Butler Parker 127 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
in Ipswich und wollte Lady Agatha nicht aus Langweile Flugstunden nehmen.
Das Innenministerium hatte sich an Agatha Simpson und Josuah Parker mit der dringenden Bitte um Hilfe gewandt. Nach leider nur spärlichen Informationen eines weil vom Erdboden verschwundenen Mannes des britischen Geheimdienstes sollte sich ein ausländischer Agentenring im Flugclub eingenistet haben.
Nach dem Anhören dieser Bitte hatte Mylady sich sofort in Marsch gesetzt. Sie witterte selbstverständlich wieder mal den Stoff für ihren geplanten Kriminalbestseller, mit dem sie eine gewisse Agatha Christie in den Schatten stellen wollte. Parker war weniger optimistisch als Lady Simpson. Für ihn waren die spärlichen Hinweise noch zu mysteriös und zu mager. Es war von Flugzeugen gesprochen worden, doch im Grund nicht von diesem Club, den sie gerade besucht hatten. Es wäre jedoch sinnlos gewesen, sich gegen Myladys Pläne stemmen zu wollen. Selbstverständlich hatte er seinen Privatwagen aus der Garage geholt und die Reise vorbereitet.
»Um noch mal auf dieses Subjekt Maser zu kommen«, ließ die ältere Dame sich vernehmen. »Hat er Sie ebenfalls gesehen, Mister Parker?«
»Davon sollte man sicherheitshalber ausgehen, Mylady.«
»Glauben Sie, daß er etwas gegen uns unternehmen wird?«
»Man sollte sich darauf einrichten, Mylady.«
»Sehr schön, sehr nett.« Lady Simpson liebte aufregende Abenteuer. »Hoffentlich enttäuscht uns dieser Lümmel nicht. Falls aber doch, werden wir ihn leicht reizen und aus seiner Reserve locken.«
»Myladys Wunsch wird mir Befehl sein.« Parker bedauerte es fast schon, seine Herrin auf Paul Maser hingewiesen zu haben. Kommende Verwicklungen waren bereits so gut wie vorprogrammiert.
Insgeheim fragte Parker sich natürlich, ob der wie vom Erdboden verschwundene Agent Ihrer Majestät auf das Konto dieses Paul Maser ging. Zuzutrauen war Maser so etwas schon. Diesem Mann kam es auf ein Menschenleben überhaupt nicht an.
»Hören Sie denn nichts?« fragte Agatha Simpson plötzlich energisch.
»Mylady?« Parker wußte nicht, was die Detektivin meinte, doch eine Sekunde später wußte er sehr genau, worauf sie anspielte. Dicht über dem hochbeinigen Monstrum mußte sich ein Flugzeug befinden. Das Geräusch wurde aufdringlich, die Maschine hatte die zulässige Mindesthöhe bei weitem unterschritten. Und das geschah wahrscheinlich nicht aus Leichtsinn oder Zufall!
*
Aus einem stets wachen Instinkt heraus, der bei Parker schon fast überentwickelt war, trat der Butler hart aufs Bremspedal, ohne seine Herrin vorwarnen zu können.
Sie stieß einen Überraschungsruf aus, als sie plötzlich in ihrem Anschnallgurt hing, den sie auch auf dem Rücksitz angelegt hatte. Bevor sie sich dazu grollend äußern konnte, jagte über dem hochbeinigen Monstrum des Butlers eine kleine moderne Sportmaschine entlang. Bruchteile von Sekunden später landete etwa fünfzig Meter vor dem Kühler des Wagens eine Art Kanister auf der Fahrbahn, der aufschlug, hochsprang, weitergewirbelt wurde und dann mit einem Satz in der nahen Wiese landete.
Parker hatte bereits den Rückwärtsgang eingelegt und gab Vollgas. Sein Wagen, ein ehemaliges Londoner Taxi, rollte im Eiltempo in die Gegenrichtung und wurde dann von der Druckluftwelle des detonierenden »Kanisters« erfaßt und durchgeschüttelt.
Aus der Wiese stieg ein schwarzer Rauchpilz hoch, als sei dort eine Bombe eingeschlagen. Erde, Steine und Grasnarben wirbelten durch die Luft und prasselten auf die Straße. Parkers Monstrum schaukelte in der Federung, Erdreich prasselte aufs Wagendach, und eigentlich erst jetzt war das reißende Krachen der Detonation so richtig zu vernehmen.
»Das ist aber die Höhe!« entrüstete sich Lady Simpson. »Was war denn das, Mister Parker?«
»Ein Explosivkörper, Mylady«, lautete Parkers Antwort. »Man könnte unter Umständen auch Bombe dazu sagen.«
»Das ist ja lebensgefährlich.« Myladys Stimme ließ erkennen, wie beeindruckt die ältere Dame war.
»Die beobachtete Sprengkraft möchte ich als durchaus beachtlich qualifizieren«, sagte Parker. »Wahrscheinlich ist mit einem zweiten Anflug zu rechnen.«
»Dann tun Sie gefälligst etwas dagegen«, verlangte Agatha Simpson grimmig. »Natürlich, das Motorengeräusch ist schon wieder zu hören.«
Parker hatte es ebenfalls mitbekommen.
Er stand inzwischen neben der geöffneten Fahrertür und beobachtete den Himmel. Die Angreifer hatten sich ein besonders gutes Gelände für ihren Tiefangriff ausgesucht. Die Straße befand sich auf einer Art Damm, der zum Fluß hin steil abfiel. Auf der anderen Straßenseite fiel das Gelände ebenfalls recht steil ab und ging dann in weite, baumlose Wiesen über. Man befand sich wie auf einem Präsentierteller. Die Angreifer konnten sich in aller Ruhe und Gelassenheit mit ihrem Zielobjekt befassen.
Und dann war der kleine schnelle Tiefdecker bereits wieder zu sehen.
Hinter einem fernen Wäldchen hatte er gedreht und flog seinen zweiten Angriff. Die Lage war mehr als kritisch. Parker mußte sich tatsächlich etwas einfallen lassen, wenn er und seine Herrin nicht tödlich getroffen werden sollten.
Obwohl sein hochbeiniges Monstrum durchaus als eine Trickkiste auf Rädern bezeichnet werden konnte, verfugte Parker selbstverständlich nicht über ein Maschinengewehr, mit dem er sich jetzt hätte wehren können.
Er setzte sich zurück in den Wagen und drückte auf einen der vielen Bedienungsknöpfe des Armaturenbretts. Dann gab er Vollgas und wartete darauf, daß die Einnebelung begann.
Es dauerte etwa zehn Sekunden, bis aus am Wagen versteckt angebrachten Düsen tiefschwarze Rauch- und Rußwolken quollen, die eine undurchsichtige Zone bildeten. Parker ließ seinen Trickwagen vorrollen, um dann wieder zurückzustoßen. Auf diese Art und Weise nebelte er ein gutes Stück der Dammstraße ein und machte es dem Bombenschützen unmöglich, das Ziel genau zu orten.
Eine zweite Detonation!
Parkers Wagen wurde erneut durchgeschüttelt. Wieder prasselten Erdschollen auf das Wagendach. Irgendwo in der Rauchzone schoß ein orangefarbener Blitz hoch.
»War das nicht eine zweite Bombe?« erkundigte sich Agatha Simpson mit erstaunlicher Ruhe. Sie war keine Frau, die sich gehen ließ.
»Myladys Deutung dürfte mit den Tatsachen übereinstimmen«, antwortete Josuah Parker. »Darf ich mir die Freiheit nehmen, Mylady einen Moment allein zu lassen?«
»Was haben Sie vor, Mister Parker?«
»Vielleicht sollte man einem dritten Angriff vorbeugen, Mylady«, gab der Butler würdevoll zurück. »Diese Belästigungen erweisen sich auf die Dauer als störend, wenn ich es so umschreiben darf.«
*
Josuah Parker öffnete den Kofferraum seines hochbeinigen Monstrums und entnahm ihm einige Gegenstände, die an lustige Feuerwerkskörper erinnerten. Sie wurden gemeinhin in Silvesternächten verwendet, um das neue Jahr gebührend zu begrüßen. Es handelte sich also um Raketen, die man im freien Fachhandel kaufen konnte. Sie waren an langen Holzpflöcken befestigt, um den Amateurfeuerwerker nicht zu gefährden.
Parker schritt mit diesen Raketen durch den dichten schwarzen Nebel, bis er eine hellere Zone erreicht hatte. Er hörte den Motor des kreisenden Tiefdeckers, ohne die Maschine im Moment aber schon ausmachen zu können. Er holte eine kleine Taschenschere aus einer seiner vielen Westentaschen und verkürzte die Lunten der Feuerwerkskörper derart drastisch, daß sie unmittelbar nach dem Anzünden zischten. Parker verließ die Dämmerzone der dunklen Schwaden und blieb plötzlich stehen.
Der Tiefdecker suchte nach seinem Opfer.
Die Maschine flog sehr nieder über die Dammstraße, tauchte sogar im Rauch ein und erschien dann wieder in östlicher Richtung. Für einen Augenblick hegte Parker die Befürchtung, eine dritte Bombe sei vielleicht abgeworfen worden, doch das war erfreulicherweise nicht der Fall. Der Bombenschütze wollte diesmal sicher sein und das anvisierte Ziel auch tatsächlich treffen.
Parker