Butler Parker 183 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
noch«, rief der Gastwirt, »wer sind Sie eigentlich? Ich meine, die Polizei wird doch wissen wollen, wer Sie ...«
»Sie erreichen Mylady unter dieser Adresse«, sagte Josuah Parker und reichte dem Gastwirt eine seiner Visitenkarten. »Bis gegen Mittag des morgigen Tages werden Sie ›Mylady im Schwarzen Schwan‹ in Port Talbot erreichen.«
»Tatsächlich?« fragte, die Detektivin, die davon noch gar nichts wußte.
*
Es war inzwischen dunkel.
Der Regen war stärker geworden, der Nebel intensiver. Parker stoppte sein hochbeiniges Monstrum vor einem Supermarkt und lieferte gleich eine Erklärung dazu.
»Mylady hätten sicher noch angeregt, ein zweites Päckchen vorzubereiten«, sagte er in seiner höflichen Art.
»Natürlich«, gab sie zurück, »aber warum, Mr. Parker? Ich verlange eine Erklärung.«
»Man dürfte versuchen, Mylady den Goldschmuck wieder abzujagen«, erwiderte Josuah Parker, »Mylady wissen ja längst, daß man Mylady mit dem tatsächlichen Empfänger verwechselt hat.«
»Und ob ich das weiß, Mr. Parker!« Sie nickte wissend. »Dieses Subjekt, das auf mich geschossen hat, wird mir erfreulicherweise auf den Fersen bleiben. Das möchte ich mir wenigstens ausgebeten haben.«
»Mylady können fest damit rechnen«, versprach Josuah Parker, »möglicherweise wird man bereits intensiv beschattet.«
»Ich werde den Gangstern ein zweites Päckchen anbieten«, meinte sie, »ich erwarte dazu Ihre Vorschläge, Mr. Parker.«
»Wenn Mylady meine Wenigkeit einen Moment entschuldigen wollen«, bat der Butler, lüftete die schwarze Melone und verließ seinen Privatwagen. Es handelte sich dabei um ein ehemaliges Londoner Taxi alter Bauart, das rein äußerlich bereits einen museumsreifen Eindruck machte. Tatsächlich aber war dieser hochbeinige, eckige Wagen eine Trickkiste auf Rädern, wie Eingeweihte wußten. Parker hatte ihn nach seinen Vorstellungen technisch neu konzipieren lassen und verfügte zum Beispiel über einen ungemein leistungsstarken Rennmotor.
»Ich werde mich den Gangstern inzwischen als Lockvogel anbieten«, erklärte Lady Agatha unternehmungslustig, als Parker die Wagentür schloß, »wo haben Sie das Päckchen?«
»Unter meinem Covercoat, Mylady«, erwiderte der Butler und ließ seinen Universal-Regenschirm aufspringen. Er stemmte sich gegen den Regen und tarnte so die Ausbeulung seines schwarzen Mantels. Mit wenigen Schritten erreichte er den Eingang zum Supermarkt und sorgte dann dafür, daß er schnell hinter querstehenden Regalen verschwand.
Er brauchte nicht lange zu suchen, bis er das gefunden hatte, was er brauchte. Aus einem Regal zog er ein Paket mit Waschpulver und legte es in den Einkaufswagen. Dann schob er seinen Einkauf wie selbstverständlich durch eine weit geöffnete Lagertür im Supermarkt und näherte sich gemessen einem jungen Mann, der einen weißen Kittel trug.
»Bestehen rechtliche Bedenken, daß meine Wenigkeit in Ihrer Gegenwart ein Päckchen umpackt?« fragte er höflich.
»Was wünschen Sie, Sir?« fragte der Verkäufer.
»Es geht um das Umhüllen und Verschnüren eines Päckchens«, erläuterte Josuah Parker und deutete mit der Schirmspitze auf das Paket mit Waschpulver.
»Natürlich können Sie das einpacken«, erwiderte der junge Mann, der leicht irritiert war. Einen wirklichen Butler kannte er wahrscheinlich nur von der Filmleinwand oder vom Bildschirm her, »kann ich Ihnen helfen?«
»Sie würden einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann einen großen Dienst erweisen«, meinte Parker, »wenn Sie erlauben, möchte man sich bereits im vorhinein für Ihre Freundlichkeit erkenntlich zeigen.«
Diskret überreichte er dem jungen Mann eine Banknote und bat ihn anschließend, sich um Lady Simpson zu bemühen, die vorn im Supermarkt zu finden wäre.
»Inzwischen wird man die Päckchen neu verpacken«, sagte er dazu. Der junge Mann war zuerst ein wenig unentschlossen, löste sich dann jedoch vom Arbeitstisch und ging nach vorn zur durchsichtigen Luftschleuse aus starkem Kunststoffmaterial.
Parker hatte freie Bahn und machte sich an die Arbeit. Er änderte nichts am Originalpäckchen und befaßte sich ausschließlich mit dem Paket, in dem sich das Waschmittel befand. Er schlug es in Packpapier ein, das von einer großen Rolle stammte, verklebte es und war mit seiner kleinen Manipulation bereits fertig, als der junge Mann an den Tisch zurückkehrte.
»Sie werden mit Sicherheit neugierig sein«, vermutete Josuah Parker.
»Ehrlich gesagt ja«, lautete die Antwort.
»Das kann meine Wenigkeit voll und ganz verstehen«, meinte der Butler, lüftete die schwarze Melone und begab sich gemessen zum hochbeini1 gen Monstrum zurück.
*
»Ich werde bereits beobachtet«, behauptete die ältere Dame, als Parker am Steuer seines Wagens Platz nahm.
»Könnten Mylady meine Wenigkeit ins Bild setzen?« fragte der Butler und blickte einer jungen Frau nach, die einen dunklen Regenmantel trug und gerade den Supermarkt betrat. Sie war ihm bereits beim Verlassen des Geschäftes aufgefallen. Sie hatte vor einem Aushang gestanden und private Verkaufsanzeigen studiert. Dabei schien sie den starken Regen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen zu haben.
»Sehen Sie sich den Morris dort drüben an, Mr. Parker«, redete die ältere Dame inzwischen weiter, »das Subjekt am Steuer fixiert mich ununterbrochen. Ich hätte große Lust, mir diesen Lümmel mal zu kaufen.«
»Er dürfte Mylady mit Sicherheit folgen«, antwortete Parker, »Mylady haben gewiß vor, ihn in eine Falle zu locken.«
»Das ist richtig«, behauptete sie umgehend, »sind Sie zurechtgekommen?«
»Der geplante Austausch konnte durchgeführt werden«, schwindelte Josuah Parker, »Nachfragen etwaiger Verfolger werden das erhärten.«
»Man muß eben Phantasie haben, Mr. Parker«, sagte sie wohlwollend, »aber so etwas kann man natürlich nicht lernen.«
Parker verzichtete auf eine Antwort und ließ sein hochbeiniges Monstrum anrollen. Die junge Frau im dunklen Regenmantel erschien bereits wieder vorn an der Tür des Supermarktes und überquerte die Straße. Im Rückspiegel stellte Parker fest, daß sie sich keineswegs in den Morris setzte, sondern in einen grünen Ford, der im Regen und in den Nebelschleiern kaum zu erkennen war.
»Nun, Mr. Parker?« fragte Agatha Simpson wohlwollend, »der Morris folgt mir natürlich, wie?«
»In etwa, um es mal so auszudrücken, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »momentan dürfte es sich um einen dunkelgrünen Ford handeln.«
»Was macht das für einen Unterschied?« fragte sie streng zurück, »kleben Sie nicht an unwichtigen Kleinigkeiten. Hauptsache dürfte doch wohl sein, daß man mich beschattet. Und wie soll es jetzt weitergehen? Ich hoffe doch sehr, daß Sie sich darüber bereits Ihre Gedanken gemacht haben.«
»Mylady haben sicher die feste Absicht, in dieser Region zu bleiben.«
»Selbstverständlich«, erklärte sie, »ich werde diesen Fall an Ort und Stelle lösen.«
»Mylady wären damit einverstanden, im bereits erwähnten ›Schwarzen Schwan‹ abzusteigen?«
»Diese Details interessieren mich nicht, Mr. Parker, ich erwarte allerdings, daß die Hotelküche gut ist.«
»Davon könnte man ausgehen, Mylady. Der ›Schwarze Schwan‹ in Port Talbot ist ein Haus der ersten Kategorie.«
»Und Sie erwarten, daß die Gangster sich dort einfinden werden, Mr. Parker?«
»Man wird alles daransetzen, Mylady den antiken Goldschmuck wieder abzujagen.«
»Das klingt durchaus erfreulich.« Sie nickte wohlwollend und ließ sich in die Wagenpolster zurücksinken. »Ist der Morris noch immer hinter uns?«