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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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war ein richtiges »Dreckwetter«, als man der neuen Heimat zufuhr. Und die Worte: »Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter, grau wie der Himmel liegt vor mir die Welt«, haben selten so gepaßt wie hier. Es herrschte eine drückende Trauerstimmung im Wagen, so sehr sich auch jeder zusammennahm, um dem andern seine wahre Gemütsstimmung zu verbergen.

      Aus dem behaglichen, abwechslungsreichen Stadtleben hinaus in die Öde und Einsamkeit eines primitiven Waldhauses, knappste Geldmittel zur Verfügung, die nicht weiter reichten als dazu, das Leben zu fristen. Das war das Gespenst, das vom Morgen bis zum Abend bei ihnen saß, sie angrinste und ihnen alle Lebensfreude nahm. Und selbst der kleinen Elke, die mit ihren zehn Jahren diese tief einschneidende Schicksalswende noch nicht in vollem Umfange erfassen konnte, war erbärmlich elend zumute.

      Hätte die Sonne geschienen und alles ringsum mit ihrem goldenen Schimmer überstrahlt, so wäre ihnen die neue Heimat nicht so trostlos erschienen wie jetzt, da sie im Regenwetter grau in grau vor ihnen lag.

      Das Haus machte mit seinen leeren, düsteren Fenstern einen wenig einladenden Eindruck. Die Bäume des Waldes waren so dicht in Nebel gehüllt, daß sie kaum erkennbar wie unheimliche Schatten zu den neuen Bewohnern hinüberdrohten.

      Schließlich goß es sogar in Strömen, so daß die niedergeschlagene Familie Hellersen sich kaum dazu entschließen konnte, das Auto zu verlassen. Endlich flüchteten sie in den kleinen Flur, wo sie zagend und frierend dicht aneinandergedrängt standen.

      Stunde um Stunde verbrachten sie teils im zugigen Flur, teils in den leeren Stuben und warteten auf das Möbelauto, das schon längst hätte da sein müssen. Müde, elend und verdrossen standen sie herum und froren ganz jämmerlich. Später setzten sich Edna und Elke auf die Treppe, die aus dem Flur zum oberen Stockwerk führte, und hielten sich umschlungen, während Bolko wahre Indianertänze aufführte, um sich zu erwärmen.

      Endlich kam das riesige Auto und mit ihm auch das Stubenmädchen Anna, das drei Jahre bei Frau Elisa in Diensten gestanden hatte. Sie hatte sich bereit erklärt, das Haus einrichten zu helfen. Bleiben jedoch wollte sie nicht – dort, wo sich die Füchse gute Nacht sagten? Um keinen Preis der Welt.

      Als sie nun das Häuslein sah, schlug sie buchstäblich die Hände überm Kopf zusammen.

      »Um Himmels willen, hier können die Herrschaften doch unmöglich hausen!« rief sie entsetzt. »Das ist ja die reinste Verbannung. Eine Woche halte ich es zur Not hier aus, aber dann auf schnellstem Wege in die Stadt zurück.«

      Und so kam es denn, daß das einfache Mädchen Anna von seiner Herrschaft glühend beneidet wurde. Sie konnte in die Stadt zurückkehren. Die Glückliche!

      Sie sahen nicht, wie nett das kleine Haus anzusehen war, wie es vor Sauberkeit nur so blinkte; der Baron hatte dafür gesorgt, daß es vom Keller bis zum Boden neu hergerichtet wurde. Sie sahen nur die Einsamkeit des Waldes.

      Und das ließ sie immer trostloser werden. Es war ihnen gleichgültig, wie die Möbel verteilt wurden. Sie ließen Anna ganz nach Wunsch schalten und walten, und das gewandte Mädel, dem diese Beschäftigung Freude machte, richtete alles nett ein, wie die Hausfrau es gewiß nicht besser gekonnt hätte.

      In einigen Stunden war das Möbelauto leer. Es rollte zur Stadt zurück, von den sehnsüchtigen Blicken der Zurückgebliebenen verfolgt. Anna tröstete sich damit, daß sie bald von hier wegkommen würde, und wirbelte nur so herum, um so schnell wie möglich mit dem Einrichten des Hauses fertig zu werden.

      *

      Baron von Hellersen hob den Kopf von seiner Arbeit, während ein Lächeln über sein hartes Antlitz huschte; denn in der Halle hörte er das herzige Lachen seiner kleinen Tochter, das zugleich mit dem gutmütigen Bellen Harras’ erklang. Selbst dieser rauhe Geselle war von dem kleinen Sonnenstrahl schon bezwungen worden. Sämtliche Bewohner des Schlosses hatte sie mit ihrer Lieblichkeit sofort gewonnen.

      Zuerst hatten die weiten, hohen Räume des Schlosses die Kleine eingeschüchtert. Allein schon nach kurzer Zeit tollte sie genau darin herum, wie sie es in dem kleinen Hause in Lorren getan hatte. Ob es die Gemächer des Vaters waren oder ihr eigenes kleines Reich oder Barbes danebenliegendes Zimmer, der kleine Wildfang machte darin keinen Unterschied.

      Und der Vater ließ seinem Kinde den Willen, soweit es nur anging. Sie mußte ja auf das Beste verzichten, was es im Kinderleben gibt: auf die Mutterliebe. Da sollte seine Kleine wenigstens in jeder andern Beziehung eine sonnige Kindheit haben. Der Anfang dazu war ihm leicht gemacht worden; er hatte hier alles in peinlichster Ordnung vorgefunden, so daß ihm das Einleben und Einfühlen in seinen neuen Wirkungskreis nicht schwergefallen war. Ob man sich da in Waldwinkel umsah oder nach Hirschhufen, den Nebengütern und den Vorwerken kam, überall herrschte strengste Ordnung, die nur eine straffe Hand und ein scharfes Auge geschaffen haben konnten. Er brauchte somit nur sein Besitztum im Sinne seines Onkels weiterzuführen, wenn er sich seines Erbes würdig erweisen wollte.

      Eine starke Stütze war ihm Wieloff, der nicht nur ein vorbildlicher Sekretär, sondern auch ein ausgezeichneter Landwirt war. Der junge Mann leistete Unglaubliches und schien nie eine Ermüdung zu kennen.

      Schade, daß er so ernst und unzugänglich war. Aber das war wohl seine Art, an die man sich gewöhnen mußte.

      »Dürfte ich den Herrn Baron darauf aufmerksam machen, daß heute die neuen Bewohner des Waldhauses angekommen sind?« sagte der Sekretär höflich, und sein Herr schaute überrascht auf.

      »Richtig, das habe ich ja ganz vergessen! Sicher sind sie schon am Vormittag gekommen; jetzt dunkelt es bereits. Die werden ja einen schönen Begriff von meiner Gastfreundschaft bekommen haben! Also will ich doch noch mal schnell hin­übergehen. Kommen Sie mit, Roger?«

      »Wenn der Herr Baron es wünschen.«

      »Herrgott, ich wünsche es, Sie unzugänglicher Mensch«, sagte Hellersen unmutig. »Aber sofern man Ihnen selber nicht alles in eine Befehlsform faßt…«

      »So schlimm ist es nun doch wohl nicht, Herr Baron«, lächelte Wieloff, während er an der Seite seines Herrn über den Gutshof durch die Waldwiese dem kleinen Haus zuschritt.

      »Da ist ja schon das Haus. Sieht eigentlich recht schmuck aus. Und die Lage ist geradezu idyllisch. Schade, daß das andere Waldhaus leerstehen muß. Wie viele würden glücklich sein, ein solches Heim zu haben«, sagte der Baron.

      »Wenn mich nicht alles täuscht, steht dort Frau von Hellersen«, sagte Wieloff.

      »Ja, das ist sie«, bestätigte Swen und schritt nun schneller aus, um die Tante, die unter der Haustür stand, zu begrüßen. Hinter ihr wurden auch die Mädchen und Bolko sichtbar.

      »Willkommen in dem neuen Heim, Tante Elisa«, begrüßte der Baron sie und machte Miene, ihr die Hand entgegenzustrecken. Doch sie wich förmlich zurück und sah den Neffen abweisend an.

      In nicht weniger eisiger Ablehnung verharrten auch die andern. Selbst die Augen der kleinen Elke sprühten dem Vetter nur so vor Abneigung entgegen.

      »Es ist heute wohl noch recht ungemütlich in dem kleinen Haus«, sprach er weiter, ohne die feindselige Haltung irgendwie zu beachten. »Daher möchte ich euch bitten, so lange im Schloß zu wohnen, bis hier alles eingerichtet ist.«

      »Danke, bemühe dich nicht«, entgegnete Frau Elisa hochmütig. »Wir würden dir sehr verbunden sein, wenn du dich überhaupt nicht um unsere Angelegenheiten kümmern und uns mit deiner Person verschonen wolltest.«

      »Das ist sehr deutlich«, gab Swen spöttisch zurück. »Es liegt auch gewiß nicht in meiner Absicht, mich in eure Angelegenheiten zu mischen, sofern sie nicht mein Amt als Ednas und Elkes Vormund betreffen.«

      »Dieses Amt brauchst du gewiß nicht ernst zu nehmen, das ist in meinen Augen nichts weiter als eine lächerliche Wichtigtuerei«, erklärte sie wegwerfend. »Ein dreißigjähriger Mann wird sich doch kaum im Ernst anmaßen wollen, ein fast zwanzigjähriges Mädchen zu erziehen.«

      »Darüber wollen wir nicht streiten, Tante Elisa; wir wollen abwarten. Du bist eben ein Mensch, der hartnäckig auf seinem Willen besteht; also werde


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