Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
du dir sicher, dass du Tennis spielen willst?«, raunte er Janni zu. »Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das Spaß macht.«
»So auf jeden Fall nicht«, räumte Jan bereitwillig ein. »Aber das muss doch auch anders gehen.«
In diesem Moment kam wieder Leben in Toni Kroith, und er erlöste Leon aus seiner grenzenlosen Verunsicherung. Mit einem überheblichen Grinsen auf den Lippen kehrte er auf den Platz zurück.
»Na bitte, geht doch. Warum nicht gleich so?«, fragte er hämisch und warf Leon einen Ball zu.
Der fing ihn geschickt auf und stellte sich an die Linie. Wieder spielten die beiden ein paar Mal hin und her.
»Und jetzt den Hechtvolley!«, rief Toni Kroith laut über den Platz und schlug den Ball zurück.
Leon Mattes fixierte die gelbe Filzkugel, die über das Netz flog. Er streckte den Arm mit dem Schläger aus und hechtete in die Richtung des Balles. Doch noch in der Flugphase geschah es. Leon schrie auf und stürzte wie ein nasser Sack zu Boden.
Ungläubig starrte Toni Kroith zu seinem reglosen Schützling hinüber. Dann lief er los und sprang mit einem gewaltigen Satz übers Netz. Daniel und Janni waren aufgesprungen und starrten hinunter auf den Platz. Ein paar jugendliche Zuschauer hatten sich um Leon geschart.
Toni drängte sich dazwischen.
»Was glotzt ihr so?«, herrschte er die Jungen an. »Lauft lieber und holt einen Arzt.«
Dr. Norden stieß seinen Sohn in die Seite und nickte Janni zu. Der verstand auch ohne Worte, was sein Vater meinte. Er folgte ihm, ohne überflüssige Fragen zu stellen.
»Ich bin Arzt! Ich sehe nach dem Jungen!«, verkündete Daniel, als er wenige Augenblicke später auf den Platz trat.
Einen Moment lang musterte Toni Kroith den unbekannten Mann misstrauisch. Als Leon jedoch leise stöhnte, trat er zur Seite und machte Platz, damit sich Dr. Norden um seinen Schützling kümmern konnte.
*
Leon öffnete in dem Moment die Augen, als sich Daniel Norden über ihn beugte.
»Da bist du ja wieder!«, begrüßte der Arzt den jungen Mann freundlich.
Der lag auf dem Boden und ließ den Blick hin und her wandern.
»Was ist passiert?«
»Du bist ohnmächtig geworden. Ich bin Arzt und werde dich jetzt untersuchen«, erklärte Daniel. »Hast du Schmerzen?«
Einen Moment lang lauschte Leon in sich hinein. Dann schüttelte er den Kopf.
»Nein.«
»Mein Sohn und ich haben dir vorhin zugeschaut, und ich hatte den Eindruck, dass dir sehr wohl was weh tut«, machte der Arzt keinen Hehl aus seiner Vermutung. »Ich untersuche jetzt deine Beine, und du sagst mir bitte, wo es weh tut, ja?«
Leons Miene hatte sich verschlossen und wirkte jetzt düster und unnahbar. Dr. Norden bekam keine Antwort auf seine Frage und begann mit der Untersuchung.
»Spürst du das? Und das hier?«
»Ich weiß gar nicht, was das Ganze hier soll«, setzte sich Leon schließlich zur Wehr. »Ich bin doch nur umgekippt. Kein Grund zur Aufregung.« Dabei zwinkerte er seinen Freunden zu, die das Geschehen aus gebührendem Abstand beobachteten.
Doch Daniel ließ sich von diesem Auftreten nicht beeindrucken.
»Aber es gibt einen Grund für diese Ohnmacht, und den werden wir herausfinden.« Er hatte Leon die Schuhe ausgezogen und kniete vor seinen Füßen. »Drückst du bitte mal gegen meine Hand? Und jetzt zieh die Zehen zu dir«, bat er und Leon tat, wie ihm geheißen.
»Hören Sie, mir fehlt nichts«, beteuerte er unterdessen, sich der Anwesenheit seines Trainers wohlbewusst. Auf keinen Fall wollte er sich vor Toni Kroith eine Blöße geben. »Das war eine kleine Kreislaufschwäche. Wahrscheinlich hab ich heute noch nicht genug gegessen. Kein Grund zur Panik.«
Doch davon ließ sich Dr. Norden nicht in seiner Konzentration stören.
»Das hat sich vorhin aber ganz anders dargestellt«, erklärte er ernst, während Janni neben ihm kniete und aufmerksam verfolgte, was geschah. »Kannst du das Bein bitte mal anheben?«
Leon haderte mit sich, ob er den Wunsch des Arztes befolgen sollte, entschied sich unter den strengen Blicken seines Trainers aber dann dafür. Er hob das Bein. Und stöhnte sofort auf.
»Aua!«
Unwillig verzog Daniel das Gesicht.
»Soso, dir fehlt also nichts«, bemerkte er streng. »Hattest du diese Beschwerden schon früher?«
Spontan schüttelte Leon den Kopf. Als ihn der strenge Blick des Arztes traf, überlegte er es sich anders.
»Ja, schon«, gestand er kleinlaut und so leise, dass sein Trainer ihn nicht hören konnte. »Aber nur bei ganz bestimmten Bewegungen.«
»Kannst du dich daran erinnern, wann die Schmerzen zum ersten Mal aufgetreten sind?«, forschte Daniel Norden erbarmungslos weiter.
»Keine Ahnung. Irgendwas tut einem ja ständig weh.«
»Warst du deswegen beim Arzt?«
Wieder schüttelte Leon den Kopf.
»Wenn es zu schlimm geworden ist, hab ich Schmerzmittel vom Trainer bekommen.«
»Und hast weitergemacht wie bisher. Das ist natürlich auch eine Lösung«, schimpfte Daniel ungehalten. »Dabei sind Schmerzen nichts anderes als ein Alarmsignal des Körpers, dass etwas schief läuft. Es ist ein fataler Fehler, diese Signale zu ignorieren.«
Diese Standpauke verfehlte ihre Wirkung nicht.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Leon kleinlaut, während Daniel ihm half, sich vorsichtig aufzusetzen.
»Jetzt fahren wir in die Klinik und machen ein MRT, um herauszufinden, was mit deinen Rücken los ist«, erklärte er und stand auf. »Kannst du laufen?«, erkundigte er sich bei Leon, während Toni Kroith seinem Schützling eine Trainingsjacke um die Schultern legte.
»Ich glaub, es geht schon.«
»Gut.« Daniel nickte seinem Sohn zu, der immer noch wie gebannt neben ihnen stand. »Ich gehe und fahre das Auto vor. Kommst du mit Leon in zwei Minuten nach?«
»Geht klar, Dad«, erwiderte Janni und lächelte Leon aufmunternd zu.
Der versuchte, den freundlichen Gruß zu erwidern, bekam aber nur eine schiefe Grimasse zustande.
*
Felicitas Norden erwartete ihren jungen Patienten schon. Sie hatte mit Janni telefoniert, der sie vom Auto aus in der Klinik angerufen und von dem Vorfall berichtet hatte. Seit Fee vor einigen Monaten die Fortbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie begonnen hatte, absolvierte sie ein Praktikum in der Pädiatrie der Behnisch-Klinik. Mit besonderer Liebe und Fürsorge nahm sie sich ihrer jungen Schützlinge an.
»Da seid ihr ja!«, begrüßte sie Daniel und Jan, als sie ihnen auf dem Flur entgegen kamen. Sie hatten einen Rollstuhl für Leon besorgt, und Dr. Norden schob den jungen Patienten vor sich her. »Hallo, Leon.« Freundlich lächelnd beugte sich Fee zu dem jungen Mann hinunter und reichte ihm die Hand. »Wie geht es dir?«
Doch Leon erwiderte ihr Lächeln kaum und wich ihrem Blick aus.
»Schon okay.« Während der Fahrt hatte er kein Wort gesprochen und haderte offenbar immer noch mit seinem Schicksal.
Irritiert suchte Felicitas den Blick ihres Mannes.
Doch auch Daniel konnte nur mit den Schultern zucken.
»Das hier ist Leon Matthes. Er ist 17 Jahre alt und beim Tennistraining plötzlich ohnmächtig geworden. Eine erste Untersuchung hat den Verdacht auf eine Bandscheibenverletzung ergeben.«
»Ich hab die Kollegen schon