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Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.

Das Erbe der Macht - Die komplette Schattenchronik - Andreas Suchanek


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Chris einen Kaffee getrunken, schließlich war er in den Vorlesungssaal geeilt. Dort angekommen, musste er einen neunmalklugen Neuerweckten vom Klappstuhl schubsen, der eine abfällige Bemerkung über Engländer und Gossenjungen im Speziellen gemacht hatte. Letztlich war die Welt doch recht einfach gestrickt.

      Dummerweise hatte der andere sich gerächt und einen Zauber angewendet, der das Holz des Stuhls mit Alex’ Hose verschmolz. Bevor der etwas tun konnte, war der Professor eingetreten.

      Und nicht irgendeiner.

      Albert Einstein, wie man ihn von Bildern her kannte, mit schlohweißem, zerzausten Haar, hatte sich vor ihnen aufgebaut.

      »Guten Morgen, meine Damen und Herren. Und nein, ich werde nicht meine Zunge herausstrecken.«

      Seitdem referierte Einstein über magische Geschichte. Mit jedem Informationshappen, den der Unsterbliche ihnen zuwarf, konnte Alex es weniger fassen.

      »… bekannt, dass der Eisberg, mit dem die Titanic kollidierte, von einem Schattenkrieger manifestiert wurde, der dafür eine Elementtransformation benutzte. Auf alten Schwarz-Weiß-Aufnahmen wurden Ordnungsmagier später fündig. An Bord des Schiffes waren bis kurz vor seinem Untergang sowohl der Graf von Saint Germain als auch ein Lichtkämpferteam. Letzteres war auf dem Weg nach New York, um dort ein Artefakt zu bergen, das auf einer Baustelle entdeckt worden war. Bedauerlicherweise wurde das gesamte Team auf dem Weg umgebracht. Die Kollision mit dem Eisberg diente lediglich der Ablenkung.«

      »Aber … dabei starben so viele Nimags«, warf ein Franzose ein.

      Einstein seufzte. Er kam um das Pult herum und setzte sich auf den Rand. »Bedauerlicherweise sind die Leben von Nichtmagiern für Schattenkrieger völlig unbedeutend. Kollateralschäden. Das wahre Ziel von Saint Germain war die Ermordung des Lichtkämpferteams. Als ein Ersatzteam in New York eintraf, war das Artefakt bereits verschwunden.«

      »Aber«, Alex hielt inne, als alle Blicke sich auf ihn richteten. Er räusperte sich.

      »Nur zu, mein Junge«, forderte Einstein ihn zum Sprechen auf.

      »Wieso wurde kein Sprungtor benutzt? Oder ein Sprungmagier?«

      Der Professor nickte. »Ein guter Einwurf. Sprungmagier gab es bis dahin nur einen und dessen Reichweite war begrenzt. Erst in den späteren Jahren, ab 1920 etwa, wurde die Fähigkeit bei weiteren Neuerweckten entdeckt. Das Portalnetzwerk war zu diesem Zeitpunkt recht überschaubar, primär auf Europa ausgerichtet. Natürlich gab es auch auf anderen Kontinenten in sich geschlossene Netzwerke, das erste wurde Australien zugeordnet, doch sie waren untereinander nicht verbunden. Reisen in die Neue Welt mussten daher mit den herkömmlichen Fortbewegungsmitteln angegangen werden.«

      Er warf einen Blick auf eine antiquiert aussehende Taschenuhr. »Wie ich so schön sage: Zeit ist etwas, das man mit der Uhr messen kann. Und die sagt mir, dass unsere Vorlesung sich dem Ende zuneigt. Es gibt noch zahlreiche weitere Katastrophen in der Geschichte, die unmittelbar auf das Wirken von Schattenkämpfern oder Mitgliedern des dunklen Rates zurückgehen. Beim nächsten Mal möchte ich das Erdbeben in San Francisco von 1906 und den Großen Brand von London 1666 besprechen.«

      Er schnippte mit den Fingern, ein weicher Dreiklang erscholl, der die Vorlesung beendete.

      Die anderen strömten hinaus. Der Neuerweckte, den Alex ab sofort bei sich nur noch Nemesis nennen würde, warf ihm ein freches Zwinkern zu, dann war Alex alleine.

      »Shit«, fluchte er. Ohne Essenzstab konnte er das dämliche Holz nicht von der Hose lösen.

      Prompt steckte Jennifer »Jen« Danvers den Kopf herein. »Wartest du auf etwas?«

      Die schlanke Lichtkämpferin mit dem dunklen, schulterlangen Haar hatte ihn seit dem Erwachen seiner Macht gefressen. Ständig sah sie arrogant auf ihn herab, gab schnippische Antworten oder verdrehte die Augen. Dass sie ihm das Leben gerettet hatte, als diese Irren vom Bund des Sehenden Auges ihm einen Dolch in die Brust hatten stechen wollen, machte es nicht besser. Damit war er ihr etwas schuldig.

      Er deutete auf die Sitzfläche. »Ja, verdammt. Meinen Essenzstab!«

      Sie kicherte. Räusperte sich. Kicherte erneut und half ihm schließlich aus der Patsche. Das Holz floss zurück. »Glückwunsch, dein Hintern ist wieder frei.«

      »Haha.«

      Sie stellte sich vor das Pult und ließ den Blick über die Bankreihen schweifen. Jen war sechsundzwanzig Jahre alt, hatte ein sinnlich geschnittenes, schmales Gesicht und seidig schimmerndes Haar. Sie fiel eindeutig in die Rubrik attraktiv. Bedauerlicherweise hatte er ihr das im Halb-Delirium im Krankenflügel auch gesagt. Seitdem hielt sie ihn für einen Macho.

      »Ist echt schockierend, was?«, fragte sie.

      »Hm?«

      »Zu erfahren, dass die Menschheitsgeschichte, wie wir sie kennen, eine einzige große Lüge ist.«

      »Stimmt.«

      »Du hast doch was von Einsteins Vorlesung mitbekommen, oder?«, stichelte sie. »Oder waren zu viele attraktive Lichtkämpferinnen anwesend, die dich abgelenkt haben?«

      Es brodelte in ihm. Jemand musste dieser verzogenen – und wie er wusste – reichen Schnepfe die Meinung sagen.

      »Egal«, kam sie ihm zuvor. »Auf jeden Fall sind deine Vorlesungen für heute durch. Wir machen jetzt einen kleinen Ausflug.«

      »Wohin?« Er stand auf, reckte seine Glieder.

      »Zum Stabmacher«, erwiderte sie. »Es wird Zeit, dass du deinen Essenzstab bekommst. Du musst lernen, damit auf Material einzuwirken. Außerdem starten demnächst die Vorlesungen im Stabkampf. Nein, schau nicht so, das tun wir in der Regel nicht untereinander. Aber im Kampf gegen Schattenkrieger ist das ganz nützlich.«

      Sie verließen den Vorlesungsraum und traten auf den Flur.

      Wie immer ging es im Castillo lebhaft zu. Gruppen aus Magiern eilten geschäftig umher, dazwischen sah man mit etwas Glück mal einen der Unsterblichen.

      Sie stiegen die Treppen hinab in die Katakomben.

      »Was ist mit den anderen?«, wollte er wissen.

      »Kevin und Max wälzen seit Stunden Bücher«, erwiderte sie. »Sie wollen unbedingt Hinweise auf die Schattenfrau finden. Clara studiert die Unterlagen von Marks alten Fällen, um herauszufinden, weshalb die Schattenkrieger ihn so hartnäckig umbringen wollten. Zumindest die Unterlagen, die Leonardo nicht konfisziert hat, also eigentlich nur Notizen. Chris klebt förmlich an Leonardo, damit der ihm wieder den Außeneinsatz erlaubt, aber das sieht schlecht aus. Oh, hätte ich fast vergessen.« Sie griff in die Hosentasche und zog ein schmales Holzetui hervor.

      »Für mich?«, fragte Alex grinsend. »Schatz, das wäre doch nicht nötig gewesen.«

      Jen verdrehte die Augen. »Echt, ich nehme deinen Essenzstab und stecke ihn dir dorthin, wo keine Sonne scheint.«

      »Ts, ts, ts, wir sind heute aber sehr aggressiv, Miss Danvers.«

      Er nahm das Etui entgegen. Darin befand sich ein Kristall von klarer Färbung. Als er ihn herausnahm, tönte sich das Innere bernsteinfarben ein. »Was ist das?«

      »Ein Kontaktstein«, erklärte Jen. »Er ist nun mit dir, oder genauer: deinem Sigil verbunden. Deshalb hat er auch die Farbe deiner Magiespur angenommen. Darüber kannst du mit dem Team gedanklich kommunizieren oder einen anderen Lichtkämpfer gezielt ansprechen. Außerdem neutralisiert er die Sprachbarriere. Wenn du in einem anderen Land mit jemandem sprichst, klingt es, als spräche dieser Englisch. Er hört aber automatisch seine Sprache, wenn du etwas sagst.«

      »Wow.« Er hängte sich den in ein Lederbändchen eingeflochtenen Kristall um den Hals. »Praktisch. Was ist mit den Roaminggebühren im Ausland?«

      Jen schlug die Hand vor die Stirn. »Ich muss mit Leonardo reden, ob wir nicht einen Kindergarten aufmachen können. Da würdest du super reinpassen.«

      Sie ging ein wenig


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