Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Es klang vollkommen überzeugend, obwohl es den Tatsachen keineswegs entsprach.
Chris Pierce ließ sich ein zweites Mal bluffen. Er nahm Parkers Worte für bare Münze und schielte unbewußt auf den Eisschrank in der kleinen Küche. Darin hatte er nämlich sein verdientes Geld versteckt. Josuah Parker wußte sofort Bescheid, wo er später suchen mußte.
Bis aufs Blut gereizt, in der Annahme, er habe sein Geld bereits verspielt, pfiff Pierce auf den Stockdegen, schlug ihn mit dem Unterarm zur Seite und sprang den Butler an. Seine rechte Faust zischte kurz und trocken vor und bohrte sich in Parkers Leber.
Das heißt, so ungefähr hatte Pierce sich das gedacht. Als er den Butler jedoch traf, da hatte er das Gefühl, gegen eine Betonmauer geschlagen zu haben. Er hörte laut und deutlich das Knacken seiner geprellten Fingerknöchel und wurde vom Schmerz förmlich in die Knie gezwungen.
Sein Pech, daß er nichts von Parkers Leichtmetallweste gewußt und gehört hatte. Der Butler zeigte, daher auch keine Schlagwirkung, sondern blieb stocksteif vor dem sich windenden Gangster stehen. Er drehte den Regenschirm herum und klopfte mit dem Griff leicht auf den Kopf des Gangsters. Der spürte daraufhin keinen Schmerz mehr, sondern verdrehte nur die Augen und rollte sich vor dem Vorhang zur Küche zusammen.
Parker stieg betont vorsichtig über den betäubten Gangster hinweg und öffnete den Kühlschrank. Im Tiefkühlfach entdeckte er eine geöffnete Konservendose, die mit Banknoten vollgestopft war. Josuah Parker zählte die Scheine durch und setzte sich für einen kurzen Moment an den aufklappbaren Frühstückstisch. Korrekt, wie er es nun einmal war, stellte er Pierce eine Quittung aus, die er dem immer noch schlafenden Gangster anschließend in die Hand drückte. Dann verließ er die Wohnung des »Juiceman«, nicht ohne vorher auch noch das Licht abzudrehen. Parker wollte dem Gangster unnötige Stromkosten ersparen.
In einer Seitenstraße stand sein hochbeiniges Monstrum. Der Butler setzte sich ans Steuer, schaltete die Scheinwerfer ein und fuhr seinem neuen Ziel entgegen. Er hatte in dieser Nacht noch sehr viel zu tun. Ihm kam es darauf an, die »Juicemen« empfindlich zu treffen und zu schädigen.
Im Grunde war der Butler an diesen kleinen Ausleihern kaum interessiert. Sie standen und fielen mit dem Boß, der das Geld zur Verfügung stellte und die Organisation leitete. Josuah Parker hatte sich auch in diesem Fall wieder ein einfaches, aber auch wirkungsvolles Verfahren ausgedacht. Er wollte die kleinen Gangster derart reizen und schädigen, daß der Chef der Gang auf ihn aufmerksam wurde und sich aus seinem Versteck hervortraute. Zu diesem Zeitpunkt wollte Parker dann nach altbewährtem Muster zuschlagen und die Gang liquidieren.
Als Chris Pierce endlich wieder zu sich kam, sich an gewisse Einzelheiten erinnerte, war der Butler längst über alle Berge. Pierce goß sich einen Schluck Whisky ein, wollte trinken und erinnerte sich genau in diesem Augenblick an sein Geld.
Er lief zum Eisschrank, riß ihn auf und fingerte nach der Konservendose. Dabei fiel sein Blick auf die Quittung, die Parker freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Fassungslos las Pierce, daß Josuah Parker das gesamte Barvermögen mitgenommen hatte.
Pierce, ein hartgesottener Gangster, schluchzte trocken auf und widmete sich anschließend seiner Flasche. Er kam zu dem Schluß, seinen Partnern und Freunden von dieser üblen Geschichte nichts zu erzählen. Damit hätte er sich ja doch nur blamiert und um seine Chancen gebracht, der Nachfolger von Joe Harms zu werden …!
Eine knappe Stunde später erwachte auch Staff Weed aus seinen Träumen.
Er fuhr sich mit der noch leicht zitternden Hand über die Glatze und versuchte, sich an gewisse Einzelheiten zu erinnern. Richtig, er war doch von diesem ganz in Schwarz gekleideten Mann außer Gefecht gesetzt worden.
Staff Weed zog sich am Türrahmen hoch und ging schwankend zur Hausbar am Fenster. Auch er brauchte einen ordentlichen Schluck, um die finsteren Erinnerungen loszuwerden.
Ihm erging es nicht anders als Pierce.
Plötzlich nämlich fiel ihm ein, daß sein unheimlicher Besucher von Geld gesprochen hatte.
Mein Gott, die Scheine …! Weed setzte das Glas ab, wischte sich frische Schweißtropfen von der Stirn und ließ sich auf die Knie fallen. Er schob den billigen Teppich zur Seite und hob vorsichtig die kleine Falltür an, die sein Geheimversteck verschloß.
Er tastete mit den Fingern in das dunkle Verlies und … schrie im gleichen Moment gellend auf. Ein scharfes Schnappen untermalte diesen Schrei. Fassungslos zog Weed seine Hand nach oben und starrte entsetzt auf die kleine Mausefalle, die zwei seiner dicken Wurstfinger gefangen hielt.
Ihm wurde fast schlecht.
Nur unter Aufbietung aller Energie löste er den Stahlbügel und begutachtete die leichten Quetschungen an seinen Fingern. Wehleidig wie die meisten Gangster, fühlte er sich fast tödlich verwundet. Später jammerte er noch einmal, als er sich die beiden Finger mühsam verband.
Erst einige doppelte Whisky brachten ihn wieder in Schwung. Parkers Besuch hatte ihn runde 3000 Dollar gekostet. Er fühlte sich ruiniert, zugleich aber auch auf den Arm genommen. Wie ein Anfänger hatte er sich von diesem komischen Vogel hereinlegen lassen!
Die Jungens dürfen kein Wort davon erfahren, schwor er sich. Wenn die rausbekommen, wie man mich geplündert hat, sind meine Aufstiegschancen im Eimer. Dann kann ich einpacken, dann wird der »Bankhalter« mich niemals zum Nachfolger dieses Joe Harms’ wählen.
Staff Weed hoffte insgeheim nur, daß auch sein Freund und Kollege Pierce von Parker heimgesucht worden war. Er konnte ja nicht wissen, daß das bereits geschehen war …!
*
Ben Walton hatte den Verstärker und Lautsprecher installiert. Er sah auf die Uhr. Noch fünf Minuten mußten sie warten, bis der »Bankhalter« sich meldete und seine neuen Direktiven durchgab.
Bis auf Herm Lazer waren alle Revierleiter der »Juicemen« vollständig versammelt. Die Konferenz der Geldverleiher fand diesmal im Atelier eines verreisten Architekten statt. Ben Waltons Aufgabe als Sekretär war es, von Fall zu Fall stetig wechselnde Konferenzräume zu beschaffen, die zu den Gangstern in keiner Beziehung standen. Tarnung wurde bei den »Juicemen« groß geschrieben.
Ben Walton fingerte nervös an der Krawatte herum. Er hatte seinen Anpfiff bereits weg und wußte, wie wütend und gereizt der »Bankhalter« war.
Chris Pierce trauerte noch immer seinem Geld nach und verfluchte den Butler.
Staff Weed, der neben ihm saß, wünschte Parker die Pest an den Hals. Seine dicken Wurstfinger schmerzten und erinnerten ihn an die Ausplünderung.
Joe Harms, der Chef des Reviers, in dem diese beiden Gangster arbeiteten, hatte die unscheinbar aussehende Aktentasche zwischen seine Beine gestellt. Sie enthielt Banknotenbündel, die er nach der Konferenz Ben Walton überreichen wollte. Die Abrechnung befand sich in seiner Brusttasche.
Ruckartig nahm er den Kopf hoch, als gerufen wurde. Der Lautsprecher regte sich. Ben Walton nahm den Hörer von der Gabel und verbeugte sich in gewohnter, devoter Weise.
»Hier spricht der ›Bankhalter‹.« Die messerscharfe Stimme füllte das Atelier. »Ich habe den Eindruck, daß Sie weich geworden sind, meine Herren. Namen will ich nicht nennen. Aber es ist doch ausgeschlossen, daß ein einzelner, alter Mann in der Lage ist, ein ganzes Revier zu verwirren. Wahrscheinlich arbeitete unser früheres Mitglied Herm Lazer mit diesem Mann zusammen. Lazer steht ab sofort auf der Liste. Wer immer ihn sieht, hat sofort zu schießen. Ab sofort wird eine Treibjagd auf den bewußten, alten Mann begonnen. Er heißt Josuah Parker und scheint früher einmal als Butler gearbeitet zu haben. Dieser Mann ist zu stellen. Ich will ihn allerdings lebend sehen. Ein Verhör wird zeigen, ob wir es mit einem verrückt gewordenen Einzelgänger zu tun haben.«
Ben Walton nickte wie ein Automat und rückte seine Brille zurecht. Der »Bankhalter« schien wieder einmal Röntgenaugen zu besitzen und alles zu sehen.
»Walton«, mahnte die messerscharfe Stimme des Bandenchefs. »Wann hören Sie endlich einmal mit diesem Katzbuckeln auf. Sorgen Sie lieber dafür, daß keine Pannen mehr passieren. Wir müssen jetzt