Im Sonnenwinkel Staffel 5 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
sah ihre glitzernden Augen und fragte sich, wieweit er sich auf sie verlassen könnte. Aber er hatte jetzt keine andere Wahl. Er musste Jan und Katja erst eins auswischen. So ließ er sich einfach nicht behandeln.
»Und was machst du?«, fragte Liliane.
»Um allem die richtige Würze zu geben, werde ich die liebe Katja besuchen. Sie ist bei ihrer Freundin Stella, und die kenne ich auch.«
»Hoffentlich verkalkulierst du dich nicht wieder«, sagte Liliane.
Er lächelte überheblich. »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.«
*
»Ich muss an Jan schreiben«, erklärte Katja, nachdem sie sich mit einem kräftigen Frühstück gestärkt hatte.
Zuerst hatte sie geglaubt, nichts essen zu können. Aber dann hatte sie an das Kind gedacht, an Dr. Riedels Ermahnungen, und nach den ersten Bissen kam auch der Appetit. Stella, die ihr Gesellschaft leistete, war zufrieden.
»Du kannst ihn doch anrufen«, meinte sie.
»Nein, ich kann es nicht am Telefon sagen. Ich muss es ihm schreiben«, flüsterte Katja. »Kannst du mir bitte Briefpapier geben?«
»Kann ich, aber nur keine Hast, Katja.«
Doch Katja wollte sofort schreiben. Sie musste es sich von der Seele schreiben, was sie bedrückte. Erst dann konnte sie wieder freier atmen. Stella ließ sie seufzend gewähren.
Bambi war gekommen, mit einem Blumenstrauß.
»Wollte Katja besuchen«, sagte sie. »Wie geht es ihr?«
»Sie schreibt gerade einen Brief. Gedulde dich noch ein bisschen«, entgegnete Stella.
»Sie ist doch nicht sehr krank?«, erkundigte sich Bambi besorgt.
»Jetzt geht es ihr schon wieder besser.«
»Ich sage es ja immer. Im Sonnenwinkel wird alles gut. Wenn Onkel Sebastian noch hätte herkommen können, wäre er auch nicht gestorben.«
»Du bist ein kleiner Schatz, Bambilein, aber wenn eine Lebensuhr abgelaufen ist, kann auch der Sonnenwinkel nicht helfen.«
»Kann man die Lebensuhr nicht aufziehen?«, fragte Bambi.
»Schön wäre es«, meinte Stella.
»Im Sonnenwinkel stirbt man nicht so schnell. Hier ist alles so schön ruhig, und gute Luft haben wir auch. Die Leute in der Stadt haben es nicht so gut, deswegen werden sie auch schneller krank.«
Sie unterhielten sich noch, bis Katja ihren Brief beendet hatte. Dann bot Bambi sich an, ihn zum Briefkasten zu bringen, aber da Ricky ohnehin nach Hohenborn fuhr, nahm sie ihn gleich mit.
Katja beschäftigte sich indessen mit Bambi und dem kleinen Henrik. Zärtlich betrachtete sie die Kinder abwechselnd.
Zwei Kinder wollte sie wenigstens haben, einen Sohn und eine Tochter, und wenn es dann noch mehr würden, hätte sie auch nichts dagegen. Doch in ihr war eine leise Angst, dass Jan ihr nicht verzeihen könnte.
Hätte sie ihm nicht auch schreiben sollen, dass sie vielleicht auf ein Kind hoffen durften? Nein, das wollte sie ihm lieber persönlich sagen. Sie wollte sein Gesicht sehen, sie wollte ihm sagen, wie sehr sie ihn liebte.
»Die Sonne scheint ganz schön warm heute. Wollen wir nicht ein Stück spazieren gehen?«, fragte Bambi.
Dagegen hatte Katja jetzt gar nichts einzuwenden. Frische Luft und Bewegung würden ihr gut tun, ihr und dem Baby, das erst eine Ahnung war und dem sie doch schon so viel Liebe entgegenbrachte.
»Nehmt Henrik mit«, sagte Stella. »Ich setze das Essen an und komme nach.«
»Wenn es dann bloß nicht anbrennt«, meinte Bambi.
Stella lachte. »Jetzt stelle ich mich nicht mehr so dumm an.«
»Es geht ja auch alles automatisch, wenn man es richtig einstellt«, behauptete Bambi.
*
Sie hielten sich nach dem Spaziergang auch noch eine Stunde bei den Auerbachs auf.
Fabian hatte heute erst halb zwei Uhr Schulschluss und kam dann erst mit Ricky zurück.
Stella ging etwas früher, damit mit dem Mittagessen wirklich nichts passieren konnte, und als dann der Bus kam und Hannes heimbrachte, brach auch Katja mit dem kleinen Henrik auf.
Sie ging langsam, den Kinderwagen vor sich herschiebend. Henrik, der die ganze Zeit auf dem Knie seiner heißgeliebten Omi Inge herumgehopst war, schlief sofort ein.
Zärtlich betrachtete Katja das süße Gesichtchen, und sie stellte sich vor, dass sie nächstes Jahr um diese Zeit ihr Baby so spazieren fahren könnte.
Als sie die Gartentür erreicht hatte, vernahm sie Stellas erregte Stimme.
»Nein, Katja ist für Sie nicht zu sprechen! Keinesfalls!«
»Aber ich bitte Sie, Stella!«
Es war die Stimme von Heinz, und Katja stand augenblicklich wie versteinert. Dann drehte sie sich spontan um und lief zurück.
Das Tempo schien Henrik zu behagen, denn er erwachte und begann zu jauchzen. Er strampelte mit Händen und Füßen, als Katja das Auerbachsche Grundstück wieder erreicht hatte. Sie bekam kaum noch Luft.
Da kam Bambi herausgestürzt, und sie fragte erschrocken: »Was ist denn, Katja? Ist das Essen angebrannt?«
»Nein, es ist jemand da«, stieß Katja hervor.
Bambi war sichtlich verwundert.
»Ist das denn schlimm?«
Für Katja war es ein großer Schrecken. Sie brachte kein Wort mehr hervor, und als sie dann Inge Auerbach gegenüberstand, war ein so hilflos-flehender Blick in ihren Augen, dass Inge mütterlich den Arm um sie legte und sie auf einen Stuhl drückte.
Stella war indessen so wütend geworden, dass das Temperament mit ihr durchging. Und in solchen Augenblicken war mit ihr gar nicht zu spaßen.
Getrieben von der Angst, dass Katja kommen könnte, schleuderte sie Heinz zornige Worte ins Gesicht, und damit war sie nicht wählerisch.
Da kamen zum Glück Fabian und Ricky.
»Nanu! Was ist denn hier los?«, fragte Fabian. »Warum schreist du so, Stella?«
»Wirf diesen Kerl hinaus«, sagte sie wütend. »Sonst kenne ich mich nicht mehr.«
Fabian kannte dafür seine Schwester umso besser.
»Also, Sie haben es gehört«, bemerkte er eisig, und da trat Heinz Roden den Rückzug an.
»Wer ist denn das?«, fragte Ricky.
»Heinz Roden. Herrgott, bin ich froh, dass Katja sich bei Mami so festgeschwatzt hat. Ich rufe drüben gleich mal an, dass sie noch bleibt.«
Das geschah, und nun wusste auch Inge Auerbach Bescheid, denn Katja hatte noch immer nichts erzählt.
»Ruhe, Kind«, sagte Inge zu Katja. »Stella hat ihn hinausgeworfen. Hier wird Ihnen niemand zu nahe treten.«
»Aber er wird keine Ruhe geben. Er wird alles tun, um uns auseinanderzubringen.«
»Na, das wollen wir doch mal sehen«, meinte Inge Auerbach. »Schließlich sind wir auch noch da.«
*
Jan war ohne Unterbrechung die ganze Strecke gefahren. Gegen fünf Uhr nachmittags war er daheim, erschöpft, übermüdet und voller Unruhe.
»Hast du Nachricht von Katja, Lalli?«, war seine erste Frage.
»Stella Auerbach hat angerufen. Sie sagt, es sei alles in Ordnung, aber ich glaube, Katja geht es nicht gut.«
»Ich werde duschen und mich umziehen, dann fahre ich zu ihr.«
»Zuerst wird gegessen!«,