüssel des armen Kerls. Anstatt sein Abendessen mithilfe der Pa-pa zu verdauen, hatte die Pa-pa den Spieß umgedreht und ihn samt seines Abendessens verdaut. Als B. die Frucht störte, hatte sie grade angefangen, die stählernen Reste zu zerlegen. In diesen Pa-pas ist wirklich eine Unmenge Pepsin, und wenn man etwas in ihre Blätter hängt …« und so weiter und so weiter.

      Ich brach zusammen und murmelte schwach, dies sei alles sehr interessant, doch mir täten die Freunde des armen jungen Mannes leid. »Nicht nötig«, erklärte der alte Küstler. Er hatte das letzte Wort, und ich werde nie wieder versuchen, die Gewohnheiten eines echten Küstlers zu ändern. Bei einem Kerl wie ihm muss man sehr dankbar sein für die Ehre, ihn zu kennen.

      Dennoch denke ich, dass der Wert der Papaya überschätzt wird. Zwar hängte auch ich einmal die Keule einer Ziege, in die kein Sterblicher einen Zahn hineinbekommen hätte, über Nacht in einen Papayabaum auf. Am Morgen war sie komplett verschwunden, zusammen mit dem Faden, an dem sie hing. Ob die Ursache des Verschwindens aber Pepsin war, Papain, oder schlicht eine diebische Seele, ließ sich nicht belegen. Ich bin jedenfalls in den Worten von Hans Breitmann »noch immer skeb-disch« betreffend der Papaya und das sollten Sie auch sein.

      Doch ich muss nun aufhören, über die Goldküste zu schreiben, oder ich werde immer weiter Geschichten erzählen und Ihre Zeit verschwenden. Auch bestünde die Gefahr, Anekdoten herausschlüpfen zu lassen, welche die Nerven kultivierter Bewohner gemäßigter Klimazonen schädigen könnten: etwa die über einen Heranwachsenden, der sich aus einem Lehrbuch für einen Sechsmonatskurs selbst Französisch beibrachte. Oder über den Mann, der Messingknöpfe trug. Die bewegende Geschichte dreier Blutegel und zweier Herren. Über einen flussaufwärts lebenden Doktor. Oder den Grund, weshalb man in jenen Gegenden kein Schwein essen sollte: Alle Einheimischen haben entweder den Medinawurm, Kraw-Kraw7 oder Geschwüre. Dann kommen die Schweine und … Du lieber Himmel! Diesmal war es knapp. Weiter zum nächsten Kapitel.

      KAPITEL II

      Fernando Po und die Bubi

      Enthält einige Berichte zur Besatzung der Insel durch die Weißen und den Sitten und Gebräuchen ihrer schwarzen Bewohner.

      Unsere Reise endete in Calabar mit einem beeindruckenden Feuerwerk zu Ehren von Lady MacDonald. Die ganze Siedlung, Schwarze wie Weiße, war auf den Beinen, um sie nach Kräften zu begrüßen, und diese Kräfte überstiegen meine von früheren Erfahrungen an der Goldküste geprägten Erwartungen bei Weitem. Bevor Sir Claude MacDonald sich wieder seiner Arbeit widmen musste, setzten er, Lady MacDonald und ich – noch immer in der Batanga – nach Fernando Po8 über, sodass ich die Gelegenheit erhielt, einige spanische


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