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Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур ШницлерЧитать онлайн книгу.

Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler - Артур Шницлер


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      Julian und Diener. Dann Sala.

      Der Diener meldet. Herr von Sala. Ab.

      Sala tritt ein. – Salas Gewohnheit, im Gespräch auf und ab zu gehen, tritt während dieser Szene sehr hervor. Gelegentlich setzt er sich für einen Augenblick, manchmal nur auf eine Lehne. Zuweilen bleibt er bei Julian stehen, legt ihm die Hand auf die Schulter, während er spricht. Zwei- bis dreimal während der Szene berührt er mit der Hand seine linke Brustseite, als empfände er dort ein Unbehagen; nicht auffällig.

      Julian. Ich freue mich sehr. Händedruck.

      Sala. Also heute früh sind Sie gekommen?

      Julian. Ja.

      Sala. Und bleiben –?

      Julian. Das ist noch unbestimmt. Ich bin in einiger Unordnung, wie Sie sehen. Es wird hier wohl überhaupt keine rechte Ordnung werden. Ich will diese Wohnung aufgeben.

      Sala. Schade; ich war sie so gewohnt. Wohin wollen Sie denn ziehen?

      Julian. Es ist möglich, daß ich vorläufig gar kein festes Quartier nehme und so herumwandere wie in den letzten Jahren. Ich habe sogar die Idee, meine Sachen verauktionieren zu lassen.

      Sala. Das ist mir kein sympathischer Gedanke.

      Julian. Ja, sympathisch ist mir der Gedanke eigentlich auch nicht. Aber es kommt auch die materielle Seite der Frage ein wenig in Betracht. Ich habe zuviel gebraucht in diesen letzten Jahren, das muß sich irgendwie wieder ausgleichen. Später richt' ich mich wohl wieder neu ein. Irgend einmal kommt man doch wieder zur Ruhe und zur Arbeit. – Nun, wie geht's Ihnen denn? Was machen unsere Freunde und Bekannten?

      Sala. Haben Sie denn noch niemanden gesehen?

      Julian. Niemanden. Ich hab' auch nur Ihnen geschrieben, daß ich da bin.

      Sala. Also Sie waren noch nicht bei Wegrats?

      Julian. Nein. Ich zögere sogar hinzugehen.

      Sala. Wie? . . .

      Julian. Man sollte eigentlich in gewissen Jahren die Orte gar nicht mehr betreten, in denen man jüngere Tage verbracht hat. Man findet die Dinge und Menschen selten so wieder, wie man sie verlassen. Nicht wahr? – Frau Gabriele soll sich ja im Laufe ihrer Krankheit recht sehr verändert haben. Felix sprach mir wenigstens davon. Ich möchte es am liebsten vermeiden, sie wiederzusehen. Das müssen Sie doch verstehen, Sala.

      Sala etwas befremdet. Natürlich versteh' ich das. Wie lang haben Sie denn keine Nachricht aus Wien gehabt?

      Julian. Ich bin meinen Briefen immer vorausgereist. Seit vierzehn Tagen hat mich keiner eingeholt. Betreten. Was gibt's denn?

      Sala. Frau Gabriele ist vor etwa acht Tagen gestorben.

      Julian. Oh! Er ist sehr bewegt, gebt im Zimmer bin und her, dann setzt er sich nieder und sagt nach einer Pause: Man mußte wohl darauf gefaßt sein, und doch . . .

      Sala. Sie starb einen sanften Tod, – wie die andern Leute ja immer so bestimmt wissen. Immerhin, sie ist eines Abends ruhig entschlummert und nicht wieder erwacht.

      Julian sehr leise. Arme Gabriele! – Haben Sie sie in der letzten Zeit gesehen?

      Sala. Ja. Ich kam beinahe täglich hin.

      Julian. So?

      Sala. Johanna hat mich darum gebeten. Sie hat sich nämlich geradezu gefürchtet, mit ihrer Mutter allein zu sein.

      Julian. Gefürchtet?

      Sala. Sie hatte eine Art Grauen vor der kranken Frau. Jetzt ist sie eher ruhiger.

      Julian. Seltsames Geschöpf . . . – Und unser Freund, der Professor, wie trägt er den Verlust? Gottergeben, nicht wahr?

      Sala. Lieber Julian, der Mann hat einen Beruf. Ich glaube, wir können das gar nicht fassen, dir wir von Gnaden des Augenblicks Götter – und zuweilen etwas weniger als Menschen sind.

      Julian. Felix ist natürlich noch hier?

      Sala. Ich sprach ihn erst vor einer Stunde, und teilte ihm mit, daß Sie da wären. Er hat sich sehr gefreut, daß Sie ihn in Salzburg besucht haben.

      Julian. Das schien mir so. Und es hat mir sehr wohl getan. Ich trage mich übrigens mit der Idee, in Salzburg Aufenthalt zu nehmen.

      Sala. Für immer?

      Julian. Für einige Zeit. Auch um Felix' willen. Sein frisches Wesen berührt mich so angenehm, macht mich geradezu selbst jünger. Wär' er mein Sohn nicht, ich würd' ihn vielleicht beneiden – und nicht um seine Jugend allein. Lächelnd. So bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn zu lieben. Es hat wahrhaftig etwas Beschämendes für mich, daß ich es sozusagen inkognito tun muß.

      Sala. Kommen alle diese Empfindungen nicht ein wenig spät?

      Julian. Sie existieren wohl schon länger, als ich selbst weiß. Und dann, Sie wissen ja, ich sah den Jungen zum ersten Male, als er schon zehn oder elf Jahre alt war und erfuhr erst damals, daß er mein Sohn sei.

      Sala. Das muß ein seltsames Wiedersehen gewesen sein zwischen Ihnen und Frau Gabriele, zehn Jahre, nachdem Sie den schnöden Verrat begangen – wie unsere Ahnen gesagt hätten.

      Julian. Es war nicht einmal so seltsam. Es fügte sich ungezwungen. Kurz nachdem ich aus Paris zurückgekehrt war, begegnete ich Wegrat zufällig auf der Straße. Wir hatten ja gelegentlich von einander gehört und traten einander als alte Freunde entgegen. Es gibt Menschen, die zu derlei Schicksalen geboren sind . . . Und was Gabriele anbelangt – –

      Sala. Die hat Ihnen natürlich verziehen.

      Julian. Verziehen? . . . Es war mehr und weniger. Nur einmal sprachen wir von der Vergangenheit – sie ohne Vorwurf, ich ohne Reue; als wäre jene Geschichte andern begegnet. Und dann nie wieder. Ich hätte glauben können, jene Zeit wäre durch ein Wunder aus ihrem Gedächtnis verschwunden. Und eigentlich bestand für mich zwischen dieser stillen Frau und dem Wesen, das ich einmal geliebt hatte, gar kein wirklicher Zusammenhang. Und den Jungen – das wissen Sie ja – hatt' ich anfangs gewiß nicht lieber, als ich irgend ein anderes hübsches und begabtes Kind lieb gehabt hätte. – Nun ja, vor zehn Jahren sah es in meinem Leben anders aus als heute. Damals hielt ich noch so vieles fest, was mir seither entglitten ist. Erst im Laufe der folgenden Jahre zog es mich immer stärker in das Haus, bis ich begann, mich dort heimisch zu fühlen.

      Sala. Daß ich damals den Zusammenhang zu verstehen anfing, haben Sie mir hoffentlich nicht übel genommen.

      Julian. Immerhin, Sie fanden mich nicht sehr vernünftig . . .

      Sala. Warum? Ich finde ja auch, daß das Familienleben an sich etwas sehr hübsches ist. Aber es sollte sich doch wenigstens in der eigenen abspielen.

      Julian. Sie wissen ja, daß ich mich selbst des Widersinnigen in diesen Beziehungen manchmal geradezu schämte. Das war sogar mit einer der Gründe, der mich davontrieb. Natürlich kam damals noch manches andere dazu, was mich verstimmte. Insbesondere, daß ich mit meinen Arbeiten kein rechtes Glück hatte.

      Sala. Sie hatten doch schon lange vorher nichts mehr ausgestellt.

      Julian. Ich meine es auch nicht äußerlich. Es wollte eben keine gute Stimmung mehr kommen, und ich hoffte, das Reisen würde mir auch diesmal helfen, wie schon oft in früherer Zeit.

      Sala. Und wie ist es Ihnen denn nun ergangen? Man hat ja so selten von Ihnen gehört! Sie hätten mir wirklich öfter und ausführlicher schreiben können. Sie wissen ja, daß Sie mir viel lieber sind als die meisten andern Menschen. Wir bringen einander die Stichworte so geschickt – finden Sie nicht? Es gibt pathetische Leute, die solche Beziehungen Freundschaft nennen. Übrigens ist es nicht unmöglich, daß wir uns im vorigen Jahrhundert »du« gesagt, am Ende gar, daß Sie sich an meinem Busen ausgeweint hätten. Sie haben mir manchmal gefehlt in diesen zwei Jahren, – wahrhaftig! Wie oft hab' ich auf einsamen Spaziergängen an unsere schönen Plauderstunden im Dornbacher Park gedacht, wo wir zitierend »die tiefst' und höchsten


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