Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
besucht einen Freund. Soll ich ihm was bestellen, wenn er kommt?«
»Sag ihm nur, daß ich müde und glücklich bin. Daß es ein besonders schöner Tag war und ich ihm herzlich danke sage. Und kannst du mich morgen früh wecken, ganz früh? Ich will den ersten Bus nehmen in die Stadt!« Sie schaute Meta eindringlich dabei an. »Ich will allein fahren. Ich muß mir ein paar Anziehsachen kaufen für die Berge. Da will ich den Antonius nicht dabei haben.«
»Oh, das kann ich gut verstehen. Beim Kleiderkauf, da stören die Mannsbilder nur!« Meta blinzelte ihr zu.
»Zu Mittag bin ich wieder da.«
Meta griff in ihre Dirndltasche.
»Hier sind meine Autoschlüssel. Das Auto steht im Schuppen. Kannst es haben! Ich weiß, daß du nicht rasen tust.«
»Danke, Meta! Das macht die Sache einfacher.«
»Die Sue hat angerufen. Die hat sich Sorgen gemacht, weil du nicht ans Handy gegangen bist. Ich habe ihr gesagt, du wärst mit dem Toni unterwegs. Da meinte sie, dann tät sie dich nicht mehr stören. Sollst sie anrufen, wenn dir danach wär.«
Anna nickte nur. Ihr war wirklich nicht danach, jetzt mit Sue zu reden. Nein, alles, was sie sich vorgenommen hatte, wollte sie alleine durchziehen. Sie wollte auch mit Sue nicht über ihre Gefühle sprechen.
Anna ging hinauf in ihr Zimmer. Bello folgte ihr und legte sich gleich vor ihr Bett.
*
Obwohl Anna so müde gewesen war, wurde sie beim ersten Hahnenschrei wach. Schnell machte sie sich frisch und schminkte sich, wie sie es in Hamburg auch immer tat. Sie war froh, daß sie doch ein elegantes Kleid eingepackt hatte. Als sie fertig war und sich im Spiegel betrachtete, sagte sie zu Bello:
»Wenn man mich so sieht, denkt man nicht, daß ich gestern oben auf der Hütte war.«
Sie schlüpfte aus ihren Schuhen mit den hohen Absätzen, nahm ihre Handtasche unter den Arm und stieg die steile Treppe hinunter.
»Guten Morgen, Anna! Ich wollte dich gerade wecken!«
»Guten Morgen, Meta!«
Meta griff in einen kleinen Schrank, der im Treppenhaus stand, und reichte Anna ein paar Hausschuhe.
»Die sind besser, als deine hochhackigen. Gut, daß du sie ausgezogen hast. Die Stiege ist sehr steil, am Ende hättest du dir noch die Haxen gebrochen.«
Die beiden Frauen gingen in die Küche hinter der Gaststube.
Meta hatte wohl mit dem Frühstück auf sie gewartet. Es standen nämlich zwei Becher mit Kaffee auf dem Tisch.
»Was magst essen, Anna? Willst Eier mit Speck?«
»Nein, danke, so früh kann ich noch nichts essen. Kaffee, das ist genug.«
Meta schnitt eine Scheibe Brot ab und beschmierte sie mit Butter und Marmelade.
»Die Marmelade ist selbst gekocht!«
Da konnte Anna nicht ablehnen und aß das Brot.
»Wo ist Toni? Ist der noch nicht auf?«
»Nein, der Xaver und der Toni, die stehen immer etwas später auf als ich. Das ist auch gut so, dann habe ich wenigstens morgens etwas Zeit für mich alleine. Und der Toni, der wird heute bestimmt noch später aufstehen.« Dann fügte sie leise hinzu: »Der kam sehr spät heim, heute nacht. Und ein bisserl mehr getrunken hatte er auch. Ich glaube, er und seine Freunde, die haben einen zünftigen Burschenabend gemacht. Na ja, das muß ja auch mal sein, unter den jungen Kerlen. Aber bis du mittags aus der Stadt kommen tust, da ist er bestimmt auf.«
Bello, der hinausgelaufen war, kam durch die offene Küchentür herein, die zum Hof führte. Meta fütterte ihn. Anna trank ihren Kaffee aus. Dann stand sie auf. Meta ging noch mit bis zum Auto.
In der Stadt suchte Anna zuerst die Bank auf. Sie war die erste Kundin. Weil es eine Filiale der Bank war, für die sie auch in Hamburg arbeitete, ging alles ganz schnell. Sie hatte eine ihrer Visitenkarten vorgezeigt.
Dann ging sie einkaufen. Zuerst steuerte sie einen kleinen Laden an, der alpine Wanderausrüstungen verkaufte. Sie wurde von einem jungen Mann bedient, dann kam eine ältere Dame dazu. Diese nahm sich Anna an. Sie wußte genau, was Anna als Frau brauchte. Anna erstand lange Hosen, Flanellblusen, Pullover, Westen, Kniebundhosen, Kniestrümpfe aus Wolle, Mützen, Schals, Handschuhe, eine Jacke gegen Regen, ein bodenlanges Cape aus Loden und viele andere Sachen. Es gab auch Schuhe. Anna kaufte gleich fünf Paar.
Anna erstand auch einige Fachbücher über Bergwandern und Bergsteigen. Sie brachte alles zum Auto. Die lederne Kniebundhose behielt sie an. Dazu wählte sie eine rotkarierte Bluse und eine dunkelgrüne Wanderjacke. Sie trug rote Kniestrümpfe und ein Paar der neuen hellbraunen Wanderschuhe mit den roten Schnürbändern.
»Siehst wirklich fesch aus, Madl«, sagte die ältere Dame im Laden.
Bepackt mit den vielen Tüten und Beuteln mit den Schuhkartons machte sich Anna auf zum Auto. Der Kofferraum von Metas kleinem Wagen wurde randvoll. Anna machte noch einen Stadtbummel. Dabei betrachtete sie immmer wieder ihr Spiegelbild in den Schaufensterscheiben. Vor einem Geschäft blieb sie stehen. In dem Schaufenster waren schöne Dirndl ausgestellt. Anna gefielen sie gut. Welches würde ihr besser stehen? Sie überlegte. Dann kam sie zu dem Entschluß, daß sie kein Dirndl brauchte. Was sollte sie auf der Berghütte mit einem Dirndl anfangen? Sie ging weiter. Nach einigen Metern kehrte sie um und betrat das Geschäft.
Die Verkäuferin war freundlich.
»Also, ich möchte ein Kleid. So ein Kleid im ländlichen Stil. Aber es soll keinen so weiten Ausschnitt haben. Der Rock und die Schürze, die sollten schon ganz lang sein und lange Ärmel, die wären auch gut. Haben Sie so etwas? Die Dirndl im Schaufenster gefallen mir sehr gut, aber für meinen Zweck, da passen sie nicht.«
Etwas hilflos stand sie in dem Geschäft.
»Zu welchem Anlaß wollen Sie das Dirndl denn tragen?«
»Also, auf einer Berghütte. Vielleicht werde ich da leben. Es wäre auch nicht schlecht, wenn es aus einem Stoff wäre, den ich waschen könnte. Kann gut sein, daß ich für ein paar Monate nicht runterkomm ins Tal.«
Die Worte waren aus Annas Mund nur so hervorgesprudelt. Sie hörte sich dabei selbst zu und erkannte, daß sie im Grunde eine Entscheidung getroffen hatte. Sie könnte sich auch ein Leben oben auf der Berghütte vorstellen, natürlich an seiner Seite. Ob es dazu kommen würde, das wußte sie nicht. Aber ihr Herz hatte ihr die Richtung gezeigt. Offen für ein neues Leben, wollte sie vorbereitet sein.
»Da haben wir genau das richtige Kleid. Sehen Sie hier bitte! Das ist aus angerauhter Baumwolle, hochgeschlossen. Hat vorne diese schöne Knopfleiste mit den kleinen Silberknöpfchen. Die gleichen Knöpfchen finden Sie auch an den Ärmeln. Am Oberarm sind die Ärmel weiter, bauschen sich etwas. Am Unterarm liegen sie enger an, das ist sehr vorteilhaft. Das Kleid wird ganz durchgeknöpft. Dazu gibt es zwei einfarbige Schürzen in verschiedenen Farben.«
Die Verkäuferin zeigte ihr das Modell in Rot, Blau, Grün und Gelb. Der Stoff war gemustert. Als Motiv waren kleine Blumensträuße aufgedruckt.
Die Verkäuferin holte aus einer anderen Vitrine weiße Baumwollunterröcke mit vielen Volants und Spitzen.
»Besonders gut sehen die Dirndl aus, wenn so ein Unterkleid drunter ist. Die Länge ist so gehalten, daß die weißen Spitzen mit den kleinen Mausezähnchen unter dem Saum des Kleides herausblitzen.«
Anna befühlte die Spitzen und hielt einen der Unterröcke vor ihren Körper.
»Die Dirndl sind nicht bodenlang, nur knöchellang. Damit die Spitzen gut zur Geltung kommen. Dazu empfehlen wir Baumwollstrümpfe mit dezentem Lochmuster und Schuhe mit einem niedrigeren Absatz aus Wildleder. Hier würde ich schwarze oder dunkelblaue Schuhe empfehlen.«
Die Verkäuferin stellte zwei Modelle auf die Ladentheke. Beide hatten silberne Schnallen als Verzierungen, in denen sich die Verzierungen der Knöpfe