Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
erheblich verletzt. Der Mann hatte bereits viel Blut verloren. Er hatte seine Lage richtig beurteilt. Es war bereits zu spät, um ihm noch richtig helfen zu können.
»Sind Sie Miss Morefields Freund?« fragte Rander rundheraus.
»Retten Sie sie!« stöhnte der Mann.
»Ist sie von den Gelben Drachen entführt worden?«
»Nach Aberdeen Harbour«, flüsterte der Mann mit schwacher Stimme. »Schnell, helfen Sie!«
»Wo finde ich sie?«
»Hu Pei Street … Unter dem Temple-Kino.«
Der Mann wollte noch etwas sagen, doch seine Kräfte verlangten eine kurze Pause. Keuchend ging sein Atem. Er sah Mike Rander dennoch prüfend und wissend an.
»Sie sind der Anwalt, ja?« fragte er dann wieder.
»Sie kennen mich?«
Der Mann nickte schwach.
»Sie sollen ermordet werden! Auch Ihr Butler. Sie wissen zuviel!«
»Was sollten wir schon wissen?«
»Daß Miss Morefield gekidnappt worden ist.«
»Seit wann?«
»Seit ein paar Wochen.«
»War sie heute noch hier im Bungalow?«
Der Mann schüttelte mühsam den Kopf.
»Wer wurde hier gefangengehalten?«
»Liz Carrels … Eine Freundin von mir.«
»Sie hat sich als Miss Morefield ausgegeben, ja?«
»Klappte alles, bis Sie kamen.«
»Bis Miss Morefields Anwalt kam. Larry Croften wurde gleich nach der Landung ermordet.«
»Helfen Sie der kleinen Morefield«, stöhnte der Mann. »Haben Sie eine Zigarette für mich?«
Mike Rander hatte längst eingesehen, daß dem Mann eine Zigarette nicht mehr schaden konnte. Er zündete eine an und schob sie ihm zwischen die Lippen. Tief und gierig sog der Mann den Rauch ein. Er hustete gequält, schloß einen Moment die Augen und fühlte sich dann wesentlich besser.
»Ich bin an allem schuld«, redete er mit leiser Stimme weiter. »Ich habe die Morefield reingelegt.«
»Aus eigenem Antrieb?«
»Ich witterte ein tolles Geschäft. Die Gelben Drachen ebenfalls.«
»Miss Morefield wurde also entführt und versteckt. Ihre Freundin Carrels trat an ihre Stelle und täuschte die Öffentlichkeit. War es nicht so?«
»Genau! Wir mußten spuren. Die Gelben Drachen hatten uns in der Hand. Wir konnten nicht mehr zurück.«
»Lebt Miss Morefield noch?«
»Vielleicht«, sagte er mit heiserer Stimme.
»Warum ließ man Sie hier zurück?«
»Ich wollte nicht mehr mitmachen.«
»Hatten Sie Gewissensbisse bekommen?«
»Unsinn …« Der Mann grinste schwach. »Ich habe zugeschlagen, als man meine Freundin belästigte. Dafür wurde ich dem Biest zum Fraß vorgeworfen.«
»Wie heißen Sie?«
»Joe Londale. Die Cops kennen mich. Sie brauchen nur nachzufragen.«
»Und wer leitet die Gelben Drachen?«
»Keine Ahnung«, antwortete der Sterbende mit bereits schwacher Stimme.
»Kennen Sie denn einen gewissen Li Wang?« bohrte Mike Rander weiter.
»Dieser verdammte Gauner!«
»Warum? Was hat er angestellt?«
»Er … er hetzte uns … auf … die Morefield.«
»Könnte er der Oberdrache sein?«
»Weiß nicht … Retten Sie die Morefield!«
»Woher wußten die Gelben Drachen von meinem Auftauchen? Schnell, Sie müssen antworten!«
»Li Wang fragen …!«
Joe Londale wollte noch etwas sagen, doch nun verließen ihn endgültig die Kräfte. Ein krampfartiges Zucken ging durch seinen erschöpften Körper. Die noch brennende Zigarette löste sich von der Unterlippe und fiel zu Boden.
Joe Lonsdale war tot.
Mike Rander richtete sich auf.
Er sah nun klar, wußte, was sich in der jüngsten Vergangenheit abgespielt hatte. Das Geständnis des Sterbenden hatte jeden Zweifel behoben. Nun ging es darum, Jane Morefield aus den Klauen der Gelben Drachen zu befreien.
Viel Zeit dafür blieb nicht.
Der junge Anwalt verließ den Keller. Als er in der Wohnhalle stand, hörte er das Gebrüll des eingesperrten Raubtieres, das immer wieder gegen die Tür sprang und sich befreien wollte.
Mike Rander trat an das Telefon. Er rechnete nicht damit, daß die Leitung intakt war. Um so erstaunter war er, als das Freizeichen ertönte. In der Eile des Aufbruchs hatten die Gelben Drachen vergessen, die Leitungen zu zerschneiden.
Rander wählte die Nummer McParishs, wartete ungeduldig, bis die Verbindung hergestellt war und atmete auf, als sich die trockene Stimme von Sergeant Noreland meldete.
»Hier Mike Rander«, meldete der Anwalt sich. »Passen Sie genau auf, Noreland. Es gibt einiges für Ihre Dienststelle zu tun!«
*
Butler Josuah Parker befand sich auf der Aberdeen Island Road, jener breiten Straße, die sich teilweise hart am Meer an den Dockanlagen und Verladeeinrichtungen entlangzieht.
Sie war jetzt menschenleer.
Deshalb fiel der Butler auch nicht auf.
Er war schlammbespritzt und so gelb eingefärbt und erinnerte nun an einen Tropenhelm. Der Universal-Regenschirm war derart schlammverkrustet, daß er wie eine Zaunlatte aussah.
Parker hatte sich auf abenteuerlichem Weg hinunter in die kleine Hafenstadt gekämpft. Er hatte es dabei besonders schwer gehabt, denn Miss Liz Carrels besaß schließlich nicht die starken Nerven, wie Parker sie zur Verfügung hatte.
Er wußte inzwischen, wer die blonde Frau war und welche Rolle sie bisher gespielt hatte. Parker war bekannt, daß Miss Carrels Freund, ein gewisser Joe Londale, im Keller des Bungalow zurückgelassen worden war.
Was aber noch wichtiger war, er kannte die Adresse, wo die wirkliche Miss Jane Morefield festgehalten wurde.
Die weißhäutige Abenteuerin Miss Carrels hatte ein Geständnis abgelegt und nichts verschwiegen. Sie hatte zugegeben, daß sie als Jane Morefield aufgetreten war, daß sie die Bankgeschäfte in ihrem Namen getätigt hatte.
Das alles war nicht so wichtig wie das Schicksal der Jane Morefield. Ihr wollte der Butler nun aus der Patsche helfen. Er konnte nur hoffen, daß die junge Amerikanerin noch unter dem Temple-Kino festgehalten wurde.
Nach kurzem Fußmarsch bog der Butler von der Aberdeen Island Road in die Hu Pei Street ein. Heulend und pfeifend schlug ihm der Sturm entgegen und drückte ihn gegen die Häuserwände. Die Reklametafeln knarrten und wehten im Wind. Dachziegel segelten als gefährliche Wurfgeschosse durch die Dunkelheit. Die meisten Straßenlaternen waren vom Sturm längst zertrümmert worden.
Die hochgepeitschten Wogen donnerten gegen die Kaianlagen. Gischt und Salzregen drangen bis in die Hu Pei Street hinein. Von irgendwoher erklangen Warnsirenen.
Da war auch schon das bewußte Kino, von dem Miss Carrels gesprochen hatte. Die Leuchtreklame war erloschen und vom Sturm losgerissen worden. Windschief hing sie an der pompösen Fassade herunter.
Parker dachte an Liz Carrels.
Er