Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
habe. Wie war es bei dir, Jutta?«
»Nun, sie kannten sich schon lange, seit der Schulzeit. Ich war dann doch etwas überrascht, daß sich da etwas ergab zwischen Jens und Beate. Nun ja, einfach wird es mit Beate nicht werden. Sie ist keine Frau, die so leicht verzichtet. Das wird schwer werden. Meint ihr, daß wir ihr sagen sollten, daß sich Jens gemeldet hat?«
»Ich weiß nicht, Mutter! Jens wollte zuerst mit Franzi reden und dann mit Beate.«
»Das wird frühestens morgen abend sein. Jens ist sicherlich nicht so unklug, Beate in der Firma anzurufen«, gab Jutta zu bedenken. »Deshalb haben wir ein Problem. Beate ruft jeden Abend hier an und fragt, ob wir etwas von Jens gehört haben. Eigentlich erwarte ich ihren Anruf jeden Augenblick. Wir können doch nicht so tun, als wüßten wir nichts. Das macht die Sache doch nur noch schlimmer. Also, meine Herren! Ich gebe frank und frei zu, daß ich nicht den Hörer abnehme. Was tun wir also?«
Da klingelte auch schon das Telefon.
»Wenn man vom Teufel spricht, kommt er oder ruft an in diesen modernen Zeiten.«
Jörg stand auf und schaute auf das Display.
»Es ist wirklich Beate.«
Norbert Angermann stand auf und ergriff den Hörer.
»Angermann!«
»Er lauschte.
»Ah, Beate! Wir haben gerade von dir gesprochen. Jens hat sich gemeldet, heute abend bei uns. So vor einer halben Stunde.«
Norbert Angermann lauschte wieder. Er zog dabei die Stirn hoch.
»Es geht ihm gut. Er hatte eine schöne Zeit in den Bergen verlebt. Beim Wandern hatte er sich wohl verletzt. Aber die Verletzung ist ausgeheilt.«
Jutta und ihr Sohn beobachteten die Szene. Norbert tat ihnen leid. Er mußte wohl einen ganzen Redeschwall über sich ergehen lassen. An seiner Nasenwurzel vertiefte sich die Zornesfalte. Sie konnten deutlich sehen, wie ärgerlich er war. Dabei war Norbert Angermann wirklich ein geduldiger Mensch.
»Beate! Beate!« brüllte er ins Telefon. »Nein! Jetzt hörst du mir mal zu.«
Norbert Angermann holte tief Luft und sah seine Frau und Jörg kurz an. Ganz ruhig sagte er:
»So, Beate! Jetzt muß ich dir mal etwas sagen. Ich sage das als Vater von Jens. Jens ist erwachsen und kann machen, was er will. Das Leben kann so kurz sein. Jeder sollte es so verbringen, wie er es für richtig hält. Mir ist egal, wenn du Jens’ Bergleidenschaft nicht mit ihm teilst. Das ist eure Sache. Es gibt immer Sachverhalte zwischen Menschen, die unverständlich sind.«
Beate mußte wohl dazwischen geredet haben. Norbert war jetzt zornig.
»Beate, mir war es völlig unverständlich, was Jens an dir finden konnte. So, jetzt weißt du es. Ich danke dem Himmel, daß er das noch rechtzeitig bemerkt hat, daß er an dir weder eine Stütze findet, noch die Liebe, die sich ein Mann wünscht. So jetzt weißt du es!«
Norbert hielt den Telefonhörer einen Augenblick in einiger Entfernung von seinem Ohr, dann drückte er auf die Lautsprechertaste, damit Jutta und Jörg auch mithören konnten. Sie erlebten eine kreischende Beate am anderen Ende der Telefonleitung.
Norbert Angermann meldete sich dann energisch zu Wort:
»Beate, es war nicht meine Absicht, meinem Sohn vorzugreifen. Ich will mich auch nicht in seine Angelegenheiten mischen. Aber ich bin froh, daß er jetzt wohl eine Frau mit Herz gefunden hat. Er wird die Verlobung mit dir lösen und sie bald heiraten, so weit ich ihn verstanden habe. Aber wie gesagt, daß ist Jens’ Sache. Du mußt eben warten, bis er dich anruft. Guten Abend, Beate!«
Das Gespräch war beendet.
»Es ging nicht anders! Ich hatte die besten Absichten. Ich wollte sie vertrösten, daß Jens sie sicherlich noch anrufen würde. Aber ihr hättet sie mal hören sollen!«
»Norbert, wir machen dir keine Vorwürfe.«
Das Telefon klingelte immer und immer wieder.
»Das ist Beate. Ich kann den Anrufbeantworter einschalten. Aber dann wird sie sicher vorbeikommen. Vater, Mutter, das wollen wir verhindern.«
Jörg nahm ab. Er lauschte.
»Nein, Beate! Jens hat uns nicht untersagt, dir seine Adresse zu geben. Er ist im Waldkogel.«
Jörg warf seinen Eltern einen langen Blick zu.
»Nein, Beate! Ich weiß nicht in welchem Hotel oder welcher Pension er wohnt. Ich nehme an, er wohnt privat.«
Jörg hielt die Muschel vom Hörer zu.
»Ich hoffe, daß Jens das zu schätzen weiß.« Dann sprach er weiter in den Hörer. »Beate, es hat keinen Zweck, wenn du da hinfährst. Ich gebe dir den guten Rat, mache die Sache nicht schlimmer als sie ist. Einen Augenblick, Beate! Ich spreche erst mal mit meinen Eltern.«
Jörg preßte seine Hand mit aller Kraft gegen den unteren Teil des Hörers.
»Sie droht, sofort herzukommen und uns zu belagern, bis wir ihr die Adresse von Jens geben. Sie will hinfahren.«
»Dann gib sie ihr in Gottes Namen! Morgen früh versuche ich Jens zu erreichen, um ihn vorzuwarnen. Es ist eine ziemliche Strecke bis nach Waldkogel. Beate wird vor morgen mittag nicht dort sein können. Dann bleibt ihm noch Zeit, sich seine Worte zu überlegen.«
»Hörst du, Beate. Der Jens ist in einer Berghütte. Wenn du ihn dort nicht findest, dann kannst du nach Dollinger fragen, Franzi Dollinger.«
Jörg rollte die Augen.
»Nein, Beate, das kann ich dir nicht sagen. Das ist die Angelegenheit von Jens. Wie du neulich so schön bemerkt hast, halten wir zusammen, wie das in einer Familie sein soll. Guten Abend, Beate!«
Jörg legte den Hörer auf.
»So, das war es!«
Jörg Dollinger schenkte sich und seinen Eltern einen Cognac ein.
»Trinken wir auf die Rettung von Jens! Daß ihm nichts geschehen ist, ist doch das Allerwichtigste.«
Sie tranken sich zu.
»Also, was meinen Teil betrifft, so denke ich, daß ich bei Jens etwas gutzumachen habe. Ich setze mich ins Auto und fahre auch darunter. Ich muß ihm beistehen, sonst hätte ich das Gefühl, ihn an Beate ausgeliefert zu haben.«
Norbert und Jutta schauten sich an. Norbert legte seinen Arm um seine Frau und sagte mit einem sehr verschmitzten Lächeln.
»Unser Jörg hat das schön gesagt. Eine Familie muß zusammenhalten. Wir nehmen uns viel zuwenig Zeit. Unser letzter Urlaub ist auch schon eine ganze Weile her.«
»Genau, mein lieber Norbert. Wir sollten dringend ausspannen. Fahren wir doch mal in die Berge. Am Meer waren wir schon so oft. Jens sagte, die Luft dort wäre noch besser als am Meer.«
Norbert Angermann lächelte zufrieden.
»Jetzt müssen wir uns nur noch alle gemeinsam auf einen Termin einigen.«
»Nun, mein guter Mann, es liegt an dir. Mache einen Vorschlag?«
»Wie lange brauchst du zum Pakken, meine liebe Jutta?«
»Mm! Wenn es hochkommt eine halbe Stunde.«
»Das ist fein. Wie wäre es mit morgen? Wir schlafen jetzt noch ein paar Stunden. Mit der anbrechenden Morgenröte und dem Gezwitscher der erwachenden Vögel fahren wir los!«
Sie lachten und tranken ihre Gläser aus.
Dann schrieb Jutta einen Zettel für die Haushälterin. Norbert sprach auf das Diktiergerät im Büro Anweisungen und legte das Band mit einem Zettel auf den Schreibtisch seiner Sekretärin. Jörg nahm den Wagen und fuhr zur Tankstelle, um ihn vollzutanken.
*
Als Martin mit dem Hund wiederkam, hatte er Leo dabei.