Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
ist seitlich über der Schläfe eingebeult«, sagte Kathy Porter. »Das Geschoß scheint ab-geprallt zu sein.«
»Eine erfreuliche Mitteilung«, kommentierte der Butler.
»Hören Sie, Mister Parker«, Lady Simpsons Stimme zitterte nun nachträglich doch etwas. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Sie haben uns das Leben gerettet.«
»Ich tat nur meine Pflicht, Mylady.«
»Worum ich auch gebeten haben möchte«, erwiderte Agatha Simpson mit grollender Stimme, in die sich Rührung mischte. »Verdammt, das ist ja gerade noch mal gutgegangen!«
»In der Tat, Mylady!«
»Waters ist weder ein Flegel noch ein Lümmel«, regte sich Mylady auf. Bei ihr zeigte sich die Reaktion auf den tödlichen Schrecken, den sie gerade durchlebt hatte. »Dieser Waters ist ja ein Stinktier.«
»Eine treffliche Feststellung, Mylady.«
»Diesen Mordversuch lasse ich mir! nicht gefallen«, regte Lady Simpson sich weiter auf.
»Das war zu befürchten, Mylady.«
»Ich bestehe darauf, daß wir es diesem Waters heimzahlen.«
»Wie Mylady befehlen.«
»Auge um Auge, Zahn um Zahn«, zitierte die Sechzigjährige erregt.
»Mylady können sich auf meine bescheidene Wenigkeit verlassen«, versprach Parker.
»Jetzt geht es nicht mehr um die restlichen fünfundvierzig Pfund, Mister Parker.«
»Natürlich nicht, Mylady«, Parker! blieb völlig gelassen. Er wußte, daß Agatha Simpson sich abreagieren mußte.
»Ich wußte ja gar nicht, daß Sie einen Hubschrauber fliegen können«, wunderte sich die alte Dame.
»Mylady schmeicheln einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann«, sagte Parker. »Von fliegen kann aber keine Rede sein. Es ist mir gelungen, den Helikopter in der Luft zu halten.«
Parker untertrieb wieder mal.
Er steuerte den Hubschrauber über das letzte Stück der Bai und visierte bereits die Strandpartie an, von wo aus sie gestartet waren. Hier stand auch der hochbeinige Wagen des Butlers, der sie von der Kapitäns-siedlung hinunter zum Strand gebracht hatte.
Der Pilot brauchte eine Minute, bis er sich wieder richtig erinnern konnte. Erfreulicherweise bestätigte sich Kathy Porters Beobachtung. Der Mann hatte riesiges Glück gehabt. Das Geschoß hatte tatsächlich nur seinen Jet-Helm angebeult. Durch die Erschütterung des Aufschlages war der Pilot dann ohnmächtig geworden.
»Sie haben den Hubschrauber gesteuert?« fragte er dann respektvoll den Butler.
»Ich war in der erfreulichen Lage, verschüttete Kenntnisse aktivieren zu können«, wich Parker aus, der nie gern über seine allumfassenden Kenntnisse sprach.
»So was hätt’ ich Ihnen nie zugetraut!« Der Pilot schüttelte vorsichtig und immer noch fast ungläubig den Kopf.
»Was gedenken Sie zu tun?« wollte Parker wissen und deutete ablenkend auf die Einschüsse in der Plexi-glaskanzel.
»Das ist ein Fall für die Polizei«, sagte der Pilot grimmig. »Dafür lasse ich die Gangster ins Gefängnis ge-hen. Gemeinheit, einfach auf harmlose Leute zu schießen …«
»Im Prinzip erlaube ich mir Ihnen beizupflichten«, sagte Parker, während Mylady sich nur mühsam zu-rückhielt, »aber ich fürchte, Sir, Sie werden dann kaum den Schadensersatz erhalten, der Ihnen zusteht.«
»Das wollen wir doch mal sehen.«
»Der Weg eines Zivilprozesses ist lang und beschwerlich«, redete der Butler ruhig und überzeugend wei-ter. »Darf ich Ihnen einen gangbaren Vorschlag machen?«
»Ich begreif nicht, worauf Sie hinauswollen.«
Lady Simpson wird Ihnen den entstandenen Sachschaden vorfinanzieren«, erläuterte der Butler seinen Vorschlag. »Mylady wiederum wird sich dann wegen der Erstattung der Kosten an den Besitzer des Castle halten.«
»Klingt verdammt gut.« Der Pilot hatte schnell nachgedacht. Dann drehte er sich zu Agatha Simpson um. »Stimmt das? Übernehmen Sie die Reparaturkosten?«
»Mister Parker hat Handlungsvollmacht. Er wird Ihnen den erforderlichen Scheck ausstellen.«
»Respekt, Respekt!« Der Pilot freundete sich mit Parkers Vorschlag intensiv an. »Und was ist mit der Po-lizei?«
»Sie wird rechtzeitig informiert werden«, schaltete Parker sich wieder ein, »sobald Lady Simpson sich mit dem Besitzer des Castle auseinandergesetzt haben wird.«
»Ich soll also vorerst den Mund halten, wie?«
»So kann man es auch ausdrücken«, bestätigte der Butler.
»Ich werde diesem Schloßbesitzer nämlich noch ein Schmerzensgeld abverlangen«, schaltete Lady Simp-son sich ein, »und das werden dann Sie erhalten.«
»Wann fliegen wir wieder rüber zum Schloß?« fragte der Pilot und lächelte unternehmungslustig. »Ich glaube, auch so kann man zu Geld kommen.«
*
Ellis Kildare hatte sämtliche Einzelheiten durch sein Teleskop beobachtet.
Er hatte registriert, daß von den Erkern aus auf den Hubschrauber geschossen worden war. Und er hatte fest damit gerechnet, daß der Helikopter abstürzte.
In der leistungsstarken Optik hatte er dann überrascht festgestellt, daß der Butler das Steuer für den Rückflug übernahm.
Was ihn nicht nur staunen ließ, sondern noch zusätzlich beunruhigte.
Wo gab es das schließlich schon, daß ein Butler plötzlich einen Hubschrauber flog? Dieser Mann schien es faustdick hinter den Ohren zu haben. Er war ja schon mehr als nur ein Profi.
Vorspringende Uferpartien und üppiger Pflanzenwuchs hatten dann die weitere Beobachtung unmöglich gemacht. Doch dann stieg der Hubschrauber wieder hinter den Klippen empor, schraubte sich hoch und nahm westlichen Kurs in Richtung Penzance.
Die Optik sagte ihm, daß jetzt nur noch der Pilot im Hubschrauber saß.
Ellis Kildare verließ seinen Beobachtungsposten und begab sich hinunter in den Wohnraum des Ferien-häuschens. Er versorgte sich mit einem Glas Milch und zerbrach sich den Kopf darüber, mit wem er es wohl zu tun hatte. Er beschloß, sich beim Syndikat zu erkundigen. Traute man ihm nicht mehr? Hatte man eine zweite Vollstreckergruppe auf Waters angesetzt?
Kildare fragte sich, ob er in der Vergangenheit irgendwelche Fehler gemacht hatte. War man mit seiner Arbeit nicht mehr zufrieden? Er konnte sich beim besten Willen nicht an irgendwelche Pannen erinnern. Bis-her hatte doch immer alles reibungslos geklappt.
Vom Wohnzimmerfenster aus wartete er auf die Rückkehr des seltsamen Trios. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis der hochbeinige Wagen in die schmale Zufahrtstraße einbog und dann in der Einfahrt zu dem spitzgiebeligen Fachwerkhaus verschwand.
Kildare hatte sich erneut über das wirklich harmlose Aussehen dieser drei Insassen des Wagens gewun-dert. Sollten das wirklich Mitglieder seiner speziellen Branche sein? Dann war die Tarnung mehr als perfekt, dann war ihre Mimikry noch besser als die, die er sich zugelegt hatte.
Der Henker des Syndikats war inzwischen zu einem folgeschweren Entschluß gekommen. Er dachte nicht mehr daran, beim Syndikat nachzufragen und sich nach dem Trio zu erkundigen. Gespielte Ahnungslosigkeit war jetzt das Gebot der Stunden und die einzig richtige Taktik. Wenn diese drei Leute aus dem Fachwerk-haus auf der Strecke blieben, dann sprach das gegen ihr Können und für seine, Ellis Kildares, Spitzenklasse. Falls das Trio also für das Syndikat arbeitete, würde man dort sehr bald erfahren, daß ein Kildare keine noch so diskrete Unterstützung brauchte …
*
Nicht nur der Henker des Syndikats hatte den Zwischenfall am Castle mitbekommen.