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Im Sattel durch Zentralasien: 6000 Kilometer in 176 Tagen. Erich von SalzmannЧитать онлайн книгу.

Im Sattel durch Zentralasien: 6000 Kilometer in 176 Tagen - Erich von Salzmann


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sah, wurden recht gut ausgeführt. Mir fielen Leute mit roten Ärmeln auf; hiermit bezeichnet man Deserteure, also Leute im zweiten Grade des Soldatenstandes. Ich fragte einen der Offiziere, der sich mir als Major Wang vorstellte, ob ich sein Revier ansehen könne; dieses wurde gern erlaubt, und ich trat in eines der mit Wall und Graben versehenen Soldatenlager ein. In demselben lagen 504 Mann, Offiziere wohnten mit im Lager. Die Unterbringung war in einfachen, tadellos sauberen Lehmhäusern. Der Major führte mich selbst herum, und ich war überrascht, welchen guten Eindruck die Leute machten; hier wurde das Soldatenspielen unbedingt mit Ernst betrieben. Die Leute waren alle mit Gewehr Modell 88 ausgerüstet. Im übrigen waren Montierungskammern, Unterrichtstube für Kapitulantenunterricht, Küche, Eßsaal, Krankenstube, alles vorhanden. Nachdem mir noch Tee gereicht worden war, marschierte ich weiter und verritt mich in der Ebene mehrfach. Die Leute wiesen mich hier scheinbar absichtlich falsch. Abends gelangten wir nach Hsian tschönn.

      Am 5. November gings weiter auf Pa-tschau zu. Ich schickte meinen Mafu voraus und ritt selbst mit Franz und dem Schimmel als Packtier hinterher. Als ich antreiben wollte, riß mir der Strick und der Schimmel lief weg. Nach langer Hetze bekam ich ihn glücklich wieder, aber nun streikte die Bestie und war weder durch Hiebe noch durch gutes Zureden vorwärts zu bekommen; ich mußte sie ganz langsam zu Fuß vorwärts zerren und gelangte erst abends 9 Uhr nach Pa-tschau, wo mich mein Mafu voller Angst erwartete. Er hatte versucht, mit der Mauserpistole zu schießen, um mich über die zu nehmende Richtung zu orientieren, hatte jedoch nicht mit ihr umzugehen verstanden. Am 7. November traf ich, über Wang-cing-to-tschönn und Schiku-hotu reitend, in Tientsin ein und war doch recht froh, daß ich wieder zu Hause war, denn der gute Franz war infolge des mangelhaften Beschlages so gut wie fertig. Die beiden anderen Tiere hatten die schwere Tour sehr gut bestanden und waren ganz frisch.

       Zu Kapitel II.

       Routenkarte zum Distanzritt Tientsin - Peking

       Vorbereitungen zum großen Ritt nach dem Westen.

       Inhaltsverzeichnis

      Am 5. Dezember 1902 erhielt ich die Nachricht, daß meine Ablösung aus Ostasien dicht bevorstände, und damit nahm mein lange gehegter Wunsch, einen Distanzritt in größerem Maßstabe auszuführen, bestimmtere Formen an. Mir stand von Tientsin aus das gesamte Innere Asiens zur Wahl, und ich entschied mich bald dafür, quer durch Zentralasien zu reiten, also zu versuchen, auf bisher von Europäern wenig betretenen Wegen den Anschluß an die transkaspische Bahn im russischen Turkestan zu erreichen.

      Sofort vertiefte ich mich in das geringe vorhandene Kartenmaterial, das sich auf die großen Atlanten von Andree und Debes beschränkte; anderes war nicht aufzutreiben, und selbst Sven Hedins Werk, welches mir Aufschluß über Land und Leute geben sollte, war in keinem der Bücherläden zu haben. Schließlich erhielt ich es durch die Liebenswürdigkeit meines Pekinger Kameraden Leonhardi. Man wußte zwar, daß einmal ein Professor Futterer dort gereist sei, ebenso, daß der Russe Przewalski Zentralasien mehrfach durchquert hatte, ihre Werke waren aber leider nirgends zu haben, und im allgemeinen herrschte überall, wo ich anklopfte, ein merkwürdiger Mangel an Orientierung, ich möchte fast sagen Unkenntnis über das von mir in Aussicht genommene Gebiet. Die meisten wandten sich kopfschüttelnd und lachend von mir ab und hielten das ganze Unternehmen, wie man so sagt, für eine Kateridee. Einer meiner guten Freunde, den wir Leutnants stets "Onkel" nannten, d. h. nur eine beschränkte Anzahl durfte sich dieses erlauben, behauptete, er hätte mich im Traum bereits bei Tung-fu-hsiang mit einem eisernen Ring um den Hals am Marterpfahl schmachten sehen und, was für ihn das Schlimmste war, es gab dort nicht einmal einen Whisky-Soda; das hielt ihn aber nachher, als meine Expedition zur Wirklichkeit wurde, nicht ab, mir als Andenken eine sehr wertvolle Beigabe zur Ausrüstung, in Gestalt einer guten Taschenuhr, zu schenken. Nur zwei waren gleich Feuer und Flamme für die Sache und bedauerten, nicht selbst mitkommen zu können; den einen hielten allzu dringende Geschäfte und seine plötzliche Versetzung nach Han-kau ab, das war mein guter Freund Otto Schweigardt, Manager der Ostasiatischen Handelsgesellschaft; den andern, meinen besten Freund, den ich im fernen Osten gefunden habe, Oberleutnant Graf v. Freyen-Seyboltstorff, ließ der königliche Dienst nicht fort; beide haben mir, wo sie nur konnten, bis zum letzten Augenblick mit Rat und Tat zur Seite gestanden und haben keinen Moment an dem Gelingen der Expedition gezweifelt. Sie waren auch die ersten, von denen ich, in der Heimat angelangt, einen telegraphischen und brieflichen Willkommensgruß vorfand.

       "Auf Nepomuk"

      Ich hatte mir meine beabsichtigte Reiseroute in großen Zügen ungefähr wie folgt festgelegt: Tientsin, Taiyuanfu, Lan tschau, Kan tschau, Ansifan, Hami, Karaschar, Aksu, Kaschgar und über den Terek-Paß nach dem Endpunkt der Eisenbahn, der in den Atlanten noch in Khokand angegeben war, während er der Wirklichkeit entsprechend in Andischan lag.

      Am 11. Dezember machte ich meinen militärischen Vorgesetzten, ohne deren Einwilligung es selbstredend nicht ging, Meldung über mein Vorhaben. Hierzu begab ich mich zum ersten Generalstabsoffizier der Brigade, Major v. Falkenhayn, der selbst in früheren Jahren größere Reisen in Ostchina gemacht hatte und der sofort das weitgehendste Interesse für meine Pläne kundgab. Während wir noch an der Hand der Karte berieten, kam unser Kommandeur, Generalmajor v. Rohrscheidt, dazu, und so war für mich die Gelegenheit günstig, auch diesem Vorgesetzten sofort von meinen Plänen Mitteilung zu machen. Ich stieß bei beiden nicht auf die kurze Abweisung, die ich befürchtet hatte. Sowohl der General, wie auch der Generalstabsoffizier erklärten mir, daß sie das Vertrauen zu mir hätten, einen solchen im großen Maßstab angelegten Distanzritt glücklich durchführen zu können, was mir eine große Genugtuung war, und ich erhielt Befehl, in nächster Zeit mit durchgearbeiteten Vorschlägen wiederzukommen. Denselben Abend benutzte ich, mich genauer über den zu nehmenden Weg zu orientieren, und schon am nächsten Tage konnte ich den beiden Vorgesetzten mit einem neuen Plan unter die Augen treten. Ich hatte die Liste der Hauptortsnamen und der Distanzen festgestellt, hatte an der Hand meiner auf dem letzten Ritt gesammelten Erfahrungen eine Tagesleistung von etwa 40 Kilometer angenommen und wollte, diesen Durchschnitt einhaltend, in 118 Tagen Khokand erreichen, um von dort mittels Eisenbahn die Heimat in ferneren drei Wochen zu gewinnen. Ich ahnte damals noch nicht, wie wenig es mir möglich werden würde, den angegebenen Zeitraum inne zu halten, denn unerwartete Hindernisse verschiedenster Art machten mir später einen Strich durch die Rechnung. Der General erklärte sich schließlich mit meinen Vorschlägen einverstanden und versprach, für mich bei Sr. Majestät in befürwortender Weise einen dreimonatlichen Urlaub telegraphisch erbitten zu wollen, was für mich zuzüglich der mir zustehenden Reisezeit von 45 Tagen genügt hätte.

      Ehe die Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers eingetroffen war, konnte ich selbstredend an die Beschaffung der notwendigen Ausrüstung nicht denken, und da die Rückantwort unter zwei Wochen nicht zu erwarten war, benutzte ich die Zwischenzeit zu mehreren Ritten, die teils dem eigenen Training dienen, teils das mir gerade zur Verfügung stehende Pferde- und Ponymaterial auf seine Leistungsfähigkeit ausproben sollten.

      Mein erster Ritt führte mich zusammen mit einem Kameraden, der eine dienstliche Patrouille über Wancingto-tschönn — Yungtsing Hsien — Kuan Hsien auszuführen hatte, in drei Tagen nach Peking. Von Peking aus legte ich an einem Tage die ganze Strecke von 130 Kilometer allein zurück. Ich benutzte hierzu Peter, einen australischen braunen Wallach, der mein Eigentum war; er hatte zwar während des dreitägigen Rittes nach Peking in den offenen chinesischen Ställen sehr gefroren und nebenbei noch das ungewohnte Futter schlecht angenommen; war aber sonst in ganz leidlicher Kondition und sollte am ersten Renntage des "Winter-Sport-Vereins" Ende Dezember herausgebracht werden. Ich will gleich hinzufügen, daß es mir auch gelang, noch kurz vor meinem Weggange ein Rennen mit ihm zu gewinnen.

      Um 8 Uhr


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