Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
hat seinen Jahresurlaub genommen«, antwortete der sympathische Anwalt lächelnd. »Kam für mich auch ganz überraschend.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo er sich herumtreibt?«
»Er schwieg sich wie immer aus, Leutnant. Übrigens möchte ich wetten, daß Sie nicht ganz zufällig hier bei mir vorbeikommen.«
»Stimmt, ich wollte nur mal sehen, was Ihr Butler so treibt.«
»Ich sagte Ihnen ja schon, er nahm seinen Jahresurlaub.«
»Sind Sie sicher, daß er die Stadt verlassen hat?«
»Bei Parker bin ich eigentlich niemals sicher, Branch. Glauben Sie, daß er was ausgefressen hat?«
»Haben Sie die Schlagzeilen der Zeitungen gelesen?« wechselte Leutnant Branch das Thema, ohne Mike Randers Frage zu beantworten.
»Sie spielen auf die ›Juicemen‹ an?«
»Richtig, ich meine die Geldverleiher.«
»Übrigens ein treffender Ausdruck, wie? Diese Gangster verleihen ›Saft‹, damit arme Teufel sich über Wasser halten können. Daß sie dafür horrende Zinsen einstreichen, wird von den Geldnehmern meist übersehen.«
»In Kreisen dieser ›Juicemen‹ scheint in letzter Zeit aber allerhand los zu sein, Leutnant.«
»Genau ausgedrückt, Rander, wurden in den vergangenen 6 Tagen vier dieser illegalen Geldverleiher ermordet. Entweder handelt es sich dabei um interne Streitigkeiten der Gangster, oder irgendein Unbekannter hat den Geldverleihern den Kampf angesagt.«
»Jetzt geht mir ein Licht auf, warum Sie meinem Butler einen Besuch abstatten wollten.« Mike Rander schüttelte den Kopf. »Sie wissen doch, Branch, daß Parker nur sehr ungern schießt.«
»Ich gebe zu, daß diese Schießereien nicht nach Parker aussehen«, räumte der Leutnant ein. »Auf der anderen Seite weiß Ihr Butler zu treffen, wenn er angegriffen wird. Alle vier bisher erschossenen Geldverleiher sind ausgekochte und harte Gangster, die uns gut bekannt sind. Gegen solche Leute kommt nur ein Mann auf, der sich in dieser Branche auskennt.«
»Parker hätte sich bei mir bestimmt gemeldet«, erwiderte Anwalt Mike Rander. »Ich gebe zu, daß er gerade in den vergangenen Tagen die Zeitungen sehr intensiv studierte. Er deutete auch an, diesen Gangstern müsse das Handwerk gelegt werden.«
»Na bitte, Rander, da haben wir es doch …! Parker interessierte sich für diesen Fall. Für mich heißt das, daß er den ›Juicemen‹ den Kampf angesagt hat.«
»Ist schon drin«, lächelte Mike Rander. »Doch wie gesagt, Branch, Parker ist kein Revolverheld, der mit rauchender Pistole herumläuft. Falls er den Geldverleihern wirklich auf den Pelz gerückt ist, so hat er bisher keinen Schuß abgefeuert. In solch einem Fall hätte er sich bei mir gemeldet.«
»Sollte Parker sich melden, so schärfen Sie ihm ein, daß er keine Extratouren reiten darf. Ich würde sonst verdammt sauer reagieren. Wir vom Morddezernat sind selbst hinter den ›Juicemen‹ her. Ich möchte meine Ermittlungen nicht stören lassen.«
»Gut, in Ordnung. Sollte Parker sich noch melden, werde ich ihm alles ausrichten, Leutnant. Jetzt zufrieden?«
»Zufrieden bin ich erst, wenn diese Geldverleiher ausgespielt haben«, antwortete Leutnant Branch. »Sie sind wie eine moderne Pest. Sie sollten unsere Akten mal einsehen. Diese Gangster lassen die Banknoten großzügig flattern und verteilen sie unter das Volk. Wie gern schnappt irgendein Mensch, dem das Wasser bis zum Halse steht, nach solch einem Rettungsanker und leiht sich Geld aus. Damit sitzt er aber bereits in der Falle. Er muß nicht nur zurückzahlen, sondern auch die horrenden Zinsen tragen. Und pünktlich auf die Minute, erwarten diese ›Juicemen‹ ihr Geld zurück. Wer nicht spurt, wird zusammengeschlagen und landet im Krankenhaus. Nach solch einer Behandlung treiben die säumigen Schuldner jeden Cent zusammen, den sie erwischen können. Sie lösen ihre Haushalte oder Geschäfte auf, sie pumpen sich neues Geld und werden sogar zu verzweifelten Dieben, nur aus der Angst heraus, noch einmal ›behandelt‹ zu werden. Selbstmorde kommen unter den Schuldnern immer wieder vor. Diese Gangster sind in meinen Augen genauso gefährlich wie Rauschgifthändler, Rander …!«
»Die ›Juicemen‹ sind demnach also straff organisiert, wie?«
»Selbstverständlich, Rander. Sie brauchen vor allen Dingen einen Mann, der das auszuleihende Geld zur Verfügung stellt. Es handelt sich dabei natürlich um immense Summen, wie Sie sich vorstellen können. Wir kennen Fälle, in denen die Gangster das Leihgeld förmlich aufzwingen.«
»Wie soll ich das verstehen?« Mike Rander sah seinen Gesprächspartner interessiert an.
»Nehmen wir zum Beispiel einen Geschäftsmann, dessen Laden bestens floriert. Der Mann braucht wirklich kein Geld, weil er rund kommt. Nun taucht ein ›Juicemen‹ auf und will Geld verleihen. Der Geschäftsmann lehnt ab, weil er flüssig ist. Nach einem kurzen, informatorischen Gespräch aber läßt er sich, sagen wir, 1000 Dollar aufnötigen. Nimmt er das Geld nicht an, unterschreibt er nicht den Schuldschein, dann wird sein Geschäft plötzlich nicht mehr florieren, weil es entweder kurz und klein geschlagen wird, ausbrennt oder die Kunden angerempelt werden.«
»Ich möchte annehmen, Branch, daß Sie bereits einiges Material über diese Gangster zusammengetragen haben, wie?«
»Wir wissen von einer einzigen Organisation, die sich hier in Chicago eingenistet hat. Der Anführer dieser Bande ist leider unbekannt. Wir können noch nicht mal mit Vermutungen operieren. Selbst die kleinen Handlanger sind uns meist unbekannt. Verständlicherweise schweigen sich die Kunden aus. Sie getrauen sich einfach nicht, auch nur einen einzigen Tip zu liefern.«
»Sie besitzen doch V-Männer, die Ihnen Informationen liefern, nicht wahr?«
»Selbst diese Leute kommen nicht weiter. Die Angst vor den ›Juicemen‹ ist einfach zu groß. Sie sollten sich einmal die Leute ansehen, die von diesen Schlägern bestraft wurden. Es handelt sich durchweg um scheußliche Verletzungen. Um aber wieder auf Ihren sagenhaften Butler zurückzukommen, Rander. Falls er die ›Juicemen‹ wirklich ausheben will, so wird er sich diesmal die Zähne ausbeißen, verlassen Sie sich darauf. Parker wird seinen Meister finden. Diesen Männern ist auch er nicht gewachsen …!«
»Sollte Parker sich noch in der Stadt aufhalten, sollte er es sich in den Kopf gesetzt haben, die ›Juicemen‹ auffliegen zu lassen, Leutnant, werde ich ihn warnen, dessen versichere ich Sie!«
»Je schneller Sie ihn warnen, desto besser.«
»Dazu müßte ich erst wissen, wo er steckt, Branch.« Mike Rander lächelte, obwohl ihm plötzlich gar nicht mehr so wohl in seiner Haut war. Er fürchtete tatsächlich um seinen Butler Parker, der seit fast einer Woche verschwunden war und sich bisher noch nicht gemeldet hatte …!
Josuah Parker stand vollkommen ruhig auf, als es an der Tür klingelte. Es war Mittag, und er ahnte schon, wer ihn jetzt besuchen wollte. Ohne ein Anzeichen von Angst und Nervosität ging er zur Tür und öffnete.
Herm Lazer, der abgetakelte Boxer, drängte sich ins Zimmer. Hinter ihm tauchte der junge Mann auf, der das Haus von der Straße aus bewacht hatte. Er schloß die Tür und drehte den Schlüssel herum. Dann grinste er erwartungsvoll und blieb rechts von der Tür stehen.
Herm Lazer fühlte sich als Herr der Lage.
»Na, wie steht’s denn mit dem Zaster?« fragte er Josuah Parker.
»Zu meinem Leidwesen muß ich ungemein bedauern«, antwortete der Butler. »Es war mir leider nicht möglich, die betreffende Summe herbeizuschaffen.«
»Sie sind … verrückt …! Mann, wissen Sie denn, was das bedeutet?«
Herm Lazer starrte den Butler an. Zorn stieg in ihm hoch. Er konnte die korrekte und vielleicht auch etwas verschrobene Ausdrucksweise Parkers nicht ausstehen. In seinen Ohren hörte sie sich arrogant an. Zudem war Parker in einer Art gekleidet, die ihm auf die Nerven ging. Der Butler trug nämlich eine gestreifte schwarze Hose, schwarze Schuhe, die auf Hochglanz geputzt waren,