Der exzellente Butler Parker 5 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Wagens. »Also fahren Sie einfach in forschem Tempo auf den Hof. Alles Weitere lassen Sie dann meine Sorge sein.«
Während Parker gehorsam sein Fahrzeug wieder anrollen ließ, wickelte Agatha Simpson die ledernen Riemen ihres Pompadour straff um das muskulöse Gelenk ihrer Rechten. Der lederne Beutel, den sie in überraschender Weise einzusetzen wußte, hatte es in sich: Neben anderen mehr oder weniger nützlichen Dingen enthielt er ein echtes Hufeisen, das die ältere Dame allerdings aus humanitären Gründen in dünnen Schaumstoff gewickelt hatte.
Dieser »Glücksbringer«, wie Agatha Simpson ihn zu nennen pflegte, erhöhte die Durchschlagskraft des Pompadour beträchtlich. Für eine weitere Steigerung der Wirkung sorgten die buntlackierten Perlen, mit denen der Beutel bestickt war. Daß sie aus Gußeisen bestanden, merkte man erst, wenn es schon zu spät war.
Der Butler fühlte sich nicht besonders wohl bei der Taktik, die Mylady angeordnet hatte. Aber wenigstens schwieg die innere Stimme, die ihn bisher immer vor wirklich gefährlichen Situationen gewarnt hatte. Dennoch konnte es zumindest sein, daß Mylady sich unsterblich blamierte. Der Verdacht gegen Betty Heart beruhte ja einzig und allein auf einer theoretischen Überlegung. Bisher gab es nicht den geringsten konkreten Hinweis, daß sie wirklich an den Banküberfällen beteiligt war. Außerdem gab es ja noch mehr Schauspielerinnen, die als Täterin in Frage kamen falls seine Theorie überhaupt stimmte.
Trotzdem bog er recht zügig in die Toreinfahrt ... und da war es auch schon passiert.
Josuah Parker trat zwar geistesgegenwärtig auf die Bremse und brachte sein hochbeiniges Monstrum mit einem Ruck zum Stehen, doch die Fahrerin des sportlichen Jaguar-Coupes hatte offenbar nicht mit Gegenverkehr gerechnet.
Der Zusammenstoß ging glimpflich ab – jedenfalls für Parkers solide gepanzertes Gefährt. Der Jaguar dagegen kam nicht ganz ungeschoren davon. Der linke Scheinwerfer ging zu Bruch, und das Wellenmuster, das der Kotflügel plötzlich angenommen hatte, erinnerte an ein Waschbrett.
»Das ist ja die größte Unverschämtheit, die ich je erlebt habe«, fauchte Lady Agatha. Sie war bei dem Aufprall vom Sitz gerutscht und hatte sich zu allem Überfluß an der Trennscheibe zwischen Fond und Fahrerplatz die Nase geprellt.
»Das wird mir dieser Verkehrsrowdy büßen«, forderte sie und versuchte mühsam, ihre im Fußraum eingeklemmte Fülle wieder auf den Sitz zu hieven.
Inzwischen war die Fahrerin des Sportwagens ausgestiegen. Sie hatte sich eine Beule an der Stirn geholt, war aber sonst unverletzt. Sie mochte etwa 50 Jahre alt sein und trug ein elegant geschneidertes Kostüm in zarten Grüntönen. Ihr leicht ergrautes Haar hatte sie im Nacken zusammengesteckt.
»Fahren Sie eigentlich immer so?« fragte sie den Butler, der seiner Herrin gerade beim Aussteigen behilflich war. »Daß das hier eine private Grundstückseinfahrt ist, kann man doch nicht übersehen. Oder?«
»Wie und wohin Mister Parker mein Fahrzeug lenkt, bestimme ich«, antwortete Agatha Simpson an seiner Stelle. »Sie hätten ja aus weichen können. Dann wäre nichts passiert.«
»Ich – ausweichen?« fragte die Frau empört zurück. »Was wollen Sie denn überhaupt hier?«
»Ich möchte Miß Dart sprechen«, antwortete die Detektivin promt. »Oder wohnt sie nicht mehr hier?«
»Wen möchten Sie sprechen?«
»Mylady wünscht, Miß Betty Heart näher kennenzulernen«, gab Parker Auskunft und musterte die Frau unauffällig, aber aufmerksam.
»Ach Miß Heart!« meinte die Frau. »Die ist aber im Moment verreist. Miß Heart muß ein paar Tage ausspannen und ist auf die Bahamas geflogen.«
»Habe ich es nicht gesagt, Mister Parker?« triumphierte die ältere Dame. »Auf die Bahamas!«
»Übermorgen wird sie zurück sein«, fügte die Frau hinzu. »Vielleicht können Sie dann noch mal wiederkommen? Natürlich werde ich Miß Heart mitteilen, daß Sie hier waren. Wie war noch ihr Name?«
»Sie haben die Ehre, Lady Agatha Simpson gegenüberzustehen«, gab der Butler Auskunft. »Mylady arbeitet an einem Drehbuch für einen Kriminalfilm und würde gern diesbezügliche Gespräche mit Miß Heart führen.«
»Ach, darum geht es«, sagte die Frau, und ihre Stimme klang erleichtert. »Dann wird sich Miß Heart sicher gern mit Ihnen unterhalten. Rufen Sie doch einfach in den nächsten Tagen mal an. Leider kann ich Sie jetzt nicht hereinbitten. Ich muß nämlich dringend in die Stadt, um noch einiges einzukaufen.«
»Sie stehen in Miß Hearts Diensten, wenn man diese Vermutung äußern darf?« erkundigte sich Parker, und die Frau nickte.
»Ja, ich bin ihre Köchin«, erklärte sie. »Miß Heart plant ein großes Fest nach ihrer Rückkehr. Da gibt es viel vorzubereiten.«
Jetzt erst besah sich die Frau den Schaden an ihrem Wagen näher. Der linke Kotflügel war tief eingedrückt, daß der Reifen im Radkasten klemmte.
»Da werde ich wohl den anderen Wagen nehmen müssen«, stellte sie fest. »Peter! Charly! Wo steckt ihr?«
Sekunden später tauchten hinter der Hausecke zwei Männer auf, die offenbar mit der Pflege der Gartenanlagen beschäftigt waren. Sie trugen grüne Latzhosen und karierte Baumwollhemden. Einer von ihnen hatte einen Spaten geschultert, der andere trug eine Sichel in der Hand.
Beide kamen rasch näher und besahen sich den Schaden an dem Jaguar. Dann musterten sie Agatha Simpson, ihren Butler und sein Fahrzeug mit mißtrauischen Blicken.
»Sie haben Ihren Führerschein wohl in der Tombola gewonnen«, spottete der Gärtner mit der Sichel und warf Parker einen mißbilligenden Blick zu. »Oder haben Sie etwa Ihr schwergewichtiges Schätzchen ans Steuer gelassen?« Er deutete mit dem Daumen auf Lady Agatha.
Das hätte er besser nicht getan, denn auf abfällige Bemerkungen, die ihre Figur betrafen, reagierte Mylady besonders sensibel.
»Habe ich recht gehört, Mister Parker?« erkundigte sie sich, und der drohende Unterton in ihrer Stimme ließ nichts Gutes ahnen. »Hat dieser ungehobelte Gartenarbeiter soeben eine Dame der ersten Gesellschaft beleidigt?«
»Mylady haben den juristischen Tatbestand mit geradezu bewundernswerter Präzision in Worte gefaßt«, stimmte der Butler ihr zu.
Er hatte das letzte Wort noch nicht gesprochen, als Mylady schon zu einer ihrer gefürchteten Ohrfeigen ausholte. So überraschend setzte sich ihre Linke auf die Kinnlade des Mannes, daß er noch nicht mal zum Schutz die Arme hochreißen konnte.
Als hätte er Gummi in den Knien und Whisky im Gehirn, torkelte der Gärtner hin und her. Er absolvierte ungeschickte Tanzschritte und ließ seine Sichel fallen, bevor er sich in einem Busch lachsfarbener Edelrosen zu dorniger Ruhe legte.
»Hoffentlich wissen Sie jetzt, wie man sich einer Dame gegenüber benimmt«, rief Lady Agatha hinter dem Mann her, bevor er zwischen Blättern und Blüten versank.
Im selben Moment stieß sein Kollege ein Gebrüll aus, als wäre er getroffen worden. Wütend stürzte er auf Lady Agatha los und holte mit dem Spaten aus.
Doch Butler Parker war um entscheidende Sekundenbruchteile schneller und durchkreuzte diese unfreundlichen Absichten nachhaltig.
Mit der bleigefütterten Spitze seines Universal-Regenschirmes tippte er gegen die Handgelenke des Mannes, der eben zu wuchtigem Schlag ausholte. Der Angreifer hielt mitten in der Bewegung inne wie ein Roboter, dem man den Strom abgeschaltet hat.
Mit glasigen Augen starrte er den Butler an. Sein Mund schien Flüche zu formen, doch über seine Lippen kam nur ein schwaches Glucksen.
Daß der Spaten gerade über seinem Kopf schwebte, schien er vergessen zu haben. Der Schmerz in den rasch schwellenden Handgelenken war so übermächtig, daß er den Stiel losließ, so daß das eiserne Blatt ungehindert den Gesetzen der Schwerkraft folgen konnte.
Mit dumpfem Glockenton legte es sich auf seinen Schädel und nahm ihm jeden Drang zu weiteren Aktionen. Er knickte in den Knien ein und bettete sich