Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
er auf heißen Kohlen. Wie sollte er Walton beikommen? Nur zu gern hätte er seinem Sekretär von dort oben aus noch einige Schüsse und Treffer beigebracht, doch das ging nun nicht.
Wohl oder übel mußte er also über die Betontreppe nach unten in das nächste Stockwerk steigen und nach Walton suchen.
Nachdem der Mann sich noch einmal vergewissert hatte, daß im Schuppen soweit alles in Ordnung war, lief er zur Treppe und stieg vorsichtig nach unten. Nur in ganz kurzen Abständen schaltete er die Taschenlampe ein.
Das Stockwerk war erreicht.
Der Lichtkegel der Lampe erfaßte das Förderband, glitt über den staubigen, verdreckten Boden und erfaßte den Sackstapel. Der »Bankhalter« sah sofort, daß er gerade erst eingestürzt sein mußte, denn über dem ganzen Wirrwarr tanzten im Licht der Lampe unzählige Staubkörner.
Auf Zehenspitzen näherte sich der Chef der »Juicemen« dieser Stelle. Sein Finger hatte bereits Druckpunkt an der Waffe genommen. Er entspannte sich allerdings wieder, als der Chefgangster den 38er fand, der unterhalb des Förderbands auf dem Boden lag.
Schneller schritt der »Bankhalter« voran. Er wollte diese Sache hinter sich bringen. Walton stellte jetzt ohne Waffe kaum noch eine ernsthafte Gefahr dar …!
*
Ben Walton kam ohne Übergang wieder zu sich.
Ein brennender Schmerz in seiner Brust breitete sich langsam aus, erfaßte seinen Leib und fraß sich hinauf in den Schädel. Er brauchte einige Sekunden, bis er begriff, was vorgefallen war. Er wunderte sich kaum darüber, daß er noch lebte. Er faßte hoch zur Brust. Seine Finger berührten eine klebrige Flüssigkeit.
Blut …!
Er nahm die Hand wieder herunter, staunte, daß er den Arm überhaupt noch bewegen konnte. Er erinnerte sich der Schießerei, wollte seinen 38er ziehen und schob sofort das Hosenbein hoch, als er die Waffe nicht fand.
Als hätte er sich bereits überanstrengt und seine restliche Energie verspielt, mühte er sich ab, an die 6.35er Pistole zu kommen, die er sich mit Leukoplast am Unterschenkel befestigt hatte. Er wußte, daß der »Bankhalter« sich vergewisserte, ob er auch tatsächlich getroffen hatte.
Walton befand sich in einem eigenartigen inneren Schwebezustand. Er spürte, daß das Blut aus den beiden Wunden rann, daß er immer leichter und müder wurde. Doch er bekam die Waffe in die Hand und entsicherte sie.
Dann sah er das Licht, das durch das Sackleinen drang.
Der »Bankhalter« kommt, dachte er, gleich ist es soweit, dann werde ich ihn doch noch hereinlegen.
Diesmal blieb er vollkommen ruhig. Vielleicht wußte er zu diesem Zeitpunkt bereits, daß er sterben mußte. Es bedeutete ihm eine einzige Genugtuung, daß er seinem Chef nun doch noch mitnehmen konnte. Sein ganzes Scharren und Zusammenraffen hatte sich also doch nicht gelohnt.
Der Chef rief leise seinen Namen. Natürlich antwortete Walton nicht, dafür umspielte ein dünnes Lächeln seine Lippen.
Der »Bankhalter« rief ein zweites Mal, trat mit der Schuhspitze die Säcke auseinander und leuchtete sie ab. Noch hatte er Walton nicht gefunden, der viel weiter hinten lag, als der Gangster annehmen konnte.
Walton nahm sich Zeit. Als der »Bankhalter« dann den letzten Jutesack zur Seite trat, konnte Walton sein Ziel sehen. Der Chef war so groß wie ein Schrank. Er konnte einfach nicht verfehlt werden.
Schuß auf Schuß löste sich aus Waltons Browning.
Der »Bankhalter« fluchte, sprang zur Seite und warf sich zu Boden. Er spürte den Streifschuß an der Schulter, doch das hinderte ihn nicht, das Feuer zu beantworten. Diesmal wurde der Sekretär der »Juicemen« genau getroffen. Wie unter harten Fausthieben wurde er herumgeworfen und blieb dann regungslos liegen. Der »Bankhalter« aber raffte sich auf und ergriff die Flucht …!
*
Josuah Parker hatte es sich in Ben Waltons Wohnung bequem gemacht.
Er saß in einem Sessel und wartete auf den Sekretär der »Juicemen«. Gleich nach Waltons Weggang hatte er sich in altbekannter Weise Zutritt verschafft. Eine Verfolgung des Sekretärs hielt er für nicht angebracht. Seiner Schätzung nach war damit zu rechnen, daß Walton sehr vorsichtig und mißtrauisch war.
Josuah Parker hatte bereits wertvolle Arbeit geleistet. Sie bestand darin, daß er den Safe des Sekretärs geöffnet und das vorhandene Bargeld eingesammelt hatte. Nun wollte er nur noch Walton interviewen und ihm einige Fragen hinsichtlich des »Bankhalters« stellen.
Selbstverständlich hatte der Butler sich auch schon mit diesem geheimnisvollen Verbrecher befaßt. Ein wichtiger Anhaltspunkt war ihm von Herm Lazer geliefert worden, der sich gewisser Fragen erinnerte, die Joe Harms auch nicht beantworten konnte. Sie bezogen sich auf den Chef der Gang, der es liebte, seinen Sekretär durch den Kakao zu ziehen, wenn die Vormänner zu einer Konferenz eingeladen waren.
Ein tragbares Fernsehgerät dürfte ausschalten, sagte sich der Butler darauf. Nach Lage der Dinge hält der »Bankhalter« sich während dieser Konferenzen auch nicht in einem Nebenraum auf. Von Fall zu Fall werden diese Zusammenkünfte ja in überraschend gewählten, leeren Wohnungen, Büros oder Ateliers durchgeführt.
Woher also weiß der »Bankhalter«, wie sein Sekretär auf gewisse Dinge reagiert? Er muß ihn also sehr gut kennen, und zwar aus nächster Nähe. Er muß Zeit und Gelegenheit haben, die Angewohnheiten seines Sekretärs zu studieren.
Wo aber arbeitete der Sekretär?
Parker hatte das inzwischen ausfindig gemacht. Ben Walton war der Geschäftsführer einer Nachtbar. Der Besitzer dieser Bar nannte sich Ray-Hutter und war bekannt dafür, daß er Verbindungen zur Unterwelt von Chicago unterhielt.
Konnte Ray Hutter mit dem »Bankhalter« identisch sein? Das war eine Frage, die der Butler nicht unbedingt bejahen wollte.
Es gab noch einen zweiten Anhaltspunkt.
Die Mühle samt Lagerschuppen, die Walton besuchte, um das Geld abzuliefern, war der Besitz eines alten, starrköpfigen Mannes, der nach geschäftlichem Pech seinen Betrieb stillgelegt hatte. Dieser Mann, er hieß Harry Nelson, lebte zurückgezogen im Loop und ließ sich kaum auf der Straße sehen.
Ob Harry Nelson als »Bankhalter« in Betracht kam? Auch in diesem Fall wollte der Butler keine endgültige Entscheidung treffen. Er hielt nicht viel davon, auf den bloßen Schein hin zu urteilen.
Walton wird mir weiterhelfen, sagte sich Parker. Auf eine höfliche Frage werde ich ganz sicher eine höfliche Antwort bekommen. Ich muß dem Sekretär der »Juicemen« nur klarmachen, wie sehr er sieh in unmittelbarer Gefahr befindet. Sein Chef wird ihn nach den Nachrichten über Joe Harms loswerden wollen.
Josuah Parker studierte die knappen Aufzeichnungen in seinem Notizbuch. Sie bestanden aus einer Geheimstenografie, die nur er allein zu deuten vermochte. Der Butler ging den Personenkreis durch, mit dem Ben Walton verkehrte. Diese Aufzeichnungen waren selbstverständlich nicht lückenlos, denn Parker hatte sich nur wenig freie Zeit absparen können, um auch Walton zu beobachten. Schließlich hatten ihm die Gangster hart zugesetzt und ihm kaum Zeit gelassen, richtige Detektivarbeit zu leisten. Er wußte noch nicht einmal, ob die beiden Männer Hutter und Nelson über eine messerscharfe Stimme verfügten. Auf die hatte Herm Lazer ihn besonders aufmerksam gemacht.
Es ging auf 23 Uhr zu.
Parker, der seit fast zwei Stunden wartete, verlor zwar nicht die Geduld, begann sich aber Sorgen zu machen. Ben Walton mußte seinen Berechnungen nach längst wieder zu Hause sein.
Als er draußen vor dem Haus einen bremsenden Wagen hörte, begab Parker sich gemessen ans Fenster und schaute auf die Straße hinunter. Er sah gerade noch, daß eine Männergestalt das Haus betrat.
Josuah Parker begab sich in den Waschraum und wartete ab. Wenn ihn nicht alles getäuscht hatte, kehrte Walton nun zurück in die Wohnung.
Die Wohnungstür wurde geöffnet, ein Schlüsselbund klirrte. Kurz