Эротические рассказы

Wilhelm Hauff: Märchen, Romane, Erzählungen & Gedichte. Wilhelm HauffЧитать онлайн книгу.

Wilhelm Hauff: Märchen, Romane, Erzählungen & Gedichte - Wilhelm  Hauff


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saß jetzt wieder auf meinem Dachkämmerlein, hatte die hebräische Bibel und die griechischen Unregelmäßigen vor mir liegen und auf ihnen meine Romane. An manchem Abend habe ich dort heiße Tränen geweint und durch die Jalousien in den Garten hinabgeschaut, denn die zuchtlose Jungfrau sollte meinen Jammer nicht erschauen, sie sollte den Kampf zwischen Haß und Liebe nicht auf meinem Antlitz lesen. Ich war fest überzeugt, daß so unglücklich wie ich, kein Mensch mehr sein könne und höchstens der unglückliche Otto von Trautwangen, als er in Frankreich mit seinem vernünftigen lichtbraunen Rößlein eine Höhle bewohnte, konnte vielleicht so kummervoll gewesen sein wie ich.

      Aber das Maß meiner Leiden war nicht voll; hören Sie, wie ›aus entwölkter Höhe‹, mich ein zweiter Donner traf.

      Der alte Rektor hatte seinen Schülern ein Thema zu einem Aufsatz gegeben, worin wir die Frage beantworten sollten, wen wir für den größten Mann Deutschlands halten? Es sollte sein Wert geschichtlich nachgewiesen, Gründe für und wider angegeben und überhaupt alles recht gelehrt abgemacht werden. Ich hatte, wie ich Ihnen schon bemerkt habe, meine Herren, immer einen harten Kopf, und Aufsätze mit Gründen waren mir von jeher zuwider gewesen, ich hatte also auch immer mittelmäßige oder schlechte Arbeit geliefert. Aber für diese Arbeit war ich ganz begeistert, ich fühlte eine hohe Freude in mir, meine Gedanken über die großen Männer meines Vaterlandes zu sagen und meine Ideale (und wer hat in diesen Jahren nicht solche) in gehöriges Licht setzen zu können.

      Geschichtlich sollte das Ding abgefaßt werden? was war leichter für mich als dies; jetzt erst fühlte ich den Nutzen meines eifrigen Lesens; wo war einer, der so viele Geschichten gelesen hatte als ich? Und wer, der irgendeinmal diese Bücher der Geschichten in die Hand nahm, wer konnte in Zweifel sein, wer die größten Männer meines Vaterlandes seien? Zwar war ich noch nicht ganz mit mir selbst im reinen, wem ich die Krone zuerkennen sollte; Hasper a Spada? es ist wahr, es war ein Tapferer, der Schrecken seiner Feinde, die Liebe seiner Freunde; aber, wie die Geschichte sagt, war er sehr stark dem Trinken ergeben und dies war doch schon eine Schlacke in seinem fürtrefflichen Charakter; Adolph der Kühne, Raugraf von Dassel? Er hat schon etwas mehr von einem großen Mann; wie schrecklich züchtigt er die Pfaffen! Wenn er nur nicht in der Historie nach Rom wandeln und Buße tun müßte, aber dies schwächt doch sein majestätisches Bild. Es ist wahr, Otto von Trautwangen glänzt als ein Stern erster Größe in der deutschen Geschichte, dachte ich weiter, aber auch er scheint doch nicht der größte gewesen zu sein, wiewohl seine Frömmigkeit, die sehr in Anschlag zu bringen ist, jeden Zauber überwand.

      Island gehörte wohl auch zum deutschen Reich, wahrhaftig unter allen deutschen Helden ist doch keiner, der dem Thiodolf das Wasser reicht. Stark wie Simson, ohne Falsch wie eine Taube, fromm wie ein Lamm, im Zorn ein Berserker, es kann nicht fehlen, er ist der größte Deutsche.

      Ich setzte mich hin und schrieb voll Begeisterung diese Rangordnung nieder; wohl zehnmal sprang ich auf, meine Brust war zu voll, ich konnte nicht alles sagen, die Feder, die Worte versagten mir, wohl zehnmal las ich mir mit lauter Stimme die gelungensten Stellen vor; wie erhaben lautete es, wenn ich von der Stärke des Isländers sprach, wie er einen Wolf zähmte, wie er in Konstantinopel ein Pferd nur ein wenig auf die Stirne klopfte, daß es auf der Stelle tot war, wie großmütig verschmäht er alle Belohnung, ja er schlägt einen Kaiserthron aus, um seiner Liebe treu zu bleiben, wie kindlich fromm ist er, obgleich er die christliche Religion nicht recht kannte, wie schön beschrieb ich das alles; ja! es mußte das harte Herz des alten Rektors rühren!

      Ich konnte mir denken, wie er meine Arbeit mit steigendem Beifall lesen, wie er morgens in die Klasse kommen würde, um unsere Aufsätze zu zensieren; dann sendet er gewiß einen milden, freundlichen Blick nach dem letzten Platze, wohin er sonst nur wie ein brüllender Löwe schaute, dann liest er meine Arbeit laut vor und spricht: ›Kann man etwas Gelungeneres lesen als dies, und ratet, wer es gemacht hat? Die Letzten sollen die Ersten werden; der Stein, den die Bauleute verworfen haben, soll zum Eckstein werden; tritt hervor, mein Sohn, Garnmachere! Ich habe immer gesagt, du seiest ein bête, konnte ich ahnen, daß du mit so vielem Eifer Geschichten studierst? Nimm hin den Preis, der dir gebührt.‹

      So mußte er sagen, er konnte nicht anders, ohne das schreiendste Unrecht zu tun. Eifrig schrieb ich jetzt meinen Aufsatz ins reine, und um zu zeigen, daß ich auch in den neueren Geschichten nicht unbewandert sei, sagte ich am Schluß, daß ich nach Erfindung des Pulvers den deutschen Alcibiades, und nächst ihm Hermann von Nordenschild für die größten Männer halte. Man könne ihnen den Ritter Euros, welcher nachher als Domschütz mit seinen Gesellen so großes Aufsehen gemacht habe, was die Tapferkeit betreffe, vielleicht an die Seite stellen, doch stehen jene beiden auf einem viel höheren Standpunkt.

      Ich brachte dem Rektor triumphierend den Aufsatz und mußte ihm beinahe ins Gesicht lachen, als er mürrisch sagte: ›Er wird wieder ein schönes Geschmier haben, Garnmacher!‹

      ›Lesen Sie, und dann – richten Sie‹, gab ich ihm stolz zur Antwort und verließ ihn.

      Wenn in Ihrem Vaterlande, Mylord, eine Preisfrage gestellt würde, über den würdigsten englischen Theologen, und es würden in einer gelehrten, mit Phrasen wohldurchspickten Antwort die Vorzüge des ›Vicar of Wakefield‹ dargetan, wer würde da nicht lachen? Wenn Sie, werter Marquis, nach der würdigsten Dame zu den Zeiten Louis XIV. gefragt würden und Sie priesen die ›Neue Heloise‹, würde man Sie nicht für einen Rasenden halten? Hören Sie, welche Torheit ich begangen hatte!

      Der Samstag, an welchem man unsere Arbeiten gewöhnlich zensierte, erschien endlich. Sooft dieser Tag sonst erschienen war, war er mir immer ein Tag des Unglücks gewesen; gewöhnlich schlich ich da mit Herzklopfen zur Schule, denn ich durfte gewiß sein, wegen schlechter Arbeit getadelt, öffentlich geschmäht zu werden. Aber wieviel stolzer trat ich heute auf, ich hatte meinen besten Rock angezogen, den schönsten, feingestickten Hemdkragen angelegt, mein wallendes Haar war zierlich gescheitelt und gelockt, ich sah stattlich aus und gestand mir, ich sei auch im Äußeren des Preises nicht unwürdig, welcher mir heute zuteil werden sollte.

      Der Rektor fing an, die Aufsätze zu zensieren; wie ärmliche, obskure Helden hatten sich meine Mitschüler gewählt: Hermann, Karl der Große, Kaiser Heinrich, Luther und dergleichen – er ging viele durch, immer kam er noch nicht an meine Arbeit; ja es war offenbar, meine Helden hatte er auf die Letzt aufgespart – als die besten!

      Endlich ruhte er einige Augenblicke, räusperte sich und nahm ein Heft mit rosenfarber Überdecke, das meinige, zur Hand; mein Herz pochte laut vor Freude, ich fühlte, wie sich mein Mund zu einem triumphierenden Lächeln verziehen wollte, aber ich gab mir Mühe, bescheiden bei dem Lob auszusehen; der Rektor begann:

      ›Und nun komme ich an eine Arbeit, welche ihresgleichen nicht hat auf der Erde (earth) ich will einige Stellen daraus vorlesen:‹ er deklamierte mit ungemeinem Pathos gerade jene Kraftstellen, welche ich mit so großer Begeisterung niedergeschrieben hatte; ein schallendes Gelächter aus mehr als vierzig Kehlen unterbrach jeden Satz, und als er endlich an den Schluß gelangte, wo ich mit einer kühnen Wendung dem furchtbaren Domschützen noch einige Blümchen gestreut hatte, erscholl Bravo! Ancora! und die Tische krachten unter den beifalltrommelnden Fäusten meiner Mitschüler. Der Rektor winkte Stille und fuhr fort: ›Es wäre dies eine gelungene Satire auf die Herren Spieß und Konsorten, wenn nicht der Verfasser selbst eine Satire auf die Menschheit wäre. Es ist unser lieber Garnmacher. Tritt hervor du dedecus naturae, hieher zu mir!‹

      Zitternd folgte ich dem fürchterlichen Wink. Das erste war, als ich vor ihm stand, daß er mir das rosenfarbene Heft einmal rechts und einmal links um die Ohren schlug; und jetzt donnerte eine Strafpredigt über mich herab, von der ich nur so viel verstand, daß ich ein bête war, und nicht wußte, was Geschichte sei.

      Es begegnet zuweilen, daß man im Traum von einer schönen, blumigen Sonnenhöhe in einen tiefen Abgrund herabfällt; man schwindelt, indem man die unermeßlichen Höhen herabfliegt, man fühlt die unsanfte Erschütterung, wenn man am Boden zu liegen glaubt, man erwacht und sieht sich mit Staunen auf dem alten Boden wieder; die Höhe, von der man herabstürzte, ist mit all ihren Blütengärten verschwunden, ach, sie war ja nur ein Traum!

      So war mir damals, als mich der Rektor aus meinem Schlummer aufschüttelte, ein tiefer Seufzer war


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