Die großen Reden der Indianer. ОтсутствуетЧитать онлайн книгу.
Brüder, als ihr in Albany angekommen seid und wir uns zum ersten Mal sahen, reichten wir uns die Hände und wurden Brüder. Wir banden euer Schiff an das Strauchwerk. Als wir öfter mit euch zu tun hatten und immer öfter, da sahen wir, dass die Sträucher euer Schiff nicht halten konnten, da banden wir es an einen großen Baum, und seit dieser Zeit sind wir gute Freunde.
Dann sagtet ihr uns, ein Baum könne möglicherweise umstürzen und das Seil zum Anbinden könne vermodern.
Ihr schlugt dann vor, eine silberne Kette zu schmieden und euer Schiff an den großen Berg im Land der Five Nations zu ketten; und diese Kette wurde »Die Kette der Freundschaft« genannt.
Wir alle sind über unsere Arme mit dieser silbernen Kette verbunden, wir sind nun eins, und seitdem haben wir ein gutes Miteinander gepflegt. Aber bei eurem Besuch hier bei uns müssen wir euch leider von einem Unglück berichten, das sich vor Kurzem in Carolina ereignet hat. Ein paar Krieger von uns haben, aufgestachelt durch den bösen Geist, einen Beilhieb gegen unseren eigenen Körper geführt – denn unsere Brüder, die Engländer, und wir sind ein Körper – und was da geschehen ist, das verabscheuen wir zutiefst als eine Tat des bösen Geistes selbst.
Wir hätten niemals geglaubt, dass jemand aus unserem Volk imstande sein könnte, einem Engländer so etwas zuzufügen. Wir nehmen deshalb die Waffe, die auf Betreiben des bösen Geistes gegen euren Körper geführt wurde, aus der Wunde heraus und wir wünschen uns, dass unsere Brüder, der Gouverneur von New York25 und Onas26, wirklich alles tun, was ihnen zu Gebote steht, dass dieses unglückselige Ding in der untersten Hölle begraben wird, damit wir es nie wieder zu Gesicht bekommen, damit die silberne Kette, die schon so lange gehalten hat, wieder glänzt und unbeschädigt bleibt.
12. Minavavana (Anishinabe), 1761
Textvorlage: Benjamin Bussey Thatcher. Indian Life and Battles. Akron 1910, S. 78–80.
Hintergrund: Die Anishinabe, auch Chippeway oder Ojibwa genannt, lebten im Nordosten der späteren USA und im Südosten Kanadas und gehören zur Algonkin-Sprachfamilie; noch etwa 30000 Menschen sprechen die traditionelle Sprache. Sie waren mit den Ottawa und den Potawatomi im sogenannten Rat der drei Feuer zusammengeschlossen, in den später noch die Miami aufgenommen wurden und der neben den Five Nations einen der bedeutendsten Bünde der amerikanischen Ureinwohner darstellte. Die Anishinabe bedienten sich einer Bilderschrift für verschiedene Zwecke. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts trafen sie zum ersten Mal mit Weißen zusammen. Damals umfasste ihr Stamm etwa 35000 Menschen. In den Kriegen zwischen Engländern und Franzosen standen sie auf der Seite Frankreichs.
Adressat der unten stehenden Rede ist Alexander Henry (1739–1824), der im Krieg die englischen Truppen mit Nachschub versorgt und anschließend eine Lizenz zum Pelzhandel erworben hatte. Als er auf dem Weg in sein Jagdgebiet auf die Anishinabe traf, gab er sich als Franzose aus, wurde aber von deren Häuptling Minavavana, auch Minweweh genannt (um 1710–1790), überführt.
Nach Meinung mancher Historiker stammt die Rede in Wirklichkeit vielleicht von dem Ottawa-Häuptling Pontiac.
1763 verbündeten sich die Anishinabe mit den Ottawa, 1812 mit den Shawnee unter Tecumseh. Später zogen sie weiter nach Westen und ließen sich im Gebiet der Dakota nieder, die sie vertrieben. Dank der Größe ihres Stammes konnten sie immerhin überleben, der Stamm verfügt heute über mehr als 40000 Mitglieder, die zum größten Teil in Reservaten leben.
Die Rede: ngländer! Zu Dir spreche ich, und ich verlange, dass Du mir zuhörst!
Engländer! Du weißt, dass der französische König27 unser Vater ist. Er hat versprochen, es zu sein, und wir haben dafür versprochen, seine Kinder zu sein. Dieses Versprechen haben wir gehalten.
Engländer! Ihr habt einen Krieg mit unserem Vater angezettelt. Ihr seid seine Feinde, wie konntet ihr dann nur so keck sein, euch unter uns, seine Kinder, zu wagen? Ihr wisst, dass seine Feinde auch unsere Feinde sind.
Engländer! Wir sind darüber unterrichtet, dass unser Vater, der König von Frankreich, alt und gebrechlich ist und dass er, müde vom Kriegführen gegen euer Volk, eingeschlafen ist. Und in seinem Schlafe habt ihr ihn übervorteilt und Kanada in Besitz genommen. Doch sein Schlaf ist fast zu Ende. Ich glaube, ich höre schon, wie er sich regt und nach seinen Kindern, den Indianern, fragt – und wenn er aufwacht, was wird dann aus euch? Er wird euch ganz und gar vernichten.
Engländer! Wenn ihr auch die Franzosen bezwungen habt, so habt ihr doch uns noch lange nicht bezwungen! Wir sind nicht eure Sklaven. Die Seen, die Wälder und die Berge hier haben wir von unseren Ahnen erhalten. Sie sind unser Erbe, und wir werden sie niemand anderem überlassen. Euer Volk glaubt, dass wir nicht ohne Brot und Schweine- oder Rindfleisch leben können wie die Weißen! Aber ihr solltet wissen, dass Er – der große Geist und Herr allen Lebens – Nahrung für uns bereithält in den weiten Seen und hoch auf den Bergen.
Engländer! Unser Vater, der König von Frankreich, benützte unsere jungen Männer, um Krieg gegen euer Volk zu führen. In diesen Kämpfen wurden viele von ihnen getötet, und es ist bei uns Sitte, die Erschlagenen zu rächen, bis ihre Geister zufriedengestellt sind. Nun können die Geister der Erschlagenen auf zwei verschiedene Arten zufriedengestellt werden. Die erste Möglichkeit ist, Blut zu vergießen bei dem Volk, von dem sie getötet worden sind, das andere Mittel, das auch den Groll der Angehörigen etwas besänftigen kann, ist es‚ die Körper der Toten zu bedecken.28
Engländer! Nie hat uns euer König irgendwelche Geschenke übersandt geschweige denn jemals einen Vertrag mit uns geschlossen, weshalb er und wir immer noch im Kriegszustand sind; und bis er dies tut, müssen wir davon ausgehen, dass wir keinen anderen Vater oder Freund unter den Weißen haben als den König von Frankreich. Aber was dich betrifft, so haben wir dir zugutegehalten, dass du dich unter Lebensgefahr hierher zu uns gewagt hast in der Erwartung, dass wir dir nichts zuleide tun. Du kommst ohne Waffen und nicht in der Absicht, gegen uns zu kämpfen. Du kommst friedlich, um mit uns Handel zu treiben und uns mit den lebensnotwendigen Waren zu versorgen, an denen es uns sehr mangelt. Wir werden dich deshalb als Bruder betrachten, und du kannst ruhig schlafen, ohne von den Chippeway etwas befürchten zu müssen. Als Zeichen der Freundschaft schenken wir dir diese Pfeife, damit du rauchen kannst.
13. Pontiac I (Ottawa), 27. April 1763
Textvorlage: Norman B. Wood. Lives of Famous Indian Chiefs, Aurora (Illinois) 1906, S. 133–136
Hintergrund: Die Ottawa, eigentlich Odawa, lebten am Nordufer des Huronsees, im Gebiet der jetzigen kanadischen Provinz Ontario. Ihre Sprache ist ein Ojibwa-Dialekt und gehört insofern zur Algonkin-Familie. Ihrer eigenen Überlieferung nach waren sie von Turtle Island dorthin gekommen. Die Odawa unterhielten ein weites Handelsnetz in Nordamerika, was sie allerdings nicht davon abhielt, viele Kriege mit anderen Stämmen zu führen. Die mit ihnen verbündeten Huronen wurden in den 1640er-Jahren von den Irokesen, die das Monopol im Pelzhandel anstrebten, vernichtet.
Wie andere Stämme wurden auch die Odawa in einige der englisch-französischen Kriege hineingezogen, die im 17. und 18. Jahrhundert als French and Indian Wars in den Kolonien ausgetragen wurden: 1689–1697 King William’s War (Frankreich gegen England und die Irokesen), 1702–1713 Queen Anne’s War, 1740–1748 King George’s War und 1754–1763 der French and Indian War.
Pontiac (um 1720–1769) war der Sohn eines Ottawa und einer Anishinabe und wurde um 1720 in Gebiet von Ohio geboren. Er kämpfte auf französischer Seite im King-George-Krieg und im French and Indian War.
Wie Tecumseh nach ihm, sah er die Notwendigkeit des Zusammenschlusses aller Ureinwohner, wenn der weiße Vormarsch nach Westen überhaupt gestoppt werden sollte. Pontiac wurde Führer des größten Bündnisses der amerikanischen Ureinwohner.
In einer Ratsversammlung der Ottawa, Potawatomi und Huron in der Nähe von Fort Detroit rief Pontiac die Stämme zum gemeinsamen Krieg auf und hielt die unten stehende Rede. Sie endet mit der Schilderung des Traumes des indianischen Propheten Neolin,