Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
kann ich schon machen.«
»Warum willst die Scheune mieten?«
Christoph Unterlercher deutete auf sein Auto.
»Ich brauche einen Raum für meine Wurzeln. Ich habe im Sägewerk auch noch Holz bestellt. Ich muß das Auto abladen.«
»Warte einen Augenblick beim Auto.«
Anna ging ins Haus. Petra hatte von der Küche aus zugehört.
»Der soll sofort wieder gehen«, flüsterte Petra eindringlich Anna an.
»Petra, gib mir den Schlüssel vom Scheunentor!« sagte Anna energisch.
»Ich will nicht!«
Anna fing an zu lachen. Sie lachte, bis ihr fast die Tränen kamen.
»Wenn ich das Sue erzähle, wird sie auch lachen. Diese Situation erinnert mich an ein Erlebnis mit meiner Freundin Susanne vor einigen Monaten. Da habe ich mich genauso gewehrt wie du. Ich weiß genau, was du empfindest. Meine Freundin Sue hat mich damals überrumpelt. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann wäre ich heute nicht so glücklich mit meinem Toni verheiratet. Sie hat mir damals etwas auf den Kopf zugesagt. Ich sage es dir jetzt. Du hast dich in Christoph Unterlercher verliebt!«
»Du bist verrückt! Nie und nimmer! Wie kommst du darauf?«
»Keine Ausflüchte! Ich bin mittlerweile Expertin in Sachen Liebe. Man sagt, wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, dann muß der Berg zum Propheten gehen. Hier ist es einfacher. Du bist der Berg und draußen steht jemand, den du jetzt hier festhältst. Basta! Ich vermiete ihm jetzt die Scheune.
Anna griff den Schlüssel. Sie ging hinaus und über den Hof zur Scheune. Sie winkte Christoph heran.
»Kannst die Scheune haben! Billig ist es nicht! Dafür kannst du schalten und walten wie du willst. Niemand wird dich stören.«
Sie wurden sich schnell einig.
Anna legte kurz darauf Petra mehrere hundert Euroscheine auf den Küchentisch.
»Hier, Bäuerin des Vogelmeier Hofes, oder ist es der Pfleider Hof? Das mußt du wissen!«
»So viel Geld?« Petra bekam große Augen.
»Ja, das ist nur für einen Monat! Er bleibt vielleicht sogar länger. Ich habe ihm auch ein Zimmer vermietet.«
»Du bist verrückt, Anna! Ich bleibe keine Nacht mit ihm unter einem Dach. Mach das sofort rückgängig! Hörst du!«
»Er wird dich nicht umbringen. Kannst ja deine Zimmertür abschließen. Toni kommt aus der Stadt. Er hat Bello dabei. Das ist unser Hund, ein riesiger Neufundländer. Ich lasse ihn dir hier. Er wird dich beschützen. Ich garantiere dir, wenn der vor deiner Tür liegt, wagt sich kein Mann über die Schwelle deines Schlafzimmers.«
Petra sank auf die Eckbank und stützte den Kopf in die Hände.
»Wenn ich den Hof behalten will, dann muß es wohl sein«, flüsterte sie leise.
»Ja, es muß sein! Nicht nur wegen des Hofes. Der Hof kommt erst an zweiter Stelle. Das andere ist, daß du ihn liebst – und er liebt dich auch. Ich habe ihm gesagt, er soll bei meinen Schwiegerelern die Abendmahlzeit einnehmen. Du würdest ihn so gegen neun Uhr erwarten.«
Petra seufzte. Sie sah verzweifelt aus. »Ich muß ja noch so viel vorbereiten! Dabei kenne ich mich noch überhaupt nicht aus.«
»Keine Sorge! Ich komme später noch einmal vorbei. Dann kommt mein Toni auch mit. Wir bringen dir Bello, dann helfen wir dir.«
Petra konnte nur nicken, denn Anna hatte sie einfach überrumpelt.
»Auf Wiedersehen, Bäuerin!« sagte Anna fröhlich und ging hinaus.
In der nächsten halbe Stunde kämpfte Petra mit ihren Gefühlen. Sie zählte immer wieder die Geldscheine. Wenn sie noch mehr Gäste aufnehmen würde, dann könnte sie ihr Erbe vielleicht doch antreten. Sie gestand sich ein, daß sie das gerne tun würde. Sie fühlte sich so ruhig und gefestigt in diesen alten Mauern.
Gleichzeitig hatte sie Angst vor dem nächsten Zusammentreffen mit Christoph Unterlercher. Ja, Anna hatte recht. Ich habe mich in Chris verliebt, gestand sie sich ein. Sie dachte wieder an seine großen blauen Augen, sein Lachen, seine ganze Ausstrahlung, die ihr Herz gefangen hatte.
Petra ging zum Telefon. Es war nicht abgeschaltet. Sie rief Doktor Ludwig Leuthold an.
*
Wie versprochen war am Nachmittag Anna mit Toni gekommen. Sie hatten auch Bello mitgebracht. Etwas später war auch Annas Schwiegermutter gekommen. Die drei Frauen arbeiteten bis zum Abend, um das Haus zu säubern, wie es sich für eine Pension gehörte. Alle Betten wurden frisch bezogen und eines der Wohnzimmer als Aufenthaltsraum hergerichtet. Im großen Flur stellte Toni einen Tisch auf. Das war der Empfang. An der Wand brachte er das Schlüsselbrett an, das sie auf dem Speicher gefunden hatten. Daran hingen die Schlüssel für die Zimmer.
Anna und Meta hatten Petra einen Koffer voller Kleidungsstücke mitgebracht. Petra wählte mit ihrer Hilfe ein braunes Dirndl aus, das in der Farbe gut zu ihrem langen Haar paßte. Meta Baumberger zeigte Petra, wie sie ihr hüftlanges braunes Haar flechten und die dicken Zöpfe wie eine Krone auf dem Kopf feststecken konnte.
»Schaust jetzt aus wie eine von uns, Madl«, sagte Meta und fügte gleich hinzu. »Des is’ ja auch kein Wunder, bist ja auch eigentlich von hier. Deine Wurzeln sind hier auf dem Vogelmeier Hof.«
»Wie fühlst du dich?« fragte Anna.
Petra betrachtete sich im Spiegel des Schlafzimmers, das vorher von ihrem Vater genutzt worden war. Anna und Meta hatten Petra überredet, den Raum zu nutzen wie es der Tradition entsprach. Sie hatte als nächste Generation dort einzuziehen. Toni hatte im Zimmer einen zweiten Schrank aufgestellt, in dem jetzt die Trachtenkleidung von Petra hing. Es waren viele schöne Dirndl dabei, die Meta ihr geschenkt hatte, auch Strickjacken und wärmere Sachen für den Winter. Die Kleidung war sauber und zeigte keine oder nur geringfügige Gebrauchsspuren. Meta hatte im Laufe der Jahre an Gewicht zugenommen und deshalb paßten ihr die Sachen nicht mehr. Auch die Frau des Bürgermeisters Fellbacher, Irene, hatte Anziehsachen gespendet. Dabei waren auch wertvolle handbestickte Blusen und Spitzen.
»Nun rede schon! Wie fühlst du dich, Petra?« bohrte Anna nach.
»Soll ich ehrlich sein?«
»Das bitten wir uns aus!«
»Gut, Anna, dann muß ich wohl Farbe bekennen. Ich fühle mich wohl! Ich fühle mich in diesem Kleid beschützt. Ich kann es schlecht beschreiben. Alle Hektik ist von mir abgefallen. Mein Herz ist nicht mehr so ruhelos, wie all die letzten Jahre. Ich fühle mich stärker.«
Sie schaute Anna und Meta durch den Spiegel an. Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen.
»Ich bin nicht mehr ganz die Petra Pfleider. Ich fühle mich immer mehr wie die Petra Vogelmeier«, sagte sie mit dünner Stimme.
Anna und Meta traten zu Petra. Sie nahmen sie in ihre Mitte und hielten sie tröstend fest.
»Alles wird gut werden, Petra«, flüsterte Anna. »Mußt nur auf dein Herz hören.«
Sie gingen hinunter. Toni saß vor dem Haus auf der Bank und rauchte eine Pfeife. Zu seinen Füßen lag der riesige Hund.
»Siehst richtig fesch aus, Petra! Mei, Anna, schau dir das an! Die Petra ist a richtig fesches Madl. Die wird den Burschen hier in Waldkogel ganz schön den Kopf verdrehen. Des wird einen richtigen Aufstand geben. Die werden sich gegenseitig überbieten, dir den Hof zu machen. I bin gespannt, wem du dein Herz schenkst, wenn du hier bleibst. Du wirst doch hier bleiben, Petra?«
Petra wurde verlegen.
»Mußt dir nicht so zu Herzen nehmen, was der Toni sagt, Petra«, beschwichtigte sie Anna und tadelte ihren Mann. »Toni, sei vorsichtig mit dem, was du sagst. Ich weiß schon, was in deinem Kopf vorgeht. Dein Freund Martin sucht eine Braut und der Leo auch. Doch ich denke, daß Petras