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Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach


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besonders schönes buntes Blatt löste sich von einem alten

      Ahorn und segelte wie in Zeitlupe auf Christian zu. Er fing es mit der Hand auf. »Danke, dass ihr mir zugehört habt«, sagte er laut.

      Sobald seine Stimme erklang, sprang Togo, der bis dahin ruhig neben ihm gelegen hatte, auf und sah ihn fragend an. Christian nickte ihm zu. »Wir gehen, Togo.« Noch einmal wandte er sich der Gruft zu, sagte leise: »Bis morgen«, dann folgte er seinem Hund, der bereits wieder einer aufregenden Spur nachjagte.

      Als sie sich dem Schloss näherten, sah Christian die Limousinen der Gäste vorfahren. Zuerst stiegen Albertina und Carl aus. Carl beugte sich zu der jungen Frau hinunter und küsste sie zärtlich.

      Der kleine Fürst lächelte und beschleunigte seine Schritte.

Ein vertauschtes Leben

      »Wer ist der Mann da drüben, weißt du das?«, flüsterte Felicitas zu Hohenstein ihrer jüngeren Schwester Cosima zu. »Ich habe ihn noch nie gesehen, glaube ich.«

      »Das ist Graf Adalbert von Brühl«, erklärte Cosima. »Ich habe vorhin jemanden danach gefragt. Die Brühls leben in Frankreich, ihr Schloss hier steht meistens leer, aber ab und zu kommen sie her und wohnen ein paar Monate oder auch nur Wochen hier. Jedenfalls wurde es mir so erzählt.«

      »Das Schloss steht leer? Was für eine Verschwendung!«

      »Die Brühls haben mehr Geld, als sie jemals ausgeben können, Feli, da spielt ein leer stehendes Schloss keine große Rolle.« Cosima nahm den Arm ihrer Schwester und zog sie mit sich. »Ich mag ihn nicht«, erklärte sie.

      »Du kennst ihn doch gar nicht!«

      »Trotzdem, bei manchen Menschen weiß man auf den ersten Blick, ob man sie mag oder nicht.«

      Mehrere männliche Ballgäste drehten sich verstohlen nach den schönen blonden Schwestern um, die so in ihr Gespräch vertieft waren, dass sie ihre Umgebung vergessen zu haben schienen. Sie befanden sich auf Schloss Vermeeren, in dem Verwandte der Hohensteins lebten. Anlass des Balls war die Silberhochzeit des Grafenpaars Vermeeren.

      Felicitas lachte leise. »Wenn du es genau wissen willst: ich mag ihn auch nicht. Und sein Geld kann er ruhig behalten.«

      Die Hohensteins waren an Geld noch nie sonderlich interessiert gewesen, was in ihrer Verwandtschaft gelegentlich für Befremden sorgte, doch das kümmerte sie nicht. Felicitas’ und Cosimas Eltern verwalteten ihre Ländereien gewissenhaft, ansonsten engagierten sie sich sozial und unternahmen weite Reisen, soweit sie die Zeit dafür fanden. Die beiden Schwestern waren ihren Eltern zutiefst dankbar für eine glückliche und unbeschwerte Kindheit und Jugend, durch die sie beide zu jungen Frauen geworden waren, die mit beiden Beinen fest auf der Erde standen.

      »Sieh mal, wer da kommt!«, sagte Cosima. »Die Sternberger – ich wusste gar nicht, dass sie auch eingeladen waren.«

      Sie eilten auf Baronin Sofia von Kant und ihren Mann, Baron Friedrich, zu. Die Begrüßung fiel überaus herzlich aus. »Wie schön, euch hier zu sehen!«, rief die Baronin. »Aber wir sind eigentlich böse auf euch, Fritz und ich.«

      »Böse, Sofia? Aber wieso denn?«, fragte Felicitas verwundert.

      »Weil ihr uns seit langem einen Besuch versprecht, dieses Versprechen aber nie einlöst. Das ist nicht nett! Unsere Kinder fragen oft nach euch.«

      »Wie geht es ihnen denn?«, erkundigte sich Cosima. »Vor allem: wie geht es Chris?«

      »Er ist tapfer, Cosima. Niemand von uns kann wirklich ermessen, was es bedeutet, mit fünfzehn Jahren seine Eltern zu verlieren – ihn hat es ernster und reifer gemacht, aber er hat die Freude am Leben zum Glück nicht verloren.«

      »Er hat ja auch noch euch«, warf Felicitas ein und setzte dann mit einem Lächeln hinzu: »Der kleine Fürst. Oder heißt er jetzt nicht mehr so?«

      »Doch, die Leute nennen ihn noch immer so – vermutlich, bis er volljährig wird. An dem Tag übernimmt er den Titel von seinem Vater und wird der nächste Fürst von Sternberg sein.«

      Eine Weile schwiegen sie und hingen ihren Gedanken nach. Das Fürstenpaar Elisabeth und Leopold von Sternberg war etliche Monate zuvor bei einem grauenhaften Hubschrauberunglück ums Leben gekommen und hatte seinen fünfzehnjährigen Sohn, Prinz Christian von Sternberg, als Waise zurückgelassen. Jetzt lebte Christian in der Familie seiner Tante Sofia, die ebenfalls seit langem auf Schloss Sternberg zu Hause war. Sofia und Elisabeth waren Schwestern gewesen.

      »Und wie geht es Anna und Konrad?«, fragte Cosima.

      »Anna und Chris sind ein Herz und eine Seele, worüber wir sehr froh sind, denn mit ihrem Bruder kam Anna ja lange Zeit nicht besonders gut aus – aber auch das bessert sich. Wir haben die Hoffnung, dass unser Konny eines Tages vielleicht sogar erwachsen wird.«

      Sie lachten alle vier. »Wir waren auch keine Unschuldsengel mit sechzehn, Sofia«, meinte Felicitas. »Ich kann mich jedenfalls erinnern, dass wir unsere Eltern regelmäßig zur Verzweiflung gebracht haben. Oder, Cosi?«

      Ihre Schwester nickte. »Bestimmt waren wir nicht besser als Konny – und heute sind wir doch ganz akzeptabel, oder?«

      Wieder lachten sie alle. Sie blieben zusammen, bis Cosima und Felicitas einen Freund entdeckten und sich bei Sofia und Friedrich entschuldigten, um diesen zu begrüßen.

      »Ich dachte schon, sie meinten den Grafen von Brühl«, raunte Sofia ihrem Mann zu und wies unauffällig auf einen großen Schwarzhaarigen, der mit selbstsicherem Lächeln an ihnen vorbeilief. »Das hätte mich allerdings sehr gewundert, er macht keinen sympathischen Eindruck.«

      »Den kenne ich überhaupt nicht, die Brühls leben doch schon seit Jahrzehnten nicht mehr hier, oder?«

      Sofia nickte. »Ja, aber vorhin hat ihn mir jemand gezeigt und mir gesagt, wer er ist.«

      »Wirkt sehr selbstbewusst«, murmelte der Baron.

      »Man könnte auch sagen: selbstgefällig«, setzte seine Frau hinzu.

      Sie wechselten einen Blick, lächelten einander zu, dann mischten sie sich unter die Gäste und hielten Ausschau nach weiteren Bekannten.

      Gegen Ende des Balles trafen sie die Schwestern zu Hohenstein ein weiteres Mal. »Wir fahren jetzt«, erklärte die Baronin, »aber vorher möchten wir euer Versprechen, dass ihr uns in nächster Zeit besucht. Ausreden werden nicht akzeptiert.«

      »Wir versprechen unseren Besuch nicht nur, wir schwören sogar, dass wir bald kommen – nicht, Feli?«

      Felicitas nickte. »Wir haben vorhin darüber gesprochen, in der zweiten Monatshälfte würde es uns beiden gut passen. Wie sieht es da bei euch aus? Wir könnten eine Woche bleiben, vielleicht sogar ein bisschen länger.«

      »Aber das wäre ja wunderbar!«, rief die Baronin. »Wir sind also hiermit verabredet?«

      Die Schwestern nickten nachdrücklich.

      Graf Adalbert von Brühl tauchte wieder einmal in ihrer Nähe auf. Cosima unterdrückte ein leises Stöhnen. »Seit ich festgestellt habe, dass ich ihn nicht mag, scheine ich ihm ständig zu begegnen!«

      Sofia drehte sich um. »Du meinst den Grafen von Brühl? Kennst du ihn denn?«

      »Zum Glück nicht, er gehört nur zu den Menschen, die ich auf Anhieb nicht mochte. Kümmert euch nicht darum, ich werde ihm sicherlich nie wieder begegnen.«

      »Dann also bis bald«, sagte Sofia. Sie umarmten sich zum Abschied, dann verließen Baronin und Baron von Kant den Ball.

      Die Schwestern zu Hohenstein stellten fest, dass sie keine Lust mehr zum Tanzen hatten und folgten ihnen daher wenig später.

      *

      Prinz Christian von Sternberg, genannt »der kleine Fürst«, wachte am nächsten Morgen


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