Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
den Kopf, als Joan Shadow ins Zimmer trat. Sie übersah die Flasche auf dem niedrigen Couchtisch und lächelte den Gangster strahlend an. Sammy hob die Beine auf den Boden und stand schwerfällig auf.
»Hallo, Mädchen«, sagte er und grinste vertraulich. »Damit hätte ich niemals gerechnet.«
»Ich habe nicht sehr viel Zeit«, erwiderte Joan freundlich. »Der Chef hat mich geschickt.«
»Gibt’s wieder was zu tun?«
»Eine ganz besondere Sache«, gab sie zurück. »Eine sehr heikle Aufgabe, die der Chef extra bezahlen wird.«
»Dafür bin ich immer zu haben«, meinte Sammy. Er griff nach der Flasche, erinnerte sich dann aber, daß die Frau die Vertraute des Chefs war und setzte die Flasche behutsam zurück auf die Tischplatte. Sie sah es und schüttelte lächelnd den Kopf.
»Wegen mir brauchen Sie sich nicht zu genieren, Sammy«, erklärte sie und zeigte ihre schneeweißen Zähne. »Ich bin keine Anträgerin.«
»Man kennt sich eben zu wenig«, sagte er verlegen. »Mit dem Chef möchte ich keinen Ärger bekommen.«
»Der Chef ist schon in Ordnung«, entgegnete sie. »Er muß natürlich vorsichtig sein.«
»Ich kann ’nen ordentlichen Schluck vertragen. Ich möchte nur wissen, wer dem Chef diesen Floh ins Ohr gesetzt hat, von wegen, ich könnte nichts vertragen.«
»Vielleicht ein guter Bekannter von Ihnen, Sammy.« Sie antwortete sehr anzüglich.
»Clive etwa …?« schnappte Sammy sofort zu.
»Ich will und darf keine Namen nennen. Aber wegen Clive bin ich hier, Sammy.«
»Hat er was ausgefressen?«
»Er spioniert hinter dem Chef her«, behauptete sie unverfroren. »Clive ist zu eigenwillig und zu neugierig geworden. Der Chef möchte ihn schleunigst los werden.«
»Ach so …!« Sammy schluckte und griff noch mal zur Flasche. Diesmal genierte er sich nicht, sie an den Mund zu setzen. Er nahm einen kräftigen Schluck und rülpste. Er übersah den Mund der Frau, der sich angewidert verzog.
»Sie, Sammy, sollen das erledigen«, redete Joan Shadow weiter. »Deutlicher brauche ich mich wohl nicht auszudrücken. Falls Clive nur ausgebootet wird, besteht die Gefahr, daß er uns an die Polizei verrät. Der Chef besteht darauf, daß Clive nicht mehr reden kann!«
»Mir geht ein Licht auf. Ich soll ihn wohl umbringen, wie?«
»Wenn Sie sich nicht stark genug dazu fühlen, Sammy, können Sie selbstverständlich zurücktreten.«
»Unsinn, Clive schaffe ich leicht. Hauptsache, der Chef hat’s angeordnet.«
»Natürlich. Und er Wird Ihnen dafür auch eine Prämie zahlen.«
»Er kann sich auf mich verlassen, Clive ist bereits erledigt! Wann soll ich es tun?«
»Er wird im Lauf des Tages hier bei Ihnen erscheinen, Sammy, und Sie angeblich zu einer Fahrt abholen. Das ist Ihr Stichwort. Gehen Sie mit ihm. Sobald Sie in der Nähe des Piers sind, müssen Sie handeln. Sorgen Sie dafür, daß Clives Wagen benutzt wird.«
»Ich mach’ das schon, Joan. Nehmen Sie auch einen Schluck?«
»Jetzt nicht, aber heute abend, wenn ich Sie abhole.«
»Na prächtig, ich freu mich schon drauf, Joan. Sieht ja so aus, als hätten wir uns endlich was zu sagen, wie?«
»Bisher mußte ich ja schon wegen Clive vorsichtig sein. Er ist so schrecklich eifersüchtig.«
»Nicht mehr lange, darauf kann er Gift nehmen. Soll ich danach hier in der Wohnung auf Sie warten, Joan?«
»Ja, ich komme ganz bestimmt vorbei. Und seien Sie schnell, Sammy. Sie wissen ja, daß Clive gefährlich ist. Er darf Ihnen nichts anmerken.«
»Schafft er nicht, ich bin ein erstklassiger Schauspieler.« Sammy lachte breit und bediente sich noch mal aus der Flasche. Sein Lebensgefühl schoß raketenartig nach oben. Er glaubte, in den dunklen und feurigen Augen richtig zu lesen. Er hatte sich also doch nicht getäuscht! Sie interessierte sich für ihn! Sobald Clive aus dem Wege geräumt war, begann ein neuer Abschnitt seines Lebens! Er stellte ihn sich sehr reizvoll vor. Daß er dazu einen Mord an seinem Partner begehen sollte, beschwerte ihn überhaupt nicht. Es war schließlich nicht das erste Mal …
*
Joan Shadow ging inzwischen zur Treppe, erreichte die Straße und stieg in ihren Ford. Vom nächsten Drugstore aus rief sie an. Eine schnelle, baritonal gefärbte Stimme meldete sich.
»Es klappt wie am Schnürchen«, meldete Joan sachlich. »Sie brennen darauf, ihre Arbeit zu erledigen.«
»Gute Arbeit«, antwortete die Stimme. »Dann wirst du jetzt deinen neuen Job antreten, ja?«
»Gegen Mittag fange ich im Wellington Hotel in der 55. Straße an. Ich werde mich rechtzeitig melden.«
Ohne eine Antwort abzuwarten legte sie auf und ging zurück in den Wagen. Sie rauchte sich schon wieder eine Zigarette an und schaltete das Radio ein. Eine etwas grelle Frauenstimme, die von einer Band begleitet wurde, behauptete, das Leben sei wunderbar und lohne sich zu leben!
*
Der Hotellift brachte den Butler hinunter in die Tiefgarage des Hotels. Josuah Parker wollte den Besuch in der Wohnung des ermordeten Hermy Lactons’ nachholen. Er rechnete weniger damit, dort wichtige Spuren zu finden. Ihm kam es darauf an, Spuren auszulegen. Es gehörte zu seinen Arbeitsprinzipien, es den Gangstern und Verfolgern stets scheinbar leicht zu machen.
Wegen der schnellen Abreise von Chikago hatte er seinen Privatwagen leider nicht mitnehmen können. Keiner bedauerte das mehr als Parker. Er hing an seinem hochbeinigen Monstrum, das mit Überraschungen aller Art vollgepackt war.
Hier in Manhattan behalf er sich gezwungenermaßen mit einem recht ansehnlichen Buick, der für seine Begriffe allerdings viel zu langsam war. Doch Parker konnte auch Opfer bringen, wenn es darauf ankam.
Er klinkte die Wagentür auf und wollte seinen altväterlichen Regenschirm gerade unterbringen, als er wieder das Gefühl hatte, beobachtet zu werden.
Selbstverständlich ließ der Butler sich nichts anmerken. Er tat so, als sei alles in bester Ordnung. Ja, er nahm sich sogar noch die Zeit, die altertümliche Taschenuhr aus der Weste zu ziehen und ließ den reichverzierten Deckel aufspringen.
Vom Zifferblatt aber war nichts zu sehen. Der Deckel gab nur einen kleinen Spiegel frei, mit dem Parker den ungedeckten Raum in seinem Rücken absuchte.
Er hatte sich nicht getäuscht, er wurde tatsächlich beobachtet. Für den Bruchteil einer Sekunde machte er einen Schatten aus. Eine Gestalt wechselte von einem abgestellten Wagen zum anderen. Ein feines Scharren drang an sein Ohr.
Nun wußte der Butler Bescheid.
Er ließ die Uhr zurück in die Westentasche gleiten und … erlitt beim Besteigen des Wagens plötzlich einen Krampf. So sah es wenigstens aus. Er stöhnte und ächzte auf, griff sich ans Kreuz und rutschte an der geöffneten Wagentür herunter.
Parker war ein begabter Schauspieler. Sein Trick wirkte ungemein echt. Jeder noch so kritische und mißtrauische Beobachter mußte annehmen, Parkers Ischiasnerv habe falsch reagiert.
Kaum auf dem harten Betonboden der Tiefgarage angekommen, zog Parker es vor, schleunigst in Deckung zu gehen. Hinter dem Kofferraum baute er sich auf und wartete ab.
Sekunden vergingen, dann näherten sich leise Schritte. Parker richtete sich etwas auf, um besser sehen zu können. Zwischen den abgestellten Wagen tauchte ein Mann auf. Er hatte sich abgeduckt und hielt einen Revolver in der Hand. Er näherte sich genau der Stelle, an der er den Butler vermutete. Er kam gar nicht auf den Gedanken, hereingelegt worden zu sein.
Josuah Parker wartete geduldig ab, bis der Mann den Buick erreicht hatte. Suchend beugte sich der Mann vor. Dann schrak er zusammen und richtete