Эротические рассказы

Gesammelte Werke von Joseph Conrad. Джозеф КонрадЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke von Joseph Conrad - Джозеф Конрад


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Spezialisten zu trüben. Es gab noch etwas, was eben erst an diesem Morgen hinzugetreten war. Der Gedanke, daß er unfähig gewesen war, sein Erstaunen zu verbergen, als sein Kommissar ihn dringlich hatte rufen lassen, war äußerst peinlich. Als erfolgreichen Mann hatte ihn sein Instinkt längst gelehrt, daß ganz allgemein ein Ruf ebensosehr durch Benehmen, wie durch Tüchtigkeit geschaffen wird, und er fühlte gut, daß er sich angesichts des Telegramms nicht einwandfrei benommen hatte. Er hatte die Augen weit aufgerissen, hatte ausgerufen: »Unmöglich!« und sich so dem unwiderleglichen Vorwurf eines Zeigefingers ausgesetzt, der sich nachdrücklich auf das Telegramm legte, das der Kommissar, nachdem er es laut verlesen, auf den Tisch geworfen hatte. Unter der Spitze eines Zeigefingers zermalmt zu werden, sozusagen, war ein unerfreuliches Erlebnis. Und auch durchaus nicht förderlich. Überdies mußte sich Hauptinspektor Heat gestehen, daß er die Sache nicht besser gemacht hatte, indem er sich eine Meinung zu äußern erlaubte:

      »Eines kann ich sofort sagen: keiner von unserer Gruppe hat irgend etwas damit zu tun.«

      Er fühlte sich unanfechtbar in seiner Eigenschaft als erprobter Detektiv, begriff aber jetzt, daß eine undurchdringlich aufmerksame Zurückhaltung diesem Vorfall gegenüber seinem Ruf mehr genützt hätte. Andererseits mußte er sich zugeben, daß es schwer war, seinen Ruf zu wahren, wenn glatte Außenseiter sich in die Geschäfte zu mischen begannen. Außenseiter sind in der Polizei, wie auch in anderen Berufen, die reine Pest. Der Ton, in dem der Kommissar seine Bemerkung gemacht hatte, war sauer genug gewesen, daß man hätte mit den Zähnen knirschen können.

      Und seit dem ersten Frühstück war Hauptinspektor Heat nicht dazu gekommen, irgend etwas zu essen.

      Er war unverzüglich aufgebrochen, um seine Nachforschungen an Ort und Stelle zu beginnen, und hatte dabei eine Menge rauhen, wenig bekömmlichen Nebels im Park schlucken müssen. Dann war er zum Spital hinübergegangen; und als endlich die Untersuchung in Greenwich beendet war, hatte er den Appetit verloren. Da er nicht, wie die Ärzte, daran gewöhnt war, die durcheinander gewürfelten Reste menschlicher Wesen aus der Nähe zu betrachten, so war ihm der Anblick etwas nahe gegangen, der sich ihm bot, als in einem gewissen Raum des Spitals ein Wachstuch von einem Tisch weggezogen wurde.

      Auf dem Tisch lag wie ein Tischtuch eine andere Wachsleinwand, deren Ecken über einem kleinen Hügel aufgeschlagen waren – einem Haufen versengter, blutbefleckter Lumpen, unter dem sich etwas barg, das wie der Vorrat zu einem kannibalischen Fest aussah. Es erforderte erhebliche Standhaftigkeit, vor diesem Anblick nicht zurückzuweichen. Hauptinspektor Heat, ein tüchtiger Offizier seiner Abteilung, blieb standhaft, wagte sich aber eine volle Minute lang nicht vorwärts. Ein Schutzmann des Bezirks, in Uniform, sagte nach einem Seitenblick mit schöner Schlichtheit:

      »Er ist ganz da. Jedes Stückchen von ihm; das war eine Arbeit!«

      Er war als erster nach der Explosion zur Stelle gewesen und erzählte nun nochmals den Hergang. Er hatte durch den Nebel etwas wie einen starken Blitz gesehen. Damals hatte er an der Türe des Torhäuschens bei King William Street gestanden und hatte sich mit dem Wärter unterhalten. Der Krach ließ ihn über und über erzittern. Er rannte zwischen den Bäumen auf das Observatorium zu. »So schnell meine Beine mich tragen wollten«, wiederholte er zweimal.

      Hauptinspektor Heat, der sich zaghaft und entsetzt über den Tisch beugte, ließ ihn rennen. Der Spitalspförtner und noch ein Mann schlugen das Wachstuch auf und traten beiseite. Die Augen des Hauptinspektors überliefen die grausigen Einzelheiten des Durcheinanders vor ihm, das in Schlachtbänken und bei Lumpensammlern aufgelesen schien.

      »Sie haben eine Schaufel benützt«, sagte er, da er feine Spuren von Kies, nadelfeine Rinden-und Holzsplitter bemerkte.

      »War stellenweise nötig«, erwiderte der dämliche Schutzmann. »Ich sandte einen Wärter um einen Spaten. Als er mich auf dem Boden damit kratzen hörte, da lehnte er die Stirne gegen einen Baum und wurde seekrank wie ein Hund.«

      »Blond war er«, fuhr der Schutzmann ungerührt fort und machte eine kleine Pause. »Die alte Frau, die mit dem Sergeanten sprach, hat einen blonden jungen Mann aus Maze Hill Station herauskommen sehen.« Er hielt nochmals inne. »Und das hier war ein blonder junger Mann. Sie sah zwei Leute aus der Station kommen, nachdem der Zug durchgefahren war«, fuhr er langsam fort. »Sie konnte nicht sehen, ob sie zusammengehörten. Von dem Größeren hatte sie keinen Eindruck, aber der andere war ein blonder, schmächtiger Kerl, der eine Blechkanne in der Hand trug.«

      Der Schutzmann verstummte. »Kennen Sie die Frau«, mummelte der Inspektor, die Augen auf den Tisch gerichtet, in der unklaren Erkenntnis, daß er nun eine Untersuchung über einen Menschen anzustellen haben würde, der aller Voraussicht nach unerkannt bleiben mußte.

      »Jawohl. Sie ist Haushälterin bei einem pensionierten Steuereinnehmer und besucht gelegentlich die Kapelle am Parkplatz«, gab der Schutzmann gewichtig an und verstummte abermals, mit einem Blick nach dem Tisch. Dann plötzlich: »Nun also, hier ist er, alles, was ich von ihm finden konnte. Blond. Schmächtig – schmächtig genug. Sehen Sie sich den Fuß da an. Ich hob die Beine zuerst auf, eins nach dem anderen. Er war so verstreut, daß man nicht wußte, wo man anfangen sollte.«

      Der Schutzmann hielt inne, und der Glanz eines unschuldigen, selbstgefälligen Lächelns verlieh seinem Gesicht einen kindlichen Ausdruck.

      »Er ist gestolpert«, erklärte er mit Bestimmtheit; »ich stolperte selbst einmal und stieß mir den Kopf an, während ich hinrannte. Die Wurzeln stehen überall heraus. Ist über eine Wurzel gestolpert und hingefallen, der Kerl, und das Ding, das er trug, ist ihm gerade unter der Brust losgegangen, denke ich mir.«

      Es beunruhigte den Inspektor beträchtlich, daß das Echo der Worte »Person unbekannt« in ihm nicht zur Ruhe kommen wollte. Er hätte schon aus persönlichem Wissensdurst die Angelegenheit bis zu ihrem geheimnisvollen Ursprung zurück verfolgen mögen. Er war neugierig von Beruf, auch hätte er gerne vor der Öffentlichkeit die Person des Täters festgestellt, um damit die Tüchtigkeit seiner Abteilung zu beweisen. Er war ein getreuer Diener des Staates. Nun stand er vor einer Unmöglichkeit. Der Anfang der Fährte war heillos verwischt und erlaubte keinerlei Schluß, außer dem auf unsinnige Grausamkeit.

      Inspektor Heat überwand seinen Ekel und streckte, ohne Überzeugung, nur zur Beruhigung seines Gewissens, die Hand nach dem am wenigsten besudelten Fetzen aus. Es war ein schmaler Streifen Samt, von dem ein etwas größeres Dreieck blauen Tuchs herunterhing. Er hielt es an die Augen und der Schutzmann sprach:

      »Samtkragen. Doch komisch, daß die alte Frau den Samtkragen bemerkt hat. Dunkelblauer Überrock mit Samtkragen, hat sie uns gesagt. Das hier ist der Kerl, den sie gesehen hat, kein Zweifel; und er ist ganz vollzählig hier, mit Samtkragen und allem. Ich glaube nicht, daß ich auch nur ein Stückchen so groß wie eine Briefmarke hinten ließ.«

      Hier hörte die geschulte Untersuchungsgabe des Hauptinspektors auf, der Stimme des Schutzmanns Gehör zu schenken. Er trat an eines der Fenster, um besser zu sehen. Sein Gesicht, vom Zimmer abgewandt, drückte Überraschung aus, während er das Stückchen Tuch untersuchte. Er riß es mit einem plötzlichen Ruck ab und wandte sich erst, nachdem er es in der Tasche verborgen hatte, wieder ins Zimmer, um den Samtkragen auf den Tisch zurück zu werfen.

      »Zudecken«, wies er die Wärter kurz an, ohne nochmals hinzusehen, und entfernte sich hastig mit seiner Beute, von dem Schutzmann gegrüßt.

      Er kam gerade zu einem Zug zurecht und fuhr in einem Abteil dritter Klasse, allein und in tiefe Gedanken versunken, zur Stadt. Dieses versengte Stückchen Tuch war unglaublich wertvoll, und er konnte ein lebhaftes Erstaunen darüber nicht verbergen, wie zufällig es in seine Hände gekommen war. Es war, als hätte das Schicksal selbst ihm einen Schlüssel bieten wollen. Und nach der Art des Durchschnittsmenschen, dessen Ehrgeiz es ist, das Schicksal zu lenken, begann er dem mühelosen Zufallserfolg zu mißtrauen – gerade weil er ihm so in den Schoß zu fallen schien.

      In dieser geistigen Verfassung, mit leerem Magen und mit einem Rest von Übelkeit wegen des gehabten Anblicks, war er mit dem Professor zusammengetroffen. Unter solchen Bedingungen, die einen gesunden Durchschnittsmann wohl zum Jähzorn geneigt machen konnten, war das Zusammentreffen für Hauptinspektor Heat besonders unerfreulich. Er hatte


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