Butler Parker Staffel 4 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
trug seinen schwarzen Fellmantel, hatte Schneeschuhe unter den Füßen, die Hand- und Taschenwärmer in den Taschen und seinen Universal-Regenschirm auf dem Rücken festgebunden. Er verließ die Hütte, nachdem er das Licht kleiner gestellt hatte.
Kraftvoll arbeitete der Butler sich durch den Sturm. Als er in den Windschatten zwischen Unterholz und Bachlauf kam, ließ die tobende Gewalt des Schneesturms etwas nach. Parker kam gut voran.
Er brauchte fast fünfundvierzig Minuten, bis er in die Nähe von Jim Rastons Hütte kam. Er sah sie zwar nicht, dafür aber trug ihm der Wind frischen Brandgeruch in die Nase.
Wenig später erkannte er, was passiert war.
Jim Rastons Hütte war niedergebrannt. Die traurigen Reste bestanden nur noch aus schwelenden Balken und Brettern. Nur der gemauerte Kamin aus Bruchsteinen war noch intakt. Ihm hatte das Feuer wenig anhaben können.
Parker hatte nicht vor, sich hier lange aufzuhalten.
Er wollte bereits weitergehen, als er plötzlich einen penetranten Geruch wahrnahm.
Er stutzte, ging noch einmal zurück und – suchte nach der Leiche. Er war sicher, daß dem Brand auch ein Mensch zum Opfer gefallen war. Parker arbeitete sich durch das Gewirr der schwelenden Balken, bis er den Kamin erreichte.
Und hier entdeckte er den menschlichen Körper, der vom Feuer angesengt worden war. Es war ein scheußlicher Anblick. Selbst Josuah Parker, der schon viel gesehen und erlebt hatte, sah im ersten Moment betroffen zur Seite.
Wer der Tote war, konnte er nicht mehr erkennen. Das Feuer hatte ganz Arbeit geleistet. Warum dieser Mensch in der Hütte hatte verbrennen können, war nicht zu sehen. Bei Ausbruch eines Feuers hätte sich doch jeder Mensch schleunigst ins Freie geflüchtet! Warum hatte dieser Mensch es nicht getan? Wieso war er daran gehindert worden?
Mit einigem Widerstreben wendete Parker den Körper auf die Seite. Dann aber sah er den Grund, warum der Tote in der Hütte lag. Der Mann war erschossen worden! Die beiden Einschüsse im Rücken redeten eine deutliche und brutale Sprache!
Und plötzlich, mit erheblicher Verspätung, kam dem Butler ein fürchterlicher Verdacht. Sollte sein junger Herr hier erschossen worden sein? Er schluckte unwillkürlich. Dann weigerte Parker sich, weiterhin mit solch einer Möglichkeit überhaupt nur zu rechnen. Das durfte einfach nicht sein. Mike Rander mußte noch leben …!
*
Creek Village bestand aus einer Ansammlung von ein- und zweistöckigen Holzhäusern, die sich am Fuße eines bewaldeten Berghanges fast ängstlich zusammendrängten. Der Forkson Creek erweiterte sich in Höhe der Ortschaft zu einem kleinen See.
Noch bis vor einem Jahr hatte sich in Creek Village kaum etwas getan. Hier hatten die Pelztierjäger und Prospektoren ihre Vorräte ergänzt, sich mehr oder weniger betrunken, um dann nach wenigen Tagen schleunigst wieder in der Wildnis zu verschwinden.
Bis dann eines Tages die Baukolonnen der Straßenbaufirmen und Bautrupps der Erzfirmen kamen. Sie hatten das verschlafene Creek Village zu neuem Leben erweckt. Jetzt war hier so etwas wie eine kleine Drehscheibe für den Verkehr entstanden. Hinter den Holzhäusern von Creek Village gab es eine, regelrechte Kolonie von großen Trailern, in denen die Bauarbeiter und Ingenieure lebten. Diese riesigen Wohnwagen, die nur von Zugmaschinen oder Traktoren bewegt werden konnten, enthielten allen Komfort, wie er in den Großstädten anzutreffen ist.
Dort, wo der kleine See sich wieder in den Forkson Creek zurückverwandelte, war ein Flugfeld entstanden. Hier landeten die schweren Transportmaschinen der Baufirmen, hier standen aber auch die privaten Flugzeuge der Saisonarbeiter. Das Land war einfach zu groß und zu wild, um es auf normalen Straßen durchqueren zu können.
Saddlers Hotel stand auf der Grenze zwischen Creek Village und der Trailer-Kolonie. Es handelte sich um einen zweistöckigen Holzbau in Neuausgabe. Im Erdgeschoß befanden sich die Bar und die große Halle. Im Obergeschoß die kleinen Hotelräume. Vor dem Haus parkten viele Jeeps und Personenwagen. Der Lärm in der Bar drang bis auf die Straße.
Parker entledigte sich jetzt der tennisschlägerförmigen Schneeschuhe, lehnte sie gegen die Hauswand und klopfte sich den Schnee von seinem Fellmantel. Dann betrat er die große Veranda.
Durch eines der breiten und niedrigen Fenster sah er in die große Bar hinein.
Die lange L-förmige Theke war dicht belagert. Neben einigen Barkeepern war eine Frau mit dunkelroten Haaren zu sehen. Sie mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein. Sie trug ein giftgrünes Samtkleid mit einem sehr freizügigen Dekolleté.
Als Parker die Bar betrat, wurde es einen Moment still. Sehr still sogar. Er sah auch zu skurril und zu ungewöhnlich aus in seinem schwarzen Fellmantel, der fellbespannten Melone und mit dem Universal-Regenschirm, der korrekt an seinem linken Unterarm hin.
Gemessen und würdig trat Parker an die Theke. Er kümmerte sich nicht um die faulen Witze, die ihm und seiner Kleidung galten. Mit ruhiger, gelassener Stimme bestellte er sich einen heißen schwarzen Kaffee. Er wandte sich mit seiner Bestellung scheinbar zufällig an die junge Frau, deren Gesicht kalt und abschätzend wirkte.
Parker interessierte sich vor allen Dingen für ihren Lippenstift. Schließlich hatte er in der Hütte einige Zigarettenenden gefunden, die mit Lippenstift versehen waren. Ob die Farben identisch waren, ließ sich in der Neonbeleuchtung nicht gleich feststellen.
Nach seiner Bestellung nahm Parker an einem kleinen Ecktisch Platz und wartete auf den Kaffee. Auf den Kaffee, aber auch auf eine gewisse Kontaktaufnahme. Schließlich erwarteten ihn hier ja die Entführer von Mike Rander …
Der Kaffee wurde überraschend schnell serviert. Die junge Frau im giftgrünen Kleid kümmerte sich selbst darum. Sie lächelte Parker erwartungsvoll an, als sie das Tablett abstellte.
»Neu hier?« fragte sie. Ihre Stimme klang rauchig-heiser.
»Warum fragen Sie, Madam, wenn Sie schon alles wissen?« erwiderte der Butler höflich. »Halten wir uns nicht mit einer langen Vorrede auf. Früher oder später werden Sie doch zur Sache kommen müssen.«
»Ich … ich verstehe nicht.« Sie behauptete das nur, denn ihre Augen redeten eine ganz andere Sprache. Aufmerksam sah sie den Butler an.
»Ich komme wegen Mr. Mike Rander«, führte der Butler weiter aus. »Ich bin bereit, gewisse Unterlagen gegen ihn einzutauschen.«
»Ich weiß nicht, was Sie überhaupt wollen.«
»Möglich, aber dann empfehle ich Ihnen, Madam, sich an den Leiter des Unternehmens zu wenden.«
»Aus Ihnen soll einer klug werden.« Sie lachte, drohte ihm neckisch mit dem Finger und verschwand wieder hinter der Theke. Nach wenigen Augenblicken verließ sie aber diesen Platz. Sie schlug einen Vorhang zur Seite und betrat einen Hinterraum.
Josuah Parker verzichtete auf seinen heißen Kaffee.
Jetzt waren andere Dinge wichtiger.
Er stand auf, verließ, die Hotelbar und ging um den zweistöckigen Holzbau herum. Er hatte zwar keine sicheren Anhaltspunkte dafür, daß die rothaarige Frau mit Mike Randers Entführern unter einer Decke steckte, doch sein Gefühl sagte ihm laut und deutlich, daß diese Möglichkeit immerhin bestand.
Er sollte sich nicht getäuscht haben.
Von der Hausbar aus beobachtete er eine Frau, die einen Pelzmantel trug. Sie kam gerade aus einer Hintertür und verschwand in einer schmalen dunklen Gasse, die von Häuserwänden und hohen Zäunen gebildet wurde.
Parker folgte ihr. Er wollte nicht, daß sie sich unterwegs verirrte …
*
Die Frau mit den dunkelroten Haaren hatte die Trailer-Kolonie erreicht. Sie hielt auf einen riesigen Wohnwagen zu, dessen Außenhaut aus Leichtmetall bestand, auf dem sich dicke Eiskristalle gebildet hatten. Dieser Wohnwagen stand am Rand eines sanften Hügels, der mit dichtem Unterholz bewachsen war.
Nach kurzem Anklopfen wurde der Frau geöffnet. Sie schlüpfte in