Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
Verstehen tu i des aber net.«
Anna plauderte noch etwas mit Meta und erfuhr bei dieser Gelegenheit auch den Namen eines zuverlässigen Arztes in der Nähe. Dann machte sie sich auf und besuchte den Sommerhalder Hof.
*
»Mei, was für ein netter Besuch! Die Anna! Sag, is die Tina gut angekommen bei euch auf der Berghütte?«
Anna war gerührt, daß die erste Sorge der Bäuerin Martina galt, noch bevor ein ›Grüß Gott‹ über ihre Lippen gekommen war.
»Grüß Gott, Trudel! Ja, der Tina geht es gut.«
Gertrud Sommerhalder stellte das Bügeleisen ab. Sie bot Anna einen Sitzplatz an und machte Kaffee. Kuchen hatte sie auch. Es war ein Kirschenpolster mit Kirschen aus dem Garten. Anna ließ sich den Kuchen schmecken.
»Der schmeckt aber gut.«
»Den hat die Tina gebacken. Das Madl ist eine Perle. So fleißig und brav. I hab’ denkt, daß es so etwas heut’ gar net mehr gibt.«
Anna schaute die Bäuerin ernst an.
»Es is was mit der Tina! Das seh ich dir an, Anna.«
»Ja.«
»Das hab’ i mir gleich denkt, daß mit dem Madl was net stimmt. Die hat doch einen großen Kummer. Hat sie dir etwas erzählt? Bist du deswegen vorbeigekommen?«
»Du bist eine gute Menschenkennerin, Trudel. Dir kann man so leicht nichts vormachen.«
»So is es net ganz. Die Tina, die schweigt. Dabei kann i doch sehen, daß es dem Madl net gut geht. Seit Sonntag is der Friedel auch so mürrisch und wortkarg. Ob die beiden gestritten haben? Der Friedel sagt auch nix.«
Anna holte tief Luft.
»Trudel! Neulich hat der Pfarrer Zandler so eine schöne Predigt gehalten. Es ist schon ein paar Wochen her. Da war ich an einem Sonntag mit dem Toni bei seinen Eltern. Da sind wir morgens zum Gottesdienst, die Meta und ich. Der Pfarrer hat ja so schön gepredigt. Es ging dabei um ein Bibelwort. Ich bin nicht sehr bibelfest. Da war so ein Spruch von wegen Anklopfen und Auftun.«
»Ich erinnere mich, Anna. Das war eine wunderschöne Predigt. Der Pfarrer predigt ja immer schön. Aber an die Predigt, da erinnere ich mich auch.«
»Ja, und deshalb bin ich da. Ich habe meine Zweifel, ob es die Martina schafft, auf dem Sommerhalder Hof anzuklopfen. Ich habe ihr zwar ins Gewissen geredet und kann nur hoffen, daß es hilft. Ich weiß auch nicht, ob ich mich jetzt in Dinge einmische, die mich nichts angehen. Aber ich weiß, welchen Kummer die Martina hat. Ich weiß auch, warum sie wieder fort will. Ich denke, daß das nicht gut wäre. Vielleicht kannst du ihr helfen. Du magst die Tina doch?«
»Das Madl ist mir richtig ans Herz gewachsen. I helf gern, wenn i kann. Was muß i denn da tun?«
»Vielleicht könntest du der Martina die kleine Wohnung im Altenteil vermieten. Die steht ja leer. Sie könnte dann weiter auf dem Hof arbeiten, vielleicht nicht mehr soviel wie jetzt. Doch für dich wäre es auch von Vorteil. Sie würde dann dableiben.«
»Das würde mich freuen. I glaube, den Friedel würde es auch freuen.«
»Das ist das Problem, Trudel. Unser Gespräch sollte unter uns bleiben. Wenn die Martina dich anspricht, dann darf sie auch nicht merken, daß ich mit dir gesprochen habe. Wirst gleich selbst ermessen können, warum.«
Erwartungsvoll sah Trudel die Anna an.
»Also, Anna, red schon! Hast mein Wort.«
»Martina ist schwanger.«
Gertrud Sommerhalder schaute Anna lange an und sagte dann leise. »Jetzt verstehe ich einiges. Das arme Madl. Hat der Bursche sie sitzenlassen?«
»Nein! Martina hat erkannt, daß er nicht der Richtige ist. Soviel wie ich verstanden habe, weiß er auch nicht, daß er Vater wird. Außer mir und jetzt dir weiß es niemand. Das Elternhaus scheint schwierig zu sein. Martina steht ganz alleine da. Deshalb wollte sie Geld verdienen, um sich dann in der Stadt eine kleine Wohnung zu suchen. Ich habe versucht, ihr das auszureden.«
»So, so! Des ist es! Deshalb is die Tina so verschlossen.«
Die Sommerhalder-Bäuerin dachte nach. Sie war eine praktische Frau und stand mit beiden Beinen auf dem Boden.
»Des kann passieren. Des hat’s schon immer gegeben und wird’s immer geben, solange es Menschen gibt. Heut’ sag ich dir, Anna: Es is besser, sie heiratet den Lump net.«
»Ich weiß nicht, ob er ein Lump ist. Das mußt du die Tina selbst fragen. Ich will nicht zuviel erzählen. Ich denke, daß die Martina ihr Kind auch ohne Vater großziehen kann. Sie schafft es bestimmt mit ein bißchen Hilfe. Ich habe eben mit der Maria, der Schwester vom Toni, gesprochen. Die hat ja zwei Kinder. Der Roman ist sieben Jahre und die Elke vier Jahre. Sie hat noch alle Baby- und Kindersachen. Sie will sie mir geben, weil ich doch heirate – und der Toni und ich wollen auch Kinder. Bis ich die Sachen brauche, kann sie die Tina benutzen. Dafür ist also schon einmal gesorgt.«
»Des is gut. Komm mal mit, Anna!«
Die Sommerhalder-Bäuerin führte Anna auf den Speicher des alten Bauernhauses.
»Schau, da steht noch die alte Wiege. Darin hat mein Bub gelegen, sein Vater und davor sein Großvater und alle die vorhergehenden Generationen. Die kann sie nutzen. Wann ist es denn soweit? Im wievielten Monat ist die Tina?«
»Das weiß ich nicht genau. Ich schätze, am Ende des zweiten Monats. Ich schicke sie jetzt auch zum Doktor.«
Sie trugen die Wiege zusammen herunter und stellten sie in die Scheune.
»I werde die saubermachen und Bettzeug reintun.«
»Dann hast du nichts dagegen, daß die Martina bleibt?«
»Des Madl braucht ein Dach über dem Kopf für sich selbst und sein Kind. Was wäre ich für eine Mutter, wenn ich einer anderen Mutter nicht helfen tät. Gerade der Tina helfe ich gern. Das arme Madl. Warum hat es denn nix gesagt? Ich hab’ doch gesehen, daß es ihr net gut geht. Blaß is des Madl, so blaß.«
Sie schüttelte den Kopf.
»So ein armes Ding, so ein armes Madl. Die muß mehr essen und Rotebeetesaft trinken. Des ist gut für Schwangere. Ich werde mich um das Madl kümmern. Ich mag Kinder gern, sehr gern. I hätt’ gern mehr Kinder gehabt. Aber mein guter Mann – Gott hab’ ihn selig – war vielleicht schon zu alt. So habe ich nur meinen Buben. Der hat mir bis jetzt auch keine Enkelkinder gebracht. I freue mich schon auf das Kleine. Des kannst der Tina sagen. Mein Knie ist auch besser. Ich kann wieder ganz gut laufen.«
Anna lächelte. Sie sah die Freude und die mütterliche Sorge um Martina in den Augen von Trudel.
»Vergiß nicht, Trudel, die Martina weiß nicht, daß ich mit dir gesprochen habe.«
»Ja, des stimmt. I denk dran. Wann meinst, daß die Tina mit mir darüber reden will?«
»Ich denke bald. Ich behalte sie noch ein paar Tage auf der Berghütte. Dann bringe ich sie zum Doktor und gleich danach liefere ich sie hier bei dir ab.«
»Des is gut so! Ich hoffe, daß sie sich gut erholt. Ich wünsche ihr, daß sie Ruhe und Frieden findet für ihr armes Herz voller Leid.«
Die beiden Frauen schwiegen und dachten an Martina.
»Da ist noch etwas, was du wissen solltest, Trudel. Auch das geht mich eigentlich nichts an. Doch der Friedel war ja bei uns auf der Berghütte am Sonntag. Er wollte mit mir und Toni über die Martina sprechen. Du vermutest richtig. Die beiden hatten eine Auseinandersetzung.«
Gertrud Sommerhalder schlug mit der Hand auf den Tisch.
»Ich habe mir doch gleich gedacht, daß die sich gestritten haben. Die Martina hat geschlafen, als ich kam. Sie schlief bis spät. Sie muß geweint haben und hat ganz blaß ausgesehen. Der Friedel hatte mir einen Zettel hingelegt, daß er zu euch rauf auf die Berghütte geht. Des war