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Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch - Walther Kabel


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war aus meinem Leben gestrichen – für immer. Ich habe sie nie mehr wiedergesehen bisher. Möglich, daß uns das spielerische Schicksal doch noch zusammenführt. Aber Edith Gordon hat meiner in vielem so unausgeglichenen und widerspruchsvollen Persönlichkeit in ihrer Artikelserie in der Times volle Gerechtigkeit widerfahren lassen, hat sich damit in krassem Gegensatz zu jenem sensationslüsternen schreibenden geschäftstüchtigen Herrn gestellt, der die Einleitung verfaßte. Aber auch das ist ja alles so unendlich gleichgültig.

      Coy … Mein Freund Coy. Ihm gelten diese letzten Seiten, ihm allein.

      Chubur hatte gleich nach Edith Gordons Aufbruch die ganze Umgebung unseres Lagerplatzes aufs genaueste abgesucht. Er kehrte erst zurück, als die Sonne bereits hoch über dem dunstigen Horizont stand. Er hatte keinerlei verdächtige Spuren entdeckt. Auch wir brachen auf. Chubur ritt dreißig Meter voran. Ich folgte mit dem Todwunden und dem Toten und den fünf Reservepferden. Coy ruhte im Halbschlaf in der aus Zweigen geflochtenen Wiege, die weich mit Moos und Decken gepolstert und dem kräftigsten Gaul auf den Rücken gebunden war. Coy war wach, lag aber mit fieberglänzenden Augen da und führte wirre Reden.

      Vier Stunden durch die Ausläufer der Anden. Dann die Steppe, kurze Rast, abermals Aufbruch. Die Thonecas ließen sich nicht sehen. Edith Gordon hatte mir ihren Vorrat an Chinin ausgehändigt. Coy war nach der zweiten Dosis eingeschlummert – ein bleierner unnatürlicher Schlaf.

      Und wir brachten ihn drei Tage später wirklich noch lebend bis zur Gallegos-Bucht.

      Brauche ich Einzelheiten dieses entsetzlichen Rittes zu erwähnen?! Jeder kann sich selbst unschwer ausmalen, was es heißt, mit einem Schwerverwundeten und einem Toten durch glutheiße Tage, eisige Nächte, Sandsturm, tosende Gewitter und – – in steter Sorge vor einem heimtückischen Angriff durch die endlose Wellenprärie dahinzutraben – ohne längere Ruhepause, ohne je recht Schlaf zu finden, stets mit angespannten Sinnen, Angst um den Sterbenden im Herzen, den Leichenduft des in eine Wolldecke gehüllten Toten als ständige Mahnung an die Vergänglichkeit alles Irdischen in der Nase, – – und das Hirn leer vor Erschöpfung. Selbst Chuburs eiserne Natur versagte. Kaum waren wir im Dorfe angelangt, kaum hatten wir den uns umdrängenden Männern, Frauen und Kindern und dem vor Schmerz wie Wahnsinnige sich gebärdenden Weibern Chicos und Coys die notwendigsten Erklärungen gegeben und die ebenso notwendigen Anordnungen getroffen, damit sofort ein paar Reiter den Militärarzt aus Skyring herbeiholten, als wir auch schon halb ohnmächtig in ein Zelt taumelten und in einen tiefen bleiernen Schlaf fielen. Volle achtzehn Stunden habe ich damals wie ein Bewußtloser dagelegen. Als ich erwachte, – mein erster Gang zu Coys Steinhütte, die hart am hohen Felsufer der Bucht sich neben einem kleinen Buchenwäldchen erhebt, zwanzig Meter weiter unter der breiten Krone eines uralten Stammes mein eigenes schlichtes Heim …

      Coy bei vollem Bewußtsein – mir entgegenlächelnd, mir matt die Hand hinstreckend. Sprechen konnte er nicht mehr, nicht einmal mehr flüstern. Jeder Versuch dazu rief einen schrecklichen Hustenanfall hervor, der ihm eitrige Blutfäden über die Lippen trieb.

      Am nächsten Tage kam der Arzt. Untersuchte, zuckte die Achseln, nahm mich abseits. Es war ein Chilene von liebenswürdigsten Umgangsformen.

      »Drei, vier Wochen kann’s noch dauern … Ebenso gut kann’s morgen schon mit Ihrem Freunde zu Ende gehen …«

      Er gab mir Verhaltungsmaßregeln: Sonne, frische Luft, Umschläge, Chinin, wenn das Fieber wiederkehre …

      Und ritt mit seiner Eskorte von fünf Kavalleristen wieder davon, als Honorar drei von meinen schönsten Pumafellen mit sich nehmend.

      Wochen …

      Ja – noch Wochen dauerte diese qualvolle Ungewißheit … Einen Tag hoffte ich, den anderen Tag fürchtete ich das Schlimmste, den nächsten hoffte ich von neuem …

      Und – – so ging’s Wochen, drei volle Wochen …

      Siechtum eines Mannes, der das Sterben nicht fürchtete, der immer heiter war, der immer die Kraft fand, uns – uns aufzurichten, wenn das Weh uns kleinmütig machte. So war der sterbende Coy.

      Wenn Coy schlief, flüchtete ich in meine Laube am Strande und schrieb … wie ich heute hier schreibe vom Sterben des Enkels des einzigen Araukanerkönigs.

      Und dann kam jener Donnerstag, an dem ich merkte, daß die vollkommen vereiterte Lunge den welken Leib nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgte und die Auflösung unmittelbar bevorstehe. Coy war seit acht Stunden bewußtlos. Die Atmung kaum mehr wahrnehmbar, das Gesicht mit kalten Schweißperlen bedeckt, die Augen tief eingesunken.

      Dieser Zustand währte bis zum Abend. Ich verließ nicht einen Moment Coys Lager, und Chubur und ein paar andere Araukaner, die dem Sterbenden näher gestanden, hockten wie ich in düsterem Schweigen um das mit Häuten bespannte Rahmenbett.

      Draußen wurde es dunkler und dunkler. Coys Weib zündete auf dem Steinherd ein Feuer an. Die Flammen leckten knisternd empor. Der unruhige Lichtschein umspielte das magere Leidensgesicht Coy Calas und die ernsten Mienen seiner Stammesgenossen. Drüben von der Bucht her schallten die verschlafenen Schreie der Möven herüber und das ferne heisere Bellen von Robben und Seehunden.

      Pferdegetrappel dann …

      Der Sterbende schreckt empor …

      Fremde Gestalten betreten die Hütte: eine Abordnung der großen Araukanernation ist’s … Viele Tage sind die zwanzig Krieger unterwegs gewesen, kommen aus den wärmeren fruchtbareren Gebieten der Pampas, aus Coys eigentliche Heimat … Bringen dem ungekrönten Herrscher der Araukaner die Grüße der ganzen Nation.

      Coy sitzt aufrecht. Hört die Häuptlinge sprechen.

      Und abermals draußen ungewöhnlicher Lärm. Schüsse … Immer zahlreicher …

      Das war der Spätabend, an dem der Oberkapike Tuluma den Tod seiner zehn Leute zu rächen gedachte.

      Überfall, Kampf …

      Und Kugeln fahren in die Wände der Hütte …

      Coy winkt mir … Coy will hinaus ins Mondlicht – hinaus in den Lärm des wütenden Nachtgefechts. Ich trage ihn. Chubur drückt ihm den Karabiner in die schlaffen Hände.

      Tuluma hat mit den zwanzig tadellos bewaffneten fremden Araukanern nicht gerechnet. Nicht mit der grimmen Wut der Angegriffenen, nicht mit dem Eindruck, den das Erscheinen Coys hervorruft.

      Urplötzlich verstummen die Schüsse, als ich, den Sterbenden in den Armen, in den Lichtschein zweier brennender Blockhütten trete …

      Coy hebt den Karabiner …

      Drückt ab … Die Kugel fliegt gen Himmel. Der Karabiner fällt zu Boden. Ich ergreife des Freundes Hand. Ein letzter Druck seiner Finger.

      Coy Cala ist tot. – So starb er.

      Tuluma mit seiner Horde zog in aller Stille wieder ab.

      Und am anderen Morgen ritten vierzig Araukaner, an der Spitze neben mir der tote Coy, der tote ungekrönte König, gen Norden zum Gletschermausoleum.

      Niemand, der’s nicht soll, wird dieses Mausoleum finden.

      Niemand wird mir ersetzen, was ich an Coy verlor …

      Niemand ist einsamer als ich …

      Wieder einsam …

      Und vor mir rauschen die Wellen der Gallegos-Bucht … Flüstern einen Namen, immer denselben: Coy … Coy … Coy!

      Es war nur ein armer transtinkender Fischer und Jäger …

      Es war ein Mann …

      Und ich – bin einsam … Nichts hält mich mehr hier im Südwestwinkel Patagoniens … Die Unruhe in meinem Abenteurerblut wächst …

      Chubur kommt soeben, fragt, ob ich mit hinausfahren will in die breiten Kanäle zwischen den Adelaide-Inseln, Robben zu jagen … Und er zwinkert mir zu …

      »Eine Brigg ist gestrandet, Mister … Große Brigg … verlassen …«

      Ich


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